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4. IoT-Kongress: Die digitalen Botschaften der Normen

©Austrian Standards

Wien. Beim 4. IoT-Kongress standen am 4.11.2020 Standards sowie die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer im Zentrum – umständehalber rein virtuell.

Zu den Themen gehörten u.a. Industrie 4.0, Safety, Security, Ethik, Moral und Prozessoptimierung durch vorbeugende Wartung. Rund 180 Teilnehmerinnen und Teilnehmer besuchten laut Veranstalter Austrian Standards die 28 Vorträge des erstmals rein virtuell abgehaltenen Fachkongresses. Dabei wurde auch auf digitale Vernetzung gesetzt.

Elisabeth Stampfl-Blaha, Direktorin von Austrian Standards, betone in ihrer Begrüßungsrede die Bedeutung eines bestmöglichen digitalen Service für die Userinnen und User. Maria Ulmer, Sektionschefin im Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, hob in ihrer Videobotschaft die Bedeutung von Standards als essenziellen Faktor internationaler Zusammenarbeit hervor.

„Menschen müssen im Zentrum stehen“

Hilda Tellioğlu, Professorin der Technischen Universität Wien, betonte in ihrer Keynote „User-Centered Design als Standard“ die Wichtigkeit, bei der Softwareentwicklung die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer ins Zentrum zu rücken. Sie forderte, bestehende Standards so weit zu entwickeln, dass User-Centered Design zu einem integrierten Teil der Softwareentwicklung wird. Ihre Warnung: Standards sollten nicht dazu verwendet werden dürfen, Innovationen zu verhindern.

Den Themen Tracing, IoT, Green IoT und Standardisierung widmeten sich dann Praxis-Sessions:

  • Andreas Petersson von Capacity Blockchain Solutions referierte über den Quasi-Standard der Contact-Tracing-Schnittstelle von Apple und Google (GACT) und schilderte die Realisierung seiner in Georgien unter dem Namen „Stop Covid“ eingesetzten Tracing App.
  • Balazs Bezeczky von Beckhoff Automation und Andreas Roither-Voigt von Tieto Austria schilderten im Themenblock IoT und Green IoT ihre Erfahrungen bei der Performance-Optimierung und der Zusammenführung der unterschiedlichen Produktionsmaschinen des Kunststoffrohrherstellers Pipelife in einer gemeinsamen IoT-Lösung.
  • Pujan Shadlau von den Wiener Stadtwerken gab einen Einblick in die IoT-Plattform der Smart City Vienna, die Echtzeitinformationen zur Wiener Infrastruktur bereitstellt, und beschrieb die komplexen Anforderungen einer Millionenstadt beim Aufbau eines IoT-Ökosystems. Martin Liboswar stellte Sigfox, ein nachhaltiges Low Power Wide Area Network der Firma Heliot vor, über das Objekte mit niedriger Datenrate kostengünstig via Internet der Dinge kommunizieren können. Um als zentrale Schnittstellen der unterschiedlichen Sensoren und IT-Systeme funktionieren zu können, setzen beide IoT-Plattformen auf Standards.

Standards für das Internet of Things

Richard Valenta vom Österreichischen Verband für Elektrotechnik (OVE) referierte über die relevanten Standards zum Internet of Things, wie die am 1. September 2020 in Österreich erschienene ÖVE/ÖNORM EN 303645. Das Dokument formuliert grundlegende Anforderungen zur Cybersicherheit des Consumer Internet of Things und enthält allgemeine Sicherheits- und Datenschutzbestimmungen. Zusätzlich beschreibt die Norm die Interaktionen dieser Geräte – von Lautsprechern, Kameras und Alarmsystemen bis zu Gateways und Hubs – mit den zugehörigen Diensten.

Dirk Weiler, Head of Standards Policy von Nokia und Vorstandsvorsitzender des Europäischen Instituts für Telekommunikationsnormen (ETSI), vermittelte ein Bild zum neuen Mobilfunkstandards 5G und hob die Vorteile für das Internet der Dinge hervor, darunter gesteigerte Zuverlässigkeit und niedrigere Latenzzeiten.

Die Forscher Christoph Striecks und Christoph Schmittner vom AIT Austrian Institute of Technology beschrieben anhand des Projekts SECREDAS den Status Quo Europäischer Standardisierung für das IoT. Zentrales Thema dabei sei mehr Sicherheit durch Standards. Im Rahmen des von der EU geförderten Projekts soll eine umfassende Sicherheitsplattform für hochautomatisierte vernetzte Systeme aus den Bereichen Automobil, Schienenverkehr und Gesundheitsversorgung aufgebaut werden.

