Unternehmen. Beim Umzug einer Immowert-Tochter hat das Handelsgericht Wien erstmals die grenzüberschreitende Sitzverlegung einer österreichischen GmbH genehmigt, so Deloitte (Update).
Die grenzüberschreitende Sitzverlegung einer österreichischen GmbH in einen anderen EU-Mitgliedstaat ist in Österreich gesetzlich nicht geregelt. Deshalb wurde eine solche Verlegung bislang vom Handelsgericht Wien nicht zugelassen, heißt es bei Deloitte Legal, der Anwaltskanzlei unter der Flagge des Big Four-Multis.
Für die Immowert-Gruppe habe Deloitte Legal Österreich nun in Zusammenarbeit mit Deloitte Legal Deutschland die erste grenzüberschreitende Sitzverlegung erwirkt. Immowert mit Hauptsitz in Österreich ist neben Wien auch auf dem Berliner Markt tätig.
Lieber Berlin als Wien
Die Immowert-Gruppe hat dabei eine ursprünglich in Wien beheimatete Tochtergesellschaft identitätswahrend nach Berlin verlegt. Die Gesellschaft ist damit von einer ursprünglich österreichischen GmbH mit Sitz in Wien in eine deutsche GmbH mit Sitz in Berlin gewandelt worden, ohne dass dies zu einer Änderung der Identität der Gesellschaft geführt hat. Die Sitzverlegung wurde erfolgreich abgeschlossen, sodass die geplante Folgetransaktion im September abgewickelt werden konnte.
Mangels einer explizit gesatzten rechtlichen Grundlage für grenzüberschreitende Sitzverlegungen habe das Handelsgericht Wien derartige Transaktionen bislang nicht genehmigt. Das Team von Jank Weiler Operenyi, der österreichischen Kanzlei im Deloitte Legal Netzwerk, konnte nun erstmals das Handelsgericht Wien von der Zulässigkeit der Sitzverlegung durch analoge Anwendung der Bestimmungen des EU-Verschmelzungsgesetzes sowie des SE-Gesetzes überzeugen, so die Kanzlei.
Die Löschung der betreffenden Gesellschaft beim Handelsgericht Wien unter gleichzeitiger Eintragung der Gesellschaft beim Berliner Amtsgericht Charlottenburg konnte somit vorgenommen werden. „Durch die gute Zusammenarbeit mit den zuständigen Gerichten konnte der äußerst knappe Zeitplan erfolgreich eingehalten werden“, so Maximilian Weiler, Gründungspartner von Jank Weiler Operenyi / Deloitte Legal Österreich.
Die Vorteile des Deals
„Eine grenzüberschreitende Sitzverlegung führt dazu, dass die involvierte Gesellschaft unter Aufrechthaltung ihrer rechtlichen Identität vom Rechtssystem des Gründungsstaates in das Rechtsystem eines anderen Staates wechseln und dadurch einen Wechsel des anwendbaren Gesellschaftsrecht bewirken kann. Der entscheidende Vorteil dabei ist, dass die Sitzverlegung ohne Liquidation der Gesellschaft und ohne einen Vermögenstransfer bei der Gesellschaft durchgeführt wird“, so Weiler gegenüber Extrajournal.Net: „Die Mitgliedschaftsrechte der bisherigen Gesellschafter bleiben grundsätzlich aufrecht. Auch aus steuerrechtlicher Sicht kann es gute Gründe für eine Sitzverlegung im Vergleich zu anderen Umgründungsformen wie zum Beispiel grenzüberschreitender Verschmelzung geben, etwa bei großem Liegenschaftsbesitz. Die Sitzverlegung führt im Regelfall – anders als die Verschmelzung – zu keinem Anfall von Grunderwerbsteuer.“
Share Deal von Wien nach Berlin
Bei dem Deal hat es sich konkret um den Verkauf einer Berliner Immobilie in Form eines „Share Deals“ gehandelt: Verkauft wird bei einem solchen nicht das Grundstück selbst (das wäre der klassische „Asset Deal“), sondern jene Gesellschaft, die Eigentümer der Immobilie ist.
Das JWO/Deloitte Legal Österreich Team bestand aus Gründungspartner und Projektleiter Maximilian Weiler (Federführung, Corporate/M&A) sowie den Associates Richard Henny und Tabatha Franke (beide Corporate/M&A). Das Deloitte Legal Deutschland Team setzte sich aus dem Berliner Partner Frank Silberberger und Senior Associate Jens Hoffmann (beide Corporate/M&A) zusammen.