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Corona-Krise bringt Geldflut und neue Partner für Biotechs

©ejn

Finanzierungen. Europas Biotechnologie-Unternehmen haben im Jahr des Covid-19-Ausbruchs um 27 Prozent mehr frisches Geld erhalten, so Beratungsmulti EY.

Konkret nahmen die europäischen Biotechs über Venture Capital, Börsengänge, Folgefinanzierungen und Wandelanleihen insgesamt 16,2 Milliarden Euro auf. Das bedeute ein Plus von 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr, so der aktuelle Biotechnologie-Report von EY.

  • Der überwiegende Anteil des Kapitals konnte aus Folgefinanzierungen generiert werden – insgesamt 9,8 Milliarden Euro, ein Plus von 56 Prozent.
  • 3,9 Milliarden Euro wurden durch Risikokapital lukriert (plus 26%).
  • Auch bei dem durch Börsengänge lukrierten Kapital gab es eine Steigerung um 38 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro.
  • Rückläufig war einzig das durch Wandelanleihen generierte Kapital (minus 48% auf 1,3 Milliarden Euro).

„Der ungebrochene Anstieg an Kapitalaufnahmen über die letzten Jahre hinweg lässt auf eine zunehmende Stabilisierung der Biotech-Industrie in Europa und die Entfaltung ihrer Potenziale schließen. Auch österreichische Unternehmen konnten sowohl Risikokapitalgeber als auch Allianzpartner von sich überzeugen – ein positives Signal für den Biotech-Standort Österreich“, meint Erich Lehner, Managing Partner Markets und Life Science Leader bei EY Österreich.

Folgefinanzierungen dominieren in Europa

In Europa sind mit steigendem Trend Folgefinanzierungen, sogenannte Follow-ons, zur Kapitalaufnahme an den Börsen die am meisten genutzte Form der Eigenkapitalaufnahme. Wie im Vorjahr beim belgischen Wirkstoff-Spezialisten Galapagos (16% der Gesamtfolgefinanzierungen) gab es 2020 bei argenx aus den Niederlanden einen herausragenden Follow-on in Höhe von 657 Millionen Euro, der aber als Einzelereignis mit sieben Prozent des Gesamtvolumens an Folgefinanzierungen weniger dominierte.

Die gesamte Kapitalaufnahme war 2020 ausgeglichener, was sich an elf Follow-ons über 200 Millionen Euro (39% des Gesamtvolumens) und darin eingeschlossenen drei Follow-ons über 500 Millionen Euro (16% des Gesamtvolumens) zeige.

Weniger Biotech-IPOs, aber mehr Geld

Nach einem Rückgang der Einnahmen aus Börsengängen in Europa im Vorjahr stabilisierte sich der Wert 2020 mit einem Plus von 38 Prozent und 1,1 Milliarden Euro aufgenommenem Kapital. In den letzten fünf Jahren ist das über Börsengänge lukrierte Kapital der europäischen Biotech-Branche damit um 63 Prozent gestiegen. Im internationalen Vergleich bleibt diese Entwicklung aber überschaubar: So war beispielsweise in den USA das Wachstum in den letzten fünf Jahren mit 633 Prozent zehn Mal so hoch.

  • Im Gegensatz zum Gesamtvolumen war die Anzahl der Börsengänge in Europa 2020 außerdem deutlich rückläufig – insgesamt konnten nur neun IPOs am europäischen Markt verzeichnet werden. 2019 waren es noch 11, 2018 sogar 19 IPOs.
  • Dagegen erhöhte sich das durchschnittliche Kapitalaufkommen pro IPO mit 118 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr deutlich um 64 Prozent (2019: 72 Mio. €).

Corona-Bekämpfer in den Top-3

Bei Betrachtung der neun IPOs sei die Dominanz der US-Börsen deutlich erkennbar: Alle Top-6-Platzierungen waren US-Börsengänge. Platz 1 nahm ADC Therapeutics mit 235 Millionen Euro Kapitalaufnahme an der New York Stock Exchange (Nyse) ein, gefolgt von den beiden aus Deutschland stammenden Unternehmen Immatics mit einem SPAC (224 Mio. €) und CureVac (215 Mio. €). Beide Unternehmen emittierten an der Nasdaq.

„Fakt ist, dass die Börsen in Europa als Exit-Kanal eindeutig von der Nasdaq verdrängt wurden“, so Lehner. Eine Umkehr dieses Trends dürfe nicht erwartet werden, solange die IPO-Rallye in den USA anhält.

Großbritannien europäischer Spitzenreiter

Die Summe der Risikokapitalfinanzierungen europäischer Biotechs nähert sich mit 3,9 Milliarden Euro erstmals der 4-Milliarden-Euro-Schwelle. Gegenüber dem Vorjahr ist diese Finanzierungsform damit um 26 Prozent gewachsen.

