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Business, Recht, Steuer

Europäische Staatsanwaltschaft startet am 1. Juni 2021

©Parlamentsdirektion / Johannes Zinner

Parlament. Das Gesetzespaket zur Europäischen Staatsanwaltschaft ist in Österreich beschlossen: Die Behörde nimmt mit 1.6. die operative Tätigkeit auf.

Die Umsetzung der EU-Verordnung zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA-VO) ist Ziel der entsprechenden Regierungsvorlage. Heute wurde sie mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und Neos im Nationalrat beschlossen; nur die FPÖ stimmte dagegen.

Die Europäische Staatsanwaltschaft, eine unabhängige Behörde zur Verfolgung bestimmter Delikte, soll mit 1. Juni 2021 die operative Tätigkeit aufnehmen. Dazu wird das Bundesgesetz zur Durchführung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA-DG) erlassen, samt Änderungen des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes, des Finanzstrafgesetzes und des Strafgesetzbuchs.

Darüber hinaus werden mit dem Paket laut Erläuterungen aufgrund eines Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission gegen Österreich – und um einigen Kritikpunkten der Kommission zu begegnen – Änderungen bei der Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten vorgenommen, so die Parlamentskorrespondenz.

Europäische Staatsanwaltschaft mit zentraler und dezentraler Ebene

Die Aufgabe der unabhängigen europäischen Behörde ist laut Vorlage die Verfolgung von Straftaten, die zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU sind – und zwar entsprechend einer weiteren EU-Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von Betrugshandlungen, die gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtet sind. Letztere Richtlinie wurde (nach Inkrafttreten der EUStA-VO im November 2017) den Erläuterungen zufolge im Jahr 2019 in nationales Recht umgesetzt.

Die Behörde gliedert sich:

  • in eine zentrale Ebene in Luxemburg, unter anderem mit je einem Europäischen Staatsanwalt aus den 22 teilnehmenden Mitgliedstaaten und
  • in eine dezentrale Ebene direkt in den teilnehmenden Mitgliedstaaten.

Als innerstaatlich handelnde Organe müssen pro Mitgliedstaat mindestens zwei Delegierte Europäische Staatsanwälte eingerichtet werden, die auch Aufgaben als nationale Staatsanwälte wahrnehmen können. Der EUStA soll für ihren Bereich die Wahrnehmung ihrer Aufgaben für das gesamte Bundesgebiet obliegen.

Die Meinung der Parteien

  • Die Idee einer Europäischen Staatsanwaltschaft werde seit der Jahrtausendwende verfolgt, mit dem Ziel, grenzüberschreitende Straftaten effektiv zu verfolgen, erörterte Nationalratsabgeordnete Michaela Steinacker (ÖVP). Der finanzielle Entgang umfasse jedes Jahr Milliardenbeträge, das gelte es, hintanzuhalten. Mit der EUStA werde eine gute Institution ins Leben gerufen, um Straftaten wie ausgabenseitigen Betrug und die missbräuchliche Verwendung von Mitteln zum Nachteil der EU zu verfolgen. Mit der Behörde werde Neuland im besten gemeinschaftlichen Sinne der EU betreten, so Steinacker.
  • Sowohl europaskeptische, als auch jene für verstärkte Zusammenarbeit seien sich einig, dass die missbräuchliche Verwendung von Fördergeldern und EU-Mitteln eines der größten Probleme darstelle, sagte Agnes Sirkka Prammer (Grüne). Ebenso wie innerhalb der Mitgliedstaaten sei es wichtig, dass die EUStA unabhängig und weisungsfrei die diesbezügliche Strafverfolgung koordinieren werde können. Als ein wesentliches Prinzip bezeichnete sie, dass die Gerichte die Kontrolle des Handelns der Staatsanwälte innehaben.
  • Als sehr sinnvoll, dass diese unabhängige Behörde gegen Förderungsmissbrauch, Korruption, Machtmissbrauch und schweren grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug eingesetzt wird, erachtet es auch Selma Yildirim (SPÖ). Von den fünf Mitgliedstaaten, die noch nicht teilnehmen, gehe man bei Irland, Dänemark und Schweden davon aus, dass sie sich anschließen werden, bei Ungarn und Polen bedauerlicherweise nicht, so Yildirim.
  • Gegen den Entgang von Milliardenbeträgen und missbräuchliche Verwendung von EU-Geldern müsse gegengesteuert werden, so Johannes Margreiter (Neos). Mit der Einführung der EUStA bekommen EU und EU-BürgerInnen ein wirksames Instrument, um diese Betrugshandlungen supranational und unabhängig bekämpfen zu können. Die Umsetzung stelle einen bedeutenden Schritt der europäischen Integration dar.
  • Kritik an der Einrichtung der EUStA kam von der FPÖ. Harald Stefan (FPÖ) ortet darin eine Auslagerung der Justiz an einen Staatenbund, der keine eigene Justiz habe, was einen Systembruch in typischen Aufgaben der Nationalstaaten darstelle. Zudem werde jegliche Einflussnahme und demokratische Kontrolle weggenommen. Außerdem könne „finanzielles Interesse“ auch jede Mindereinnahme aus den Mitgliedstaaten umfassen. Er befürchte, dahinter stehe ein ideologisches Konzept, die Nationalstaaten aufzulösen, hin zu einem europäischen Bundesstaat.

Die Stimme der Justizministerin

Mit der Gesetzesvorlage werde eine wichtige Institution auf den Weg gebracht, vor allem im Hinblick auf grenzüberschreitende Korruption und Betrug bzw. Straftaten, die das EU-Budget schädigen, unterstrich Justizministerin Alma Zadić. Bisher sei die nationale Staatsanwaltschaft auch für grenzüberschreitende Kriminalität zuständig, diese Zuständigkeit ende an den Grenzen. Gerade wenn es um grenzüberschreitende Zusammenarbeit gehe, sei dies zeitintensiv gewesen und habe kriminelle Organisationen beflügelt und befördert.

In Zukunft werde die EUStA schnell und effektiv über Grenzen hinweg verfolgen können und so einen wertvollen Beitrag gegen Korruption und grenzüberschreitenden Betrug leisten. Das betreffe auch den Umsatzsteuerbetrug, wo der Ministerin zufolge Schätzungen von einem Schaden von 50 Mrd. € ausgehen.

 

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