Parlament. Österreichs Verbraucherschützer sollen künftig EU-weit kooperieren. Dafür will die Regierung sie dem Eichamt unterstellen – „reine Machtpolitik“, so die Opposition.
Der Konsumentenschutzausschuss des Nationalrats trat vor Kurzem zur Beratung über die grenzüberschreitende Durchsetzung von kollektiven Verbraucherrechten, vor allem im Rahmen des digitalen Binnenmarkts, zusammen. Künftig soll nicht mehr die Bundeswettbewerbsbehörde, sondern das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen für die europäische Zusammenarbeit im Verbraucherschutz zuständig sein, so die Pläne der Regierung.
Die deshalb von der Opposition kritisierte und mit Stimmen der Regierungsparteien angenommene Regierungsvorlage soll einen wirksameren Rahmen für die Kooperation schaffen und die Einhaltung der Verbrauchervorschriften verbessern. Sie geht auf die neue europäische Verbraucherbehördenkooperationsverordnung (VBKVO) zurück, wie die Parlamentskorrespondenz berichtet.
Der Anwendungsbereich der VBKVO wird geändert und erweitert sowie ein neues Verfahren vor der Telekom-Control-Kommission in Bezug auf ausgewählte Anbieter im digitalen Umfeld geschaffen. Den zuständigen Verbraucherbehörden werden zusätzliche Ermittlungs- und Durchsetzungsbefugnisse eingeräumt, die Durchsetzung individueller Rechtsansprüche von VerbraucherInnen ist allerdings nicht Gegenstand der EU-Verordnung.
Wenngleich der VBKVO unmittelbare Geltung zukommt, bedarf sie teilweise der Durchführung ins innerstaatliche Recht, sodass auch das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz, das Telekommunikationsgesetz sowie das Wettbewerbsgesetz novelliert werden. Durch die Wahrnehmung der Aufgaben entstehen für den Bund Kosten in der Höhe von 845.000 € im Jahr 2021, in den Folgejahren jeweils etwa 658.000.
SPÖ, FPÖ und Neos lehnen Kompetenzverschiebung ab
Die Opposition trat geschlossen gegen das Vorhaben auf, weil sie die Aufgabenwahrnehmung im Bereich der internationalen Vernetzung des Verbraucherschutzes bei der derzeit zuständigen Behörde belassen will. Die Bundeswettbewerbsbehörde hätte hierbei eine umfangreiche fachliche Kompetenz und sei zudem weisungsfrei, meinte Felix Eypeltauer (Neos).
Für ihn ist es sachlich unerklärlich, warum die Zuständigkeit in das dem Wirtschaftsministerium unterstellten Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen verschoben und damit „reine Machtpolitik“ betrieben werde. Markus Vogl (SPÖ) äußerte ähnliche Bedenken. Er zeigte sich zwar grundsätzlich darüber erfreut, dass auf EU-Ebene etwas für den Konsumentenschutz getan werde, es sei aber nicht verständlich, warum die aus seiner Sicht für die VerbraucherInnen bedeutsame Weisungsfreiheit aufgegeben werden soll.
Auch Peter Wurm (FPÖ) erachtet die Gesetzesänderung als Rückschlag für den Verbraucherschutz und vermutet künftige Einschränkungen von Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten vor dem Hintergrund vermeintlicher ÖVP-Interessen, Verbraucherschutzfragen umgehen zu wollen. Der fairen Marktwirtschaft und KleinunternehmerInnen werde damit nichts Gutes getan, so Wurm. Ein von SPÖ, FPÖ und Neos gemeinsam eingebrachter Abänderungsantrag, um diese Agenden auch weiterhin bei der Bundeswettbewerbsbehörde unterzubringen, wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien abgelehnt.
Die Rechtfertigung
Die Regierungsfraktionen sehen keinen Grund für die von der Opposition aufgeworfenen Sorgen um den Konsumentenschutz. Die Erweiterung der europäischen Zusammenarbeit sei äußerst bedeutsam für den Schutz der Grundechte, da sich grenzüberschreitende Verstöße leider häufen würden, meinte Peter Weidinger (ÖVP). Nur einer von vielen Bereichen des Verbraucherschutzes werde in eine andere Behörde verlegt, entgegnete er der Kritik.
Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen sei außerdem eine wertvolle Institution mit großer Kompetenz im Bereich Marktüberwachung. Und Weisungsfreiheit sei dezidiert keine Voraussetzung der EU-Verordnung, macht die Regierung geltend.