Bei Betrachtung der einzelnen Risikokapitalfinanzierungen fällt auf, dass es erheblich größere Finanzierungsrunden gab als im Vorjahr, so EY: Während es 2019 nur vier Runden über 100 Millionen Euro gab, lagen 2020 sieben Runden über diesem Schwellenwert.

Bei der Aufnahme von Risikokapital steche CureVac hervor, das insgesamt 560 Millionen Euro erhielt, darunter eine Staatsbeteiligung durch die Förderbank KfW über 300 Millionen Euro für die Entwicklung eines Impfstoffes gegen Covid-19. Damit vereinte das Tübinger Unternehmen weit mehr als die Hälfte des in Deutschland insgesamt eingesammelten Venture Capitals auf sich.

Europäischer Spitzenreiter bleibt aber wie im Vorjahr Großbritannien, wo sich das Volumen auf knapp 1,1 Milliarden Euro verdoppelt hat. Deutschland liegt im europäischen Vergleich auf Platz 2 (882 Millionen Euro) und hat damit Frankreich weit hinter sich gelassen. 2019 lagen beide Länder noch gleichauf mit einem Risikokapital in Höhe von 479 Millionen Euro. 2020 konnten französische Biotechnologie-Unternehmen nur noch 386 Millionen Euro einsammeln. Dafür rücke die Schweiz hinter Deutschland an die dritte Position mit 402 Millionen Euro Venture Capital.

Der Markt in Österreich

Auch in Österreich konnten zahlreiche Firmen Venture Capital generieren.

  • Zum Beispiel erhielt Apeiron Biologics eine Finanzierung durch die Vienna Insurance Group für die Entwicklung eines Medikaments zur Behandlung schwer erkrankter Covid-19-PatientInnen sowie für Projekte in der Immunonkologie.
  • Genspeed Biotech konnte mit seinen Schnelltest zu Covid-19 punkten und erhielt eine Finanzierung vom OÖ HightechFonds.
  • Zudem konnten Valanax Biotech, die ein Verfahren zur einfachen Modifikation von Proteinen entwickeln und Quantro Therapeutics, die neuartige Wirkstoffe gegen Krebs und andere Erkrankungen erforschen, Risikokapitalgeber von sich überzeugen.

Bedeutung europäischer Beteiligungen an Allianzen nimmt zu

Die Bedeutung von Allianzen mit Beteiligung europäischer Biotech-Unternehmen nimmt laut der Studie stark zu. Der Spitzenreiter unter den europäischen Top 10, Artios Pharma aus Großbritannien, konnte mit der deutschen Merck KGaA einen Deal über bis zu 6,06 Milliarden Euro abschließen. Damit wurde zwar nicht die Rekordtransaktion des Vorjahres von Galapagos mit Gilead über mehr als acht Milliarden Euro übertroffen, dafür aber der Nachweis für eine Kontinuität an herausragenden Transaktionen in Europa und die Konkurrenzfähigkeit im Vergleich mit US-Biotech-Unternehmen geliefert.

„Allianzen verringern das Risiko für die einzelnen Unternehmen, bei möglichen Sackgassen auf hohen Forschungs- und Entwicklungskosten sitzen zu bleiben“, so Lehner. Big-Pharma-Unternehmen suchen die Zusammenarbeit mit Biotechs unter anderem auch wegen ihrer Technologieplattformen, heißt es weiter. Aber auch Kooperationen mit Start-ups außerhalb der Branche seien sinnvoll, um sich Innovationen an Bord zu holen.

Neue Allianzen mit Österreich-Beteiligung

Auch österreichische Firmen und Institutionen konnten 2020 Allianzpartner für sich gewinnen:

  • So kooperiert die Universität für Bodenkultur Wien (Boku) mit Avalon Globocare Corp. (USA) für die Entwicklung einer oral verabreichbaren Covid-19-Impfung.
  • Quantro Therapeutics GmbH mit Sitz in Wien hat eine Partnerschaft mit dem deutschen Unternehmen Evotec SE abgeschlossen. Im Rahmen der Allianz werde Evotec Quantro mit Dienstleistungen für die Hit-Identifizierung für ihre proprietären Anti-Tumor-Projekte unterstützen.
  • Apeiron Biologics hat mit MaxCyte, Inc. (USA) eine klinische und kommerzielle Lizenzvereinbarung getroffen. MaxCyte werde Apeiron bei der Entwicklung einer siRNA-basierten Krebsbehandlung unterstützen.

„Es ist natürlich erfreulich, dass österreichische Biotech-Unternehmen als Allianzpartner so gefragt sind. Übrigens nicht nur als Allianzpartner, sondern auch als zuverlässiger Partner in einer starken Lieferkette, wie das Klosterneuburger Unternehmen Polymun zeigt. Es produziert Lipid-Nanopartikel, die unter anderem für den Impfstoff von BioNTech und Pfizer genutzt werden. Die Covid-19-Pandemie zeigt eindeutig, wie wichtig starke Supply-Chains auch in der Biotech-Branche sind. Resiliente Lieferketten sind eines der zentralen Zukunftsthemen für den Sektor“, so Lehner.

 

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