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Business, Recht, Steuer, Tools

Neues Homeoffice-Gesetz: Was sich jetzt ändert

Regina Karner ©EY Österreich / Point of View

Wien. Die Regierung hat nach langem Tauziehen das neue Homeoffice-Gesetz auf den Tisch gelegt. Es bringt zwar keine Pflicht zur Heimarbeit, aber einige wichtige Regelungen.

Bereits im Herbst 2020 wurde es angekündigt, jetzt ist das neue Homeoffice-Gesetz da: Im Vorfeld haben viele Interessensgruppen ihre Claims abgesteckt. Während beispielsweise viele Mediziner zur Pandemie-Bekämpfung eine Pflicht zur Heimarbeit forderten, war die Wirtschaft dem abgeneigt.

Arbeitnehmervertreter wiederum sorgten sich, dass viele Aspekte des Homeoffice im österreichischen Recht ungeregelt waren, etwa was Unfälle oder die Kostentragung betrifft. Das neue Gesetz soll die Situation nun also rechtlich auf neue Beine stellen.

Was die neue Homeoffice-Regelung bringt

Bisher gab es in Österreich keine allgemeinen gesetzlichen Regelungen zum Homeoffice. Lediglich einzelne Kollektivverträge enthielten Bestimmungen zur Arbeit an einem Ort außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte, heißt es bei Jank Weiler Operenyi, der österreichischen Rechtsanwaltskanzlei im Deloitte Legal Netzwerk. Mit dem Homeoffice-Gesetz habe der Gesetzgeber hier nun eine gewisse Rechtssicherheit geschaffen.

Stefan Zischka ©Deloitte / Feelimage

„Niemand weiß, wie lange uns das flächendeckende Homeoffice noch begleiten wird. Vor diesem Hintergrund ist es sehr zu begrüßen, dass die Bundesregierung hier Klarheit schaffen möchte. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die neuen Bestimmungen legistisch umgesetzt werden“, so Stefan Zischka, Partner bei Jank Weiler Operenyi.

Homeoffice bleibt Vereinbarungssache

Der wichtigste Punkt vorab: Die Arbeit im Homeoffice bedarf weiterhin einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Als Arbeitnehmer kann man somit nicht selbst entscheiden, ob man von zu Hause aus arbeitet.

Gleichzeitig kann aber auch der Arbeitgeber ohne entsprechenden Vorbehalt im Arbeitsvertrag seinen Mitarbeitern nicht einseitig Homeoffice anordnen. Es braucht weiterhin eine Homeoffice-Vereinbarung, die schriftlich erfolgen sollte und unter Einhaltung einer einmonatigen Frist von beiden Seiten aus wichtigem Grund widerrufen werden kann.

Darüber hinaus ist geplant, einen selbständigen Tatbestand zum Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung zu schaffen. Die arbeitsrechtlichen Regelungen hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsruhe sollen wie bisher auch im Homeoffice Anwendung finden, heißt es bei Deloitte.

Bereitstellung von Arbeitsmitteln

Österreichs Regierung hat klargestellt, dass die Bereitstellung der erforderlichen digitalen Arbeitsmittel durch den Arbeitgeber kein steuerpflichtiger Sachbezug ist:

  • Zahlungen der Arbeitgeber zur Abgeltung von Mehrkosten der Arbeitnehmer im Homeoffice – etwa für Laptops oder Mobilgeräte – sollen bis zu einer Höhe von 300 Euro pro Jahr steuerfrei sein.
  • Auch die Arbeitnehmer können über die Arbeitnehmerveranlagung bis zu EUR 300,- als Werbungskosten absetzen. Darunter fallen etwa nachgewiesene Kosten für ergonomisch geeignetes Mobiliar in der eigenen Wohnung aufgrund einer Homeoffice-Vereinbarung.
  • Auch Anschaffungskosten für digitale Arbeitsmittel, die allfällige Zuschüsse des Arbeitgebers übersteigen, können als zusätzliche Werbungskosten geltend gemacht werden.
Sascha Jung ©Deloitte / Feelimage

„Steuerlich ist dies begrüßenswert, allerdings eröffnen sich dadurch auch datenschutzrechtliche Risiken: Denn der Arbeitnehmer muss selbst prüfen, ob die von ihm angeschafften digitalen Arbeitsgeräte den datenschutzrechtlichen Sicherheitsanforderungen im Unternehmen entsprechen. Die Kommunikation klarer Vorgaben zu technischen Spezifikationen durch den Arbeitgeber und die Durchführung nachträglicher Prüfungen sind daher dringend angeraten“, meint Sascha Jung, Partner bei Deloitte Legal/Jank Weiler Operenyi.

