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Recht, Tools

Justiz bekommt mehr Geld, Digitalisierung dauert noch

Justizministerin Alma Zadic © Parlamentsdirektion / Thomas Jantzen

Wien. Das Justizbudget wird um 65,8 Mio. Euro aufgestockt. Und der digitale Akt soll laut Justizministerium in allen Verfahrenssparten eingeführt werden – bis Ende 2025.

Der Budgetausschuss des Nationalrats hat nun den Voranschlag für das Kapitel Justiz erörtert, wie die Parlamentskorrespondenz berichtet. Demnach kann die Justiz im kommenden Jahr mit knapp 66 Mio. € mehr an Mitteln rechnen.

Bei der Behandlung der Untergliederung 13 Justiz im Budgetausschuss des Nationalrats wurde seitens des Ministeriums betont, dass damit die Sicherstellung der Aufrechterhaltung des Justizbetriebs gewährleistet sei und die Budgetaufstockung darüber hinaus auch Spielräume für Schwerpunktsetzungen biete – vom Maßnahmenvollzug über den Opferschutz und die Erhöhung der Gebühren für psychiatrische Gerichtssachverständige bis hin zum digitalen Akt.

Letzterer wird bis zum Endausbau freilich noch eine ganze Weile brauchen – aber dazu später mehr. Justizministerin Alma Zadič, die wegen Heimquarantäne infolge eines potentiellen Covid-19-Falles in ihrem persönlichen Umfeld verhindert war, wurde in der Sitzung von den Ressortbeamten vertreten.

Aufstockung auf rund 1,8 Mrd. €

Das Justizbudget wird nach dem Entwurf des Bundesfinanzgesetzes 2021 um 65,8 Mio. € auf 1,795 Mrd. € aufgestockt. 23 Mio. € entfallen davon auf Personalausgaben, wobei die Zahl der Planstellen um 28 auf 12.194 erhöht wird. Auf die Zentralleitung gehen 2,6%, auf die Datenschutzbehörde 0,4%, auf OGH und Generalprokuratur 0,9%, auf Gerichte und Staatsanwaltschaften 57,1%, auf das Bundesverwaltungsgericht 4,9% und auf die Justizanstalten 34,1% der zusätzlichen Planstellen.

Mehr Mittel sieht das Budget überdies für den Opferschutz – Stichwort Hass im Netz -, für die Übernahme der Rechtsberatung durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen sowie für die Umsetzung der Sachverständigennovelle 2021 vor. Mehraufwendungen ergeben sich laut Bundesfinanzrahmen auch im Bereich der IT, etwa durch Justiz 3.0, sowie als Folge der Neufestsetzung der Pauschalvergütung des Bundes für Verfahrenshilfeleistungen.

Mit einem Betrag von 1,450 Mrd. € sind die geplanten Einzahlungen um 51,5 Mio. € höher als 2020, was einer durchschnittlichen jährlichen Steigerung entspreche.

Das Lob und die Kritik

Abgeordnete Michaela Steinacker (ÖVP) freute sich über die durchgehende Steigerung der Mittel und meinte überdies, durch die Covid-19-Maßnahmen sei sichergestellt worden, dass die Justiz gut durch die Krise kommt. Besonderes Augenmerk richtete die Justizsprecherin der ÖVP auf die Personalsituation, insbesondere in Bezug auf die Richterplanstellen, die baulichen Maßnahmen und die Digitalisierung im Justizbereich, wobei sie vor allem auch den digitalen Akt ansprach.

Fraktionskollegin Gudrun Kugler befasste sich mit der Tätigkeit der gerichtlichen Gutachter und beklagte in diesem Zusammenhang einen nach wie vor bestehenden Mangel an psychiatrischen GutachterInnen. Sie regte zudem die Verankerung von qualitativen Mindestanforderungen für Sachverständigengutachten nach dem Vorbild Deutschlands an.

SPÖ wünscht sich neue Schwerpunkte

Seitens der SPÖ zeigte sich Selma Yildirim zuversichtlich, dass mit den zusätzlichen Mitteln nun der vom ehemaligen Justizminister Clemens Jabloner eingemahnte „Notbetrieb“ der Justiz aufrechterhalten werden könne. Für die Justizsprecherin der SPÖ stellt sich nun aber die Frage, ob die Dotierung ausreiche, um auch weitere Schwerpunktmaßnahmen zu setzen.

Yildirim ging es dabei vor allem auch um die Personalausstattung, wobei sie die Forderung der Richterschaft nach 70 zusätzlichen Planstellen in Erinnerung rief. Petra Bayr (SPÖ) begrüßte die Aufstockung der Mittel für psychiatrische Sachverständige um 3 Mio. €, vermisste aber eine entsprechende Anhebung der Dotierung für GerichtsdolmetscherInnen, wie dies etwa der Rechnungshof empfohlen habe. Harald Troch (SPÖ) verwies auf die Personalsituation bei der Justizwache und interessierte sich für die Budgetierung der Deradikalisierung.

