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Business, Recht

Gastbeitrag: Neues zur D&O-Versicherung

Karin Zippusch-Knoll ©Jarolim

Management-Fehler. Wann muss eine Manager-Haftpflichtversicherung (D&O-Polizze) zahlen? Ein neues Urteil des OGH wirft Licht auf diese Frage, schildert Jarolim-Anwältin Karin Zippusch-Knoll.

Viele höchstgerichtliche Entscheidungen zu D&O-Versicherungen gibt es in Österreich bislang nicht, werden doch die meisten Sachverhalte am grünen Tisch bereinigt. Doch mit dem jüngsten Urteil vom 25. November 2020, 7 Ob 127/20g hat sich der OGH nun mit zwei Auslegungsfragen zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) bei einer D&O-Versicherung für Leitungsorganen einer Bank befasst. Präzisiert wurde, welche Art der Anspruchserhebung bereits den Versicherungsfall auslöst, sowie, wann ein Risikoausschluss vorliegt.

Was war passiert? Ein ehemaliges Vorstandsmitglied klagte seinen Arbeitsgeber, eine Bank, auf ua Kündigungsentschädigung beim Arbeits- und Sozialgericht. In diesem Verfahren wendete die Beklagte Gegenforderungen gegen den Kläger ein, weil diesem eine Pflichtverletzung im Rahmen seiner Tätigkeit vorzuwerfen sei, die der Bank Schäden in Millionenhöhe verursacht habe.

Was gilt bei D&O

Der OGH hatte nun zu klären, ob die im arbeitsgerichtlichen Prozess erhobene Aufrechnungseinrede mit Gegenforderungen gegen den Kläger bereits als Anspruchserhebung nach der abgeschlossenen D&O-Versicherung zu qualifizieren ist.

Nach den AVB gilt als Versicherungsfall die erstmalige Inanspruchnahme einer versicherten Person wegen einer Pflichtverletzung. Es handelt sich hier – wie bei D&O-Versicherungen üblich – um das Anspruchserhebungsprinzip (claims-made-Prinzip), wonach das Entstehen der Leistungspflicht des Versicherers an die Geltendmachung des Haftpflichtanspruchs gegenüber der versicherten Person geknüpft ist.

Ist eine Aufrechnungseinrede in einem Prozess bereits eine Anspruchserhebung? Der OGH bejahte dies: Eine Anspruchserhebung liegt bereits vor, wenn der geschädigte Dritte seinen Entschluss in einer Art und Weise zu erkennen gibt, die als ernstliche Erklärung auf Verlangen nach Schadenersatz verstanden werden kann. Der Anspruch muss noch nicht beziffert werden, vielmehr muss der Sachverhalt nur zur Bestimmung des Anspruchs geeignet sein. Eine mögliche oder wahrscheinliche Geltendmachung löst den Deckungsanspruch jedoch nicht aus.

Gleiches gilt für den Fall, dass der Gläubiger eine Geltendmachung lediglich erwägt oder für möglich erachtet. Der Versicherungsfall (Anspruchserhebung) setzt laut OGH einen konkreten Akt voraus, der an der Ernstlichkeit der Anspruchserhebung durch den Geschädigten keine Zweifel lässt. In diesem Sinne sind daher eine Streitverkündung oder eine Aufrechnungserklärung mit Gegenforderungen der Geltendmachung eines Haftpflichtanspruchs gleichzusetzen.

Wichtig für die Praxis: Der Vorkenntnisausschluss

Weiters klärte der OGH Auslegungsfragen zum Vorkenntnisausschluss. Demnach werden Versicherungsfälle, die den versicherten Personen bekannt waren, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Laut OGH setzt die Anwendbarkeit dieses Risikoausschlusses voraus, dass der Versicherungsnehmer Kenntnis von der Pflichtverletzung der versicherten Person hatte. Dabei kommt es nicht nur auf die Kenntnis des tatsächlichen Verhaltens, sondern auch auf die Kenntnis der Pflichtwidrigkeit dieses Verhaltens an.

Es reicht nicht aus, wenn dem Versicherungsnehmer zwar Tatsachen bekannt sind, die einen möglichen Schluss zulassen, ein Versicherungsfall könne bereits eingetreten sein. Solange der Versicherungsnehmer einen solchen Schluss nicht zieht, hatte er keine Kenntnis vom Versicherungsfall. Entscheidend ist, dass der Versicherte die Handlungen als Pflichtverletzungen identifiziert hat, die schlichte Kenntnis von der Handlung reicht für die Annahme des Vorkenntnisausschlusses nicht aus.

Den Ausführungen des OGH ist zuzustimmen. Denn gerade in Management-Positionen werden risikogeneigtere Entscheidungen getroffen, deren (Un-) Rechtmäßigkeit vielfach erst ex post und dann im Wege eines Gerichtsverfahrens geklärt werden. Demnach kann ein Vorkenntnisausschluss nur dann zum Tragen kommen, wenn der versicherten Person eindeutig bekannt war, dass seine Handlung auch pflichtwidrig war.

Die Autorin

Mag. Karin Zippusch-Knoll ist Of Counsel bei Jarolim Partner Rechtsanwälte GmbH

Link: Jarolim Partner

 

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