Parlament. Der Hauptausschuss des Nationalrats hat die Lockerung der Corona-Schutzmaßnahmen mit 8. Februar 2021 abgesegnet: Die Regeln ab Montag.
Konkret stimmten ÖVP und Grüne der von Gesundheitsminister Rudolf Anschober vorgelegten Verordnung zu. Damit kann der Handel ab kommendem Montag unter Beachtung einiger Sicherheitsvorkehrungen seine Pforten wieder öffnen. Auch Friseurbesuche und die Inanspruchnahme anderer körpernaher Dienstleistungen werden unter Auflagen erlaubt. Die Ausgangsbeschränkungen werden nur noch zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr gelten.
Kritik kommt von der Opposition, sie lehnte die Verordnung geschlossen ab – allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Wie in der Vergangenheit nicht Teil der 4.COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung sind Regelungen für den Unterricht an Schulen. Sie werden gesondert festgelegt. Lediglich die Testpflicht für LehrerInnen ist in der Verordnung des Gesundheitsministers geregelt.
Gelten wird die neue Verordnung vorerst bis 17. Februar, dann soll adaptiert werden. Zu den Details gleich weiter unten, zunächst zur intensiven politischen Debatte um die Corona-Maßnahmen.
Problem Südafrika-Mutation
Gesundheitsminister Anschober begründete die „vorsichtigen Lockerungen“ damit, dass es Perspektiven für die Bevölkerung brauche. Gleichzeitig wolle man mit „strengen Schutzvorkehrungen“ wie einer Ausweitung der FFP2-Maskenpflicht, der 20-Quadratmeter-Regel und Zutrittstests eine gewisse Sicherheit garantieren. Schließlich zeigten die Entwicklungen in Irland und Portugal, wohin zu umfangreiche Öffnungsschritte führen könnten.
Nach wie vor Sorge bereiten Anschober in diesem Zusammenhang die Virusmutationen, wobei er darauf verwies, dass die britische Variante vor allem im Burgenland und in Wien verbreitet ist, während die Südafrika-Mutation insbesondere in Tirol auftritt. Die dortige Situation sei durchaus ernst, sagte Anschober, wobei sich zuletzt ein positiver Trend abgezeichnet habe.
Um sich mehr Klarheit zu verschaffen, wurde ihm zufolge unter anderem das Kontaktpersonen-Management „intensiv verschärft“ – bis zum Wochenende soll sich demnach entscheiden, ob es für die betroffene Region „Zusatzmaßnahmen braucht“.
Generell wies Anschober darauf hin, dass die Zahl der täglichen Neuinfektionen zwar stabil, aber immer noch deutlich zu hoch sei. Die 7-Tages-Inzidenz liegt ungefähr bei 100 und gehe auch nicht hinunter. Der Reproduktionsfaktor habe sich zuletzt sogar leicht auf 0,95 erhöht.
Problem Impf-Tempo
Kritik der Opposition an der Impf- und Teststrategie der Regierung wies Anschober zurück. Er halte die ständigen „Impfrankings“ für entbehrlich, sagte er, schließlich würden alle EU-Staaten die ihnen zugeteilten Impfdosen zum selben Zeitpunkt bekommen und sofort verimpfen. Gravierende Unterschiede gebe es nicht, Abweichungen hätten ausschließlich statistische Gründe, weil einige Länder die gesamte Bevölkerungszahl und andere Länder nur die Zahl der impfbaren Personen als Referenzwert heranziehen. Spannend werde es dann, wenn alle Staaten viel Impfstoff haben werden, also ab April, Mai, sagte der Minister.
Auch alle Bundesländer würden „hervorragend“ arbeiten, so Anschober. Unterschiedliche Impfraten würden sich ausschließlich daraus ergeben, dass es in manchen Bundesländern mehr Alten- und Pflegeheime als in anderen gebe und private Heime bei der Einmeldung der Impfungen in das Impfregister zum Teil hinterherhinkten.
Auslieferung von kostenlosen Selbsttests steht vor der Tür
Anschober hob zudem die „offensive Teststrategie“ Österreichs hervor. Mittlerweile würden bis zu 120.000 Tests pro Tag durchgeführt, gerade überschreite man die Grenze von 10 Millionen Testungen. Österreich sei eines der Länder in Europa, das am meisten testet. Auch die Betriebstestungen funktionieren laut Anschober hervorragend, allein mit diesen werde man 1,2 Millionen Menschen erreichen. Die Teststraßen würden grundsätzlich aber in der Kompetenz der Länder liegen.