FPÖ sieht im Budget keinen großen Wurf

Das Justizbudget sei kein großer Wurf, erwiderte hingegen Harald Stefan (FPÖ). Die Steigerungen würden vielfach auf das Konto von Einmaleffekten und Covid-19-Maßnahmen gehen, gab er zu bedenken und ortete insbesondere Defizite im Personalbereich, der seiner Meinung nach mit den vorhandenen Mitteln nicht ausreichend abgedeckt sei.

Handlungsbedarf sah der FPÖ-Justizsprecher vor allem auch beim Strafvollzug und beim Maßnahmenvollzug, was auch Christian Lausch (FPÖ) bestätigte. Letzterer wies auf die hohen Kosten der Gesundheitsversorgung für Häftlinge hin und forderte einmal mehr die Einbindung der Insassen von Justizanstalten in die staatliche Krankenversicherung. Druck machte Lausch auch hinsichtlich notwendiger baulicher Maßnahmen in den Vollzugsanstalten, so etwa bei der Justizanstalt Josefstadt.

Grünen-Mandatarin Agnes Sirkka Prammer unterstrich die Bedeutung des Kampfes gegen Hass im Netz und thematisierte weiters den Maßnahmenvollzug, wobei sie auf den Personalbedarf des Forensischen Zentrums Asten aufmerksam machte. Die Resozialisierung war Anliegen ihrer Fraktionskollegin Astrid Rössler, die dabei den Blick vor allem auf die Beschäftigung und die Ausbildung von Häftlingen lenkte. Beim Opferschutz wiederum geht es Rössler um die Sicherstellung der psychosozialen Prozessbegleitung. Georg Bürstmayr (Grüne) brachte die Personalausstattung der Datenschutzbehörde zur Sprache, während Ulrike Fischer (Grüne) zusätzliche Reformen im Sachverständigenwesen einmahnte.

Warum ist Überwachung in Österreich teurer?

Neos-Justizsprecher Johannes Margreiter beleuchtete die Personallage bei den Gerichten und gab zu bedenken, die Komplexität der Verfahren alleine reiche nicht aus, um die Forderungen der Richterschaft nach zusätzlichen Richterplanstellen zu begründen, wo doch der Anfall der Verfahren zurückgegangen sei. Auch Margreiter äußerte sich positiv über die Anhebung der Gebühren für psychiatrische Sachverständige, meinte aber, es wäre nun an der Zeit, auch die Gebühren für GerichtsdolmetscherInnen anzupassen. Irritiert zeigte er sich schließlich über die im internationalen Vergleich hohen Kosten von Telefonüberwachungen.

Maßnahmenvollzug einer der Schwerpunkte für 2021

Neben der Gewährleistung des „Notbetriebs“ seien auch zahlreiche weitere Maßnahmen gesichert, wurde in der Debatte seitens des Ressorts bekräftigt. Das Budget ermögliche Schwerpunktsetzungen im Personalbereich, eine Anhebung der Pauschalvergütung für Rechtsanwältinnen, höhere Tarife für Sachverständige, eine Aufstockung der Dotierung des Bewährungshilfevereins Neustart, mehr Mittel für die Erwachsenenschutzvereine und die Opferschutzeinrichtungen.

Was die Richterplanstellen betrifft, sehe das Ressort keinen Anlass für eine Aufstockung. Ein Vertreter des Ministeriums gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, der Auslastungsgrad bei den Gerichten liege unter 100%, und sprach von einem großen Auseinanderklaffen zwischen der Standesvertretung und den Ressortberechnungen in Bezug auf den Personalbedarf der Richterschaft. Beim Exekutivpersonal in der Justizwache gebe es kein Planstellenplus, zumal in diesem Bereich noch keine Vollauslastung vorliege.

Seitens des Ministeriums wurde auch der Schwerpunkt in Richtung Maßnahmenvollzug bestätigt. Geplant sei, 3,5 Mio. € über die Justizbetreuungsagentur für diesbezügliches Personal zu investieren. Im Strafvollzug wiederum setzt man auf eine Ausbildungsoffensive mit Basiskursen, Deutschkursen und Pflichtschulabschluss. Bei der Einbeziehung der Häftlinge in die Gesundheitskasse gebe es Verhandlungen mit dem Gesundheitsministerium. Für Deradikalisierung sei kein eigener Budgetposten vorgesehen, da es sich dabei um einen multiprofessionellen Zugang handle.

Der digitale Akt peilt die Mitte des Jahrzehnts an

Der von den Abgeordneten beklagten mangelnden Attraktivität der Sachverständigentätigkeit will das Ressort mit zusätzlichen Budgetmitteln entgegenwirken, um Anreize zu setzen. Man arbeite überdies auch an einer Novelle zum Sachverständigen- und Dolmetscherwesen. Beim digitalen Akt schließlich rechnet das Ministerium mit einer Umstellung sämtlicher Verfahrenssparten bis Ende 2025. Bis Ende 2022 sollen alle Staatsanwaltschaften den digitalen Akt verwenden.

 

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