Die Ethik der Dinge

Unter der Moderation der Autorin und Digitalstrategin Lena Doppel-Prix diskutierten dann Michael Mondria (Managing Director Ars Electronica Solutions), Christoph Schmittner (Dependable Systems Engineering, AIT) und Hilda Tellioğlu (Professorin, Technische Universität Wien), ob „die Künstliche Intelligenz reif für die Standardisierung ist“. Ethik-Standards könnten dabei jedenfalls ein sinnvoller Anfang sein, heißt es dazu.

  • Die Praxis-Session zum Thema Industrie 4.0 eröffnete Dieter Meinhard von Brimatech. Er berichtete von der Förderung der Digitalisierung von KMU in der produzierenden und verarbeitenden Industrie im Rahmen des EU-Projekts EFPF („European Connected Factory Platform for Agile Manufacturing“). Herwig Zeiner von der Forschungsgesellschaft Joanneum Research sprach über Time Awareness in der Prozessanalyse.
  • Über die Erfolgsfaktoren beim Einsatz Künstlicher Intelligenz referierte Roland Sommer, Geschäftsführer der Plattform Industrie 4.0. Er stellte das vom Digitalisierungsfonds Arbeit 4.0 der Arbeiterkammer finanzierte Projekt „AI for GOOD“ vor, das die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine untersucht.
  • Nikolaus Forgo, Vorstand des Instituts für Innovation und Digitalisierung im Recht der Universität Wien, wies in seinem Vortrag auf die zahlreichen unklaren Rechtslagen im Verhältnis von Legal Tech und New Sharing Economy hin. Für den Erfolg der Sharing-Plattformen seien neben Netzwerkeffekten eben auch die geteilten Märkte verantwortlich, in denen Nutzerinnen und Nutzer mit ihren Daten bezahlen. Dies führe zu einer Vielzahl juristisch herausfordernder Fragen.
  • Den Themenblock Rechtliches ergänzten Andreas Böcskör und Florian Heder von Advoodle Legal Tech mit ihrem Referat zum Smart Contracts Development. Dabei gehe es nicht darum, Inhalte zu reduzieren, sondern diese entsprechend zu definieren und zu standardisieren.
  • In der Praxis-Session zu Standardisierung sprach Robert Wille von der Johannes Kepler Universität Linz über Herausforderungen und Potenziale von Quantencomputern. Die Anwendungsmöglichkeiten reichen vom vielzitierten Einsatz als Codebrecher über Simulationen, Machine Learning und unstrukturierte Suchvorgänge. 2017 hat das US-amerikanische National Institute of Standards and Technology (NIST) damit begonnen, einen Standardisierungsprozess für Quantencomputer-resistente Kryptografieverfahren zu entwickeln.
  • Ali G. Hessami vom Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) stellte ein Konzept moralischer Gewissheit für die autonome Entscheidungsfindung und algorithmisch lernende Systeme vor. Vor dem Hintergrund des Ethik-Zertifizierungsprogramms ECPAIS erläuterte er an Ethik ausgerichtete Designgrundlagen und den Standard IEEE P7000, der einen musterhaften Prozess beschreibt, mit dem sich ethische Anforderungen bereits im Designprozess berücksichtigen lassen.

Max Schrems und der Blick über den Atlantik

Eine Übersicht der Inhalte der zahlreichen weiteren Programmpunkte liefert die Rückschau von Austrian Standards. Der nächste IoT-Kongress wird übrigens am 9.11.2021 stattfinden.

Den Abschluss der diesjährigen Veranstaltung machte Jurist und Datenschutz-Aktivist Max Schrems aus Österreich: Er gab in seiner abschließenden Keynote Einblicke in Datentransfers zwischen der EU und den USA und ihre rechtliche Grundlage – die er mit Klagen bis zum EuGH erfolgreich in Frage gestellt hat.

Schrems machte sich dafür stark, dass „Daten der Europäerinnen und Europäer auch in den USA geschützt werden“. Das Problem: In Europa gibt es mit der DSGVO eine Regelung zum Schutz personenbezogener Daten, dem in den USA ein Gesetz zur Überwachung in der Auslandsaufklärung entgegensteht (702 FISA). Praktisch bedeute die aktuelle Rechtslage, dass man Datenempfänger in den USA fragen müsse, ob diese unter das Überwachungsgesetz fallen.

Im Falle von Outsourcing betreffe FISA auch Server, die in Europa stehen, wenn sie einem US-amerikanischen Unternehmen gehören. Ein gangbarer Weg könnte jener von Microsoft sein. Das US-Unternehmen hat die Datenverarbeitung in seinem österreichischen Rechenzentrum an die deutsche Telekom ausgelagert. Im Fall, der Max Schrems bekannt gemacht hat – der juristischen Auseinandersetzung mit Facebook –, hat vor Kurzem die zuständige irische Datenschutzbehörde Facebook aufgefordert, Datenflüsse in die USA zu stoppen.

 

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