Was die Selbsttests betrifft, kündigte Anschober an, demnächst mit deren Auslieferung beginnen zu wollen. Man sei in dieser Frage in Gesprächen mit den Apotheken, diese seien aber noch nicht finalisiert, so der Minister laut Parlamentskorrespondenz.
FPÖ ortet weiter Verfassungsbruch
Von Seiten der Opposition erhielt die von Anschober vorgelegte Verordnung jedoch keine Unterstützung. „Der Verfassungsbruch geht weiter“, kommentierte etwa Dagmar Belakowitsch (FPÖ) den vorliegenden Entwurf. Ihrer Meinung nach ist die Auslastung der Intensivbetten viel zu gering, um einen weiteren Lockdown zu rechtfertigen.
Belakowitsch hinterfragte außerdem die Notwendigkeit des Zwei-Meter-Abstands und die Ausgestaltung der Ausnahmeregelung für Schwangere von der FFP2-Maskenpflicht. Ihrer Meinung nach ist es jungen Frauen, die im Dorf zum Greisler gehen, nicht zumutbar, eine Schwangerschaft öffentlich zu machen.
SPÖ erachtet Risiko der Lockerungsschritte für zu hoch
SPÖ-Abgeordneter Philip Kucher hält das Risiko der Lockerungsschritte demgegenüber für zu hoch, wobei er für die aktuelle Situation das seiner Meinung nach schlecht funktionierende Krisenmanagement der Regierung verantwortlich machte. Diese habe „ihre Hausaufgaben nicht gemacht“, deshalb könne die SPÖ der Verordnung nicht zustimmen, sagte er.
Insbesondere vermisst er eine offensive Teststrategie und eine flächendeckende Bereitstellung von „Wohnzimmertests“. Auch bei den Impfungen seien viele Staaten deutlich besser als Österreich, das Land hinke seinem Potential deutlich hinterher.
Neos halten Verordnung für juristisch schlecht
Auch die Neos vermissen eine bundesweit einheitliche Teststrategie. Wieviel getestet werde, sei von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, kritisierte Mandatar Gerald Loacker. So teste Niederösterreich etwa viermal so viel wie Oberösterreich, ohne dass das irgendwelche Konsequenzen hätte. Für ihn und Nikolaus Scherak ist außerdem ungeklärt, welche Tests beim Friseur nun tatsächlich gelten. Sie orten einen „legistischen Zirkelschluss“, bei dem sich niemand mehr auskenne.
Loacker fragt sich etwa, ob auch ein vom Lehrer bestätigtes negatives Testergebnis bei den Schul-Testungen gelten wird. Die Neos stünden Eingangstests grundsätzlich positiv gegenüber, erklärte Scherak, „aber so geht das nicht“. Auch welche Masken gleichwertig mit FFP2-Masken sind, ist für Loacker eine offene Frage. Allgemein hielt er fest, dass die Regierung selbst einräume, dass es keine Überlastung des Gesundheitssystems gebe.
Grüne und ÖVP stellen sich hinter Verordnung
Hinter die Verordnung stellten sich Ralph Schallmeiner (Grüne) und Josef Smolle (ÖVP). Die Forderung nach einer Öffnung in gewissen Bereichen sei berechtigt, sagte Schallmeiner. Gleichzeitig sei klar, dass man Probleme bekomme, wenn man nicht aufpasse, wie etwa das Beispiel Portugal zeige. Was die Testkapazitäten betrifft, meinte Schallmeiner, es sei Aufgabe der Bundesländer, kostenlose Testangebote wohnortnah zur Verfügung zu stellen. Manche wie Wien machten das sehr gut, andere bekämen das „nicht so sauber hin“ bzw. würden sich „hinter Mindeststandards verstecken“.
Man könne sich ausrechnen, was passiere, wenn man zu den Lockerungsschritten keine begleitenden Maßnahmen setze, erklärte auch Smolle. Mit der Ausweitung der FFP2-Maskenpflicht und den Zugangstests habe man Sicherheitsnetze eingebaut.
Corona: Was jetzt konkret ab 8. Februar gilt
Gemäß der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung dürfen alle Geschäfte ab 8. Februar wieder öffnen. Dabei sind allerdings einige Auflagen zu beachten:
- So sind die Öffnungszeiten auf den Zeitraum zwischen 06.00 Uhr und 19.00 Uhr beschränkt.
- Zudem müssen für jeden Kunden bzw. jede Kundin mindestens 20 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Das gilt auch für Einkaufszentren, Markthallen und Dienstleistungsbetriebe wie Kfz-Werkstätten. Kleinere Geschäfte dürfen nur von einer Person betreten werden.
