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Business, Recht

Gastbeitrag: Internationale Sanktionen im Umbruch – Fokus China

Christian Lielacher ©DLA Piper

Welthandel und Sanktionen. Die Spannungen zwischen den USA, Großbritannien und der EU auf der einen Seite und China auf der anderen steigen, analysiert DLA Piper-Anwalt Christian Lielacher – ein schmaler Grat zwischen geopolitischen Ambitionen, Ideologie, wirtschaftlichen Zielen … und Opfern.

Die Welt der Wirtschaftssanktionen verändert sich laufend, doch kommt nun durch China und dessen Sanktionssystem zusätzlich Dynamik ins Spiel. Nicht nur die Frage welche Relevanz chinesische Sanktionen für Europa haben bzw. haben werden, auch die Veränderungen die sie in das bisherige Sanktionsgefüge bringen könnten, geraten in den Fokus der Aufmerksamkeit.

Sprach man bisher über Sanktionen, so waren in erster Linie drei (sanktionsverhängende) Akteure relevant: die Vereinten Nationen, die EU sowie die USA. Künftig zu beachten werden nunmehr jedoch auch das Vereinigte Königreich nach dessen Austritt aus der europäischen Staatengemeinschaft sowie China sein. Hinsichtlich des Vereinigten Königreiches kann man aktuell wohl davon ausgehen, dass dessen zukünftiges Sanktionsverständnis sich zwischen dem europäischen und dem amerikanischen Pendant bewegen wird.

Chinas sich noch entwickelndes Sanktionssystem wird hingegen – gemeinsam mit dem bisher wenig beachteten Sanktionsregime Russlands – im Spannungsverhältnis zu jenem der EU und USA stehen und hat damit das Potential, nachhaltig die weltweite Wahrnehmung und Einhaltung der verschiedenen Sanktionsbestimmungen zu verändern. Während diese Spannungen augenscheinlich durch Proteste und schlussendlich Sanktionen der westlichen Welt gegen China im Zusammenhang mit Konfliktthemen rund um Hongkong und den Uiguren zunahmen, ist wohl die wirtschaftliche und militärische Expansionspolitik Chinas der westlichen Welt schon länger ein Dorn im Auge.

Die aktuellen Entwicklungen

So belegten nun die EU, die USA und andere westliche Länder unter anderem chinesische Regierungsbeamte, mit der Begründung verantwortlich für schwere Menschenrechtsverletzungen gegen ethnische Minderheiten zu sein, mit Sanktionen, nachdem die USA bereits seit Ende letzten Jahres Unternehmen, die mit dem chinesischen Militär verbunden sind und als „Chinese Communist Military Company“ („CCMC“) bezeichnet werden, den Zugang zu US-Investoren verwehren.

Auch das Instrument der Exportkontrolle wird dabei zum Teil kontrovers eingesetzt. Bereits 2019 wurde ein bekanntes chinesisches Telekommunikationsunternehmen auf die „Entity List“, ein Exportkontrollinstrument des US Bureau of Industry and Security („BIS“), gesetzt. Die Behauptung, das Unternehmen stelle ein Risiko für die Sicherheitsinteressen der USA dar, bestritt jenes vehement.

Auf diese jüngsten Sanktionen erfolgten prompt chinesische Gegensanktionen, welche sich unter anderem gegen mehrere Mitglieder des Europäischen Parlaments und andere europäische Beamte sowie gegen weitere britische, US-amerikanische und kanadische Personen und Einrichtungen richten. Diese Sanktionen – derzeit wohl eher symbolischer Natur – zeigen, dass China künftig bereit ist, mit eigenen Sanktionen „ungewünschtem“ Verhalten entgegenzutreten. Einen Vorgeschmack darauf gab China auch schon im Zollstreit mit den USA.

Welche Sanktionsmöglichkeiten China hat

Zu den 2020/21 ausgebauten Sanktionsmechanismen Chinas zählt unter anderem eine Sanktionsliste für als „unzuverlässig“ eingestufte Personen und Unternehmen. Der Umfang des sanktionierbaren Verhaltens ist dabei weit gehalten und kann somit praktisch jedes als unerwünscht gesehenes Verhalten gegenüber China umfassen.

Auch ein neues Gesetz zur Exportkontrolle für relevante Waren wurde Ende 2020 eingeführt und nährte sogleich die Sorge, dass China neue Beschränkungen für den Export von Metallen der Seltenen Erden („Rare Earth Elements“) erlassen könnte. Angesichts der Abhängigkeit vieler Länder und Unternehmen von chinesischen Waren könnten Exportbeschränkungen wichtiger Waren künftig wohl häufiger als Verhandlungsdruckmittel oder als Vergeltung verwendet werden.

Als Reaktion auf die westlichen Sanktionen hat China zudem einen Rahmen für die Blockierung ausländischer Sanktionen und Exportkontrollen geschaffen. Ausländische Sanktionsmaßnahmen sollen damit für nichtig erklärt und geschädigten chinesischen Parteien Schadenersatzansprüche ermöglicht werden.

Die von China nun ausgebauten Sanktionsmechanismen sind an sich nichts Neues und werden von anderen Staaten zum Teil ebenfalls verwendet. Abzuwarten bleibt, wie stark China diese Mechanismen künftig nützen und welche Ziele es damit verfolgen wird. Bis jetzt können die Auswirkungen der chinesischen Sanktionen, verglichen mit denen der USA oder der EU, als eher zurückhaltend gesehen werden. Es handelt sich im Wesentlichen um Reaktionen auf ausländische Sanktionen, die Politikern sowie Wissenschaftlern und Journalisten, deren Arbeit Peking nicht gutheißt, gelten.

Der Ausblick

Abhängig davon wie China sein Sanktionssystem künftig weiterentwickeln und nutzen wird, wird dieses weiter an Relevanz für Europa, dessen Politik und insbesondere dessen Unternehmen, für welche die Einhaltung der gegeneinander ausgerichteten Sanktionsbestimmungen immer schwieriger sein wird, gewinnen.

Sollte China künftig eine „US-amerikanische“ Auslegung bzw. Nutzung des Sanktionssystems verfolgen, könnte dies die EU dazu bringen (zwingen) ihr Bemühen um wirksame Schutzmechanismen zu verstärken. Die EU, dessen Blocking Statute EU-Bürger und Unternehmen vor der extraterritorialen Wirkung ausländischer (hauptsächlich US) Sanktionen schützen sollte, wird wohl an der Effektivität des Mechanismus noch etwas feilen müssen. Zarte Ansätze dazu wurden jüngst veröffentlicht. Zu einem wahren Schutz gegen einen sich auf die Sanktionsregime ausbreitenden Konflikt zwischen den USA und China hält man aber bislang einen klaren Respektabstand.

Der Autor

Mag. Christian Lielacher (35) ist Senior Associate bei der internationalen Wirtschaftsanwaltskanzlei DLA Piper. Er berät Mandanten in streitrechtlichen und regulatorischen Belangen, wobei er in letzterem seinen Schwerpunkt im Sanktionenrecht setzt und Teil des Sanktionen-Teams bei DLA Piper ist. Diesem gehören auch Armin Hendrich (Partner und Leiter), die Associates Kristina Mirtchev und Julia Nitzl sowie Vera Mitteregger (Junior Associate) und Franziska Fischer (Paralegal) an.

 

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