Darf der Arbeitsinspektor künftig im Homeoffice prüfen?

Arbeitnehmer sollen auch im Homeoffice arbeitsrechtlich geschützt werden. Die Bundesregierung hat daher angekündigt, dass es durch Erarbeitung einer Musterevaluierung für den Arbeitsplatz und eines Leitfadens mehr Informationsangebote geben wird. Was darunter genau zu verstehen ist, bleibe freilich abzuwarten. Den Arbeitsinspektoraten werde es im Zuge dessen aber nicht gestattet sein, sich zu Kontrollzwecken Zugang in die private Wohnung zu verschaffen.

So sieht es mit dem Unfallschutz aus

Der Unfallversicherungsschutz im Homeoffice wurde bereits durch das 3. Covid-19-Gesetz geregelt. Demnach werden für die Dauer der Covid-19-Maßnahmen auch jene Unfälle als Arbeitsunfälle qualifiziert, die sich im zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit im Homeoffice ereignen. Das soll nun ohne zeitliche Befristung gelten.

„Die Gesundheit der Arbeitnehmer im Homeoffice ist ein wesentliches Thema. Hier sollte man daher nicht davor zurückschrecken, konkrete Schutzvorschriften für die Arbeit in den eigenen vier Wänden zu schaffen“, meint Zischka.

Datenschutz ist (k)ein Thema?

Das vorgestellte Homeoffice-Paket enthält keine spezifischen Regelungen zum Datenschutz im Homeoffice. Dabei wirft die Arbeit von zu Hause aus viele datenschutzrechtliche Fragestellungen und Sicherheitslücken auf, warnen die Deloitte-Partneranwälte in einer Aussendung. „Zumindest ein Warnhinweis für die Einhaltung des Datenschutzes im Homeoffice wäre aus Gründen der Sensibilisierung sinnvoll gewesen. Denn auch im Homeoffice gelten alle datenschutzrechtlichen Vorgaben uneingeschränkt fort“, so Datenschutzrechtler Jung: „Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter jedenfalls zur Einhaltung verständlicher und praktisch umsetzbarer datenschutzrechtlicher Regelungen verpflichten“.

Soweit die Einschätzungen des österreichischen Anwaltsbüros von Big Four-Multi Deloitte zu den unmittelbaren Auswirkungen der neuen Regelung, die noch den Nationalrat passieren muss.

Was die Unternehmen darüber denken

Mit EY hat sich heute auch noch ein zweiter Big Four-Wirtschaftsprüfungskonzern zum Gesetzesentwurf zu Wort gemeldet. Oliver Suchocki, Leiter des Bereichs HR-Consulting und Associate Partner im Bereich People Advisory Services bei EY, meint: „Die Einigung ist ein wichtiger Schritt für viele unserer Unternehmen und deren Angestellten, um die aktuelle Unsicherheit zu reduzieren. Österreichs Wirtschaft ist sehr heterogen, das zeigt sich auch in den Anwendungen von Homeoffice in unterschiedlichen Industrien und Wirtschaftszweigen.“

Die Möglichkeiten seien „schon sehr ausgereizt“, so Suchocki: „Umso mehr sehen wir die freiwillige Vereinbarung, die Unfallversicherung und einen beidseitig akzeptierten Kostenersatz als wichtige Punkte an. Es gilt im Detail aber besonders auf Datenschutz und insbesondere auf eine Print-at-Home-Regelung zu fokussieren bzw. eine Änderung beim Arbeitszeitgesetz in Angriff zu nehmen. Bis 2023 sollte hier weiter nachjustiert werden.“

69 Prozent der Unternehmen ermöglichten bereits vor dem ersten Lockdown in Einzelfällen oder grundsätzlich Remote Working, doch nur die Hälfte, 51 Prozent, hatte zu diesem Zeitpunkt die technischen Voraussetzungen für Homeoffice implementiert, heißt es bei EY weiter. Ein knappes Viertel (23%) hat digitale Übergangslösungen, die Hälfte (48%) (zusätzlich) nachhaltige Lösungen geschaffen.

Die bisherige Resonanz sei gut: Überwiegend positive Auswirkungen von Homeoffice sehen die befragten Führungskräfte vor allem in Bezug auf Arbeitsergebnisse wie auch auf Employer Branding und Führungsverhalten. Das sind die Ergebnisse einer Studie, die EY von 25. November bis 15. Dezember 2020 bei 252 Unternehmen ab 200 Mitarbeitern durchgeführt hat. Die befragten Betriebe bieten dabei laut EY ihren Mitarbeitern grundsätzlich die Möglichkeit zu Homeoffice an.