- Die KundInnen sind verpflichtet, FFP2-Masken zu tragen, wobei für Schwangere und unter 14-Jährige – analog zu anderen Bereichen – Ausnahmen gelten: Sie dürfen auch einen einfachen Mund-Nasen-Schutz verwenden. Unter 6-Jährige sind generell von der Maskenpflicht befreit.
- Die Konsumation von Speisen und Getränken in Einkaufszentren ist verboten.
Ähnliche Sicherheitsvorkehrungen wie für den Handel gelten auch für Museen, Bibliotheken, Büchereien, Zoos und botanische Gärten. Sie dürfen ab nächster Woche ebenfalls wieder öffnen.
Negativer Corona-Test als Voraussetzung für Friseurbesuch
Wer einen Friseurbesuch plant oder eine andere körpernahe Dienstleistung wie Fußpflege in Anspruch nehmen will, benötigt einen negativen COVID-19-Test, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Das negative Testergebnis ist von den DienstleisterInnen zu kontrollieren:
- Für die erforderliche Bestätigung kommen etwa negative Corona-Tests in Labors, Arztpraxen, Apotheken oder in Teststraßen in Frage, heißt es dazu. Selbsttests werden hingegen nicht akzeptiert.
- Personen, die innerhalb der letzten sechs Monate nachweislich eine COVID-19-Erkrankung überstanden haben, sind von der Testpflicht ausgenommen. Das gleiche gilt für Kinder unter zehn Jahren.
- Bei der Quadratmeterregel haben Betriebsstätten für körpernahe Dienstleistungen aufgrund der Testpflicht eine Sonderstellung – hier reichen laut Verordnung je 10 Quadratmeter für KundInnen.
Regelmäßige Tests für bestimmte Berufsgruppen
- Regelmäßig testen lassen müssen sich auch die Handelsangestellten und die DienstleisterInnen selbst. Für sie ist – wie für alle Beschäftigten mit regelmäßigem Kundenkontakt oder Parteienverkehr – mindestens eine Testung pro Woche vorgeschrieben. Kommen sie dieser Vorgabe nicht nach, müssen sie eine FFP2-Maske tragen.
- Weiterhin gilt der wöchentliche Test auch für LehrerInnen, ElementarpädagogInnen, TrainerInnen und SpitzensportlerInnen in Mannschafts- und Kontaktsportarten.
- Für Gesundheits- und Pflegepersonal sind sowohl Testungen als auch FFP2-Masken verpflichtend.
Ausgangsbeschränkungen werden gelockert
Mit der Verordnung gelockert werden auch die Ausgangsbeschränkungen:
- Die Vorgabe, dass die Wohnung nur für bestimmte Zwecke wie Arbeit, notwendige Einkäufe, Erholung und Treffen mit einzelnen engsten Angehörigen bzw. einzelnen wichtigen Bezugspersonen verlassen werden darf, wird ab 8. Februar nur noch zwischen 20.00 Uhr abends und 06.00 Uhr morgens gelten.
- Tagsüber sind auch Treffen von zwei unterschiedlichen Haushalten erlaubt, wobei maximal vier Erwachsene und sechs Kinder zusammenkommen dürfen.
FFP2-Maskenplicht und Zwei-Meter-Abstand gelten weiter
Keine weitgehenden Änderungen gibt es bei der Tragepflicht von FFP2-Masken und beim Mindestabstand.
- So sind im öffentlichen Raum und an bestimmten anderen Orten weiterhin zwei Meter Abstand zu haushaltsfremden Personen einzuhalten, wobei eine kurzzeitige Unterschreitung des Mindestabstands erlaubt bleibt, sollte dies aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht anders möglich ist.
- Die FFP2-Maskenpflicht gilt neben dem Handel unter anderem auch in öffentlichen Verkehrsmitteln, bei Behördengängen, bei Fahrgemeinschaften und beim Abholen von Speisen aus Lokalen oder Kantinen.
Hotels und Veranstaltungen weiter im Lockdown, Fahrschulen öffnen
Abseits von Take-Away bleibt die Gastronomie grundsätzlich geschlossen. Hotels stehen nach wie vor nur in Ausnahmefällen – etwa für Geschäftsreisende – offen. Auch Veranstaltungen bleiben weitgehend untersagt, an Begräbnissen dürfen maximal 50 Personen teilnehmen.
Neu sind Lockerungen für Fahrschulen: Fahrschulkurse werden mit unbedingt erforderlichen beruflichen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen gleichgestellt.