Homeoffice primär für Angestellte – nicht für Arbeiter – möglich

Mehr als jeder dritte Angestellte arbeitet derzeit von zuhause aus, aber nur rund jeder 15. Arbeiter. Derzeit befinden sich bei 96 Prozent der befragten Unternehmen Angestellte im Homeoffice, bei einem Viertel (26%) sogar mehr als die Hälfte. Ganz anders stellt sich die Lage für Arbeiter da: Bei sieben von zehn Unternehmen arbeiten alle Arbeiter an ihrem Dienstort, lediglich drei Prozent haben mehr als die Hälfte ihrer Arbeiter im Homeoffice.

Für die nähere Zukunft gibt es laut Einschätzung der Unternehmen für die Hälfte (47%) der Angestellten Homeoffice-Möglichkeiten – dafür sehen sie nur für acht Prozent aller Arbeiter künftig ebenfalls Chancen, ihre Tätigkeit nach Hause zu verlagern. Vor allem Angestellte öffentlicher Institutionen (60%) könnten problemlos aus dem Homeoffice arbeiten, das Schlusslicht bilden Arbeitnehmer aus dem Bereich Handel und Dienstleistungen (35%).

Diese Auffassung der Unternehmer bezüglich Homeoffice-Möglichkeiten spiegelt sich laut der EY-Studie auch in realen Zahlen wider:

  • In fast jedem dritten der befragten Unternehmen (30%) befinde sich derzeit ein Großteil oder sogar alle Mitarbeiter im Homeoffice – an der Spitze Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes (50%).
  • Bei weiteren 32 Prozent der Betriebe sind aktuell Teile einzelner Abteilungen in Heimarbeit,
  • bei wiederum 35 Prozent beschränkt sich Teleworking auf vereinzelte Mitarbeiter.
  • Lediglich drei Prozent haben derzeit gar keine Mitarbeiter im Homeoffice, obwohl sie diese Möglichkeit anbieten.

Homeoffice ist mittlerweile definitiv nicht mehr die Ausnahme, viele Betriebe haben es bereits fest in der Unternehmenskultur verankert – und diese Möglichkeit wird von Arbeitnehmern auch weitgehend angenommen, heißt es weiter. „Auch in Zukunft sind sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zumeist einig, dass Homeoffice beibehalten werden soll“, so Regina Karner, Leiterin People Advisory Services und Partnerin bei EY.

Überwiegend positive Auswirkungen sehen die befragten Führungskräfte vor allem in Bezug auf Arbeitsergebnisse und Employer Branding. Das Teamgefühl leide allerdings unter den Auswirkungen vom Arbeiten auf Distanz. Fehlender sozialer Kontakt zur Kollegschaft wird von jedem Zweiten (49%) genannt, auch die Abstimmung innerhalb der Teams ist für 44 Prozent schwierig. Weitgehend unbegründet sei dagegen die Sorge vor geringerer Produktivität: Fast zwei Drittel der Führungskräfte (63%) schätzen die Produktivität der Mitarbeiter im Homeoffice gleich hoch ein wie beim Arbeiten im Betrieb. 16 Prozent gehen sogar von gesteigerter Mitarbeiterproduktivität aus, 21 Prozent hingegen bewerten die produktive Leistung geringer.

Homeoffice ja – aber nicht an allen Tagen

Zur Gänze auf Heimarbeit umstellen möchten übrigens weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer: Im Durchschnitt wünschen sich die Arbeitnehmer laut EY 1,9 Tage Homeoffice pro Woche, die Arbeitgeber halten die gleiche Größenordnung, nämlich zwei Tage, für sinnvoll.

Am höchsten ist dieser Wunschwert im Bereich Handel und Dienstleistungen mit zwei Tagen pro Woche, am niedrigsten mit 1,4 Tagen bei öffentlichen Institutionen. Gut jede vierte Führungskraft (26%) wünscht sich in Zukunft drei oder mehr Homeoffice-Tage pro Arbeitswoche.

Die große Mehrheit (83%) der Führungskräfte favorisierte in der Umfrage, den Remote-Working-Anspruch unternehmensspezifisch festzulegen; ein Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf Homeoffice wurde überwiegend abgelehnt (und kommt nun ja auch tatsächlich nicht).

Nur zwölf Prozent der Befragten erachteten einen solchen Rechtsanspruch als sinnvoll. Speziell Industriebetriebe (87%) und Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitern setzen auf individuelle Lösungen.

 

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