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Business, Steuer

Studie: Controller als Corona-Navigatoren

Rita Niedermayr ©Controller Institut / Inge Prader

Wien. Die Corona-Krise hat zu einem veränderten Selbstbild der Controller geführt, heißt es bei EY: Die Vorausschau durch Datenanalyse & Co ist wichtiger geworden.

Bereits im Frühjahr des letzten Jahres habe das EY Controlling Panel 2020 gezeigt, dass die Digitalisierung im Controlling Fahrt aufnimmt: Immerhin sahen damals bereits 95 Prozent der Unternehmen, dass digitale Technologien, wie etwa Dashboarding oder Predictive Analytics, ein wesentlicher Treiber zur Leistungssteigerung im Controlling sind.

Durch die Corona-Pandemie mit all ihren Herausforderungen habe der digitale Wandel in den vergangenen Monaten noch einen extra Push bekommen – sowohl in den Arbeitsweisen als auch bei der Prozessoptimierung.

Rasche Krisenanpassung beim Großteil der Controller

Durch die fortschreitende Digitalisierung und neue Organisationsstrukturen habe das Controlling in den letzten Jahren stark an Flexibilität gewonnen. Das war für Unternehmen auch von Vorteil, um sich an die aktuelle Corona-Krise anzupassen.

  • Neun von zehn (89%) der befragten Unternehmen konnten sich rasch an die neue Situation anpassen und entsprechende Maßnahmen einleiten.
  • Nur rund drei Prozent der Unternehmen sehen wesentliche Anpassungsschwierigkeiten, vor allem Unternehmen in größeren Umsatzklassen meldeten Adaptionsprobleme.
  • Auch im öffentlichen Sektor stimmten nur 60 Prozent zu, dass sich die ControllerInnen rasch an die neuen Arbeitsbedingungen anpassen konnten.

Erfreulich sei, dass in sechs von zehn befragten Unternehmen der Stellenwert des Controllings im vergangenen Jahr gestiegen ist. Dieser Trend ist unternehmens- und branchenunabhängig zu erkennen und insbesondere in der Automobilbranche besonders ausgeprägt (80% Zustimmung). Die Bedeutungssteigerung ist in Großunternehmen stärker als in Kleinunternehmen bemerkbar.

Das sind Ergebnisse des Controlling Panel, das seit 2007 vom Controller Institut durchgeführt wird, seit 2016 gemeinsam mit der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY. Dafür wurden 240 Unternehmen aus Österreich, Deutschland, Schweiz und anderen Ländern befragt.

Krise hat zu veränderten Rollenbildern im Controlling geführt

Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen gibt an, dass die Krise zu einer Änderung der Rollenbilder im Controlling geführt hat:

  • Die größte Veränderung sehen Unternehmen dabei im Bereich Business- und Datenanalyse: Über drei Viertel (77%) erkennen hier einen Bedeutungsgewinn. Vor allem im Pharma- und Gesundheitssektor, der Industrie- und Konsumgüterbranche sowie dem Energiesektor erhält das Rollenbild der Controller als Business- und Datenanalytiker starke Zustimmungswerte mit jeweils 90 Prozent.
  • Auch die Controller-Aufgabe als Informationsspezialist erreicht eine hohe Zustimmungsrate (72%), ein Viertel (25%) der befragten Unternehmen erwartet sogar einen starken Bedeutungsgewinn.
  • Ebenso im Spitzenfeld befindet sich das Monitoring von Chancen und Risiken, das für 70 Prozent der Unternehmen an Bedeutung gewinnt.

Jene Rollenbilder, in denen vergleichsweise weniger Bedeutungszunahmen erwartet werden, zerfallen in zwei Gruppen: Kernfunktionen des Controllings („Kaufmännisches Gewissen“, „Garant für nachhaltige Steuerung“), die quasi das „Pflichtprogramm“ darstellen, und Funktionen, die über Business Partnering noch hinaus gehen („Treiber von Veränderungen“, „Innovator neuer Ideen“).

„In den Studienergebnissen drückt sich stark der Wunsch nach der Optimierung der Informationsversorgung, der Verbesserung verfügbarer Entscheidungsgrundlagen sowie die Suche nach Stabilität und höherer Planungssicherheit aus. Bei den Kernfunktionen kann man wohl in vielen Unternehmen davon ausgehen, dass bereits ein sehr hohes Niveau erreicht und daher kaum eine weitere Steigerung der Bedeutung erwartet wurde, bei den Themen ‚Beyond Business Partnering‘ könnten sowohl aktuell andere Prioritäten als auch eine allgemeine Grundskepsis gegenüber einem so weitreichenden Rollenbild das Studienergebnis erklären“, so Mirko Waniczek, Geschäftsführer bei EY Management Consulting in Wien.

Virtuelle Zusammenarbeit in Unternehmen steigt nachhaltig

Da das Controlling nur Teil der Gesamtorganisation ist, müssen auch die Veränderungen im Umfeld und die Rahmenbedingungen im Unternehmen beachtet werden: 97 Prozent der befragten Unternehmen sind sich sicher, dass die virtuelle Zusammenarbeit in Zukunft nicht mehr aus dem Arbeitsalltag wegzudenken ist. Durch die veränderten Arbeitsbedingungen sind somit auch Anpassungen der Organisationstrukturen gleichauf mit agilen, flexiblen Arbeitsweisen und dem Führungsstil (85%) wichtige Themen in den Unternehmen.

„Die Controlling-Funktion hat bereits früh erkannt, dass Veränderung der Schlüssel zum Erfolg ist. Nur wer bereit ist, zukunftsorientiert zu planen, zu denken und schlussendlich auch zu handeln, wird vom digitalen Wandel profitieren“, erklärt Waniczek.

Eine gewisse Skepsis sehen die befragten Unternehmen gegenüber agilen Arbeitsweisen in Projekten, nur zwei Drittel (67%) sprechen sich für eine Veränderung hin zu agilen Methoden aus. Noch deutlicher zeigt sich ein Spannungsfeld bezogen auf klassische Hierarchien, wo 35 Prozent der Befragten, die eine abnehmende Bedeutung von Hierarchien sehen, immerhin 25 Prozent gegenüberstehen, die hier keine Veränderung erwarten.

Kosten aber auch Cashflow im Fokus der Unternehmenssteuerung

Kostenorientierte Aspekte stehen in der Steuerung auch weiterhin ganz oben. So sehen die befragten Unternehmen die Themen „Produktivität und operative Kosten“ (76%), „Overheadkosten“ (72%) und „Personalkosten“ (64%) als wichtigste Steuerungsinhalte. Der Themenbereich „Cash Flow und Liquidität“ hat laut den Befragten nicht nur eine hohe Wichtigkeit (73%), sondern verzeichnet mit 37 Prozent auch einen signifikant steigenden Bedeutungszuwachs. Eine gewisse Dynamik zeigt sich auch bei Non-Financials und Nachhaltigkeitsthemen: Rund die Hälfte der Unternehmen gibt hier eine Bedeutungssteigerung an, nur vereinzelt verliert dieser Bereich an Bedeutung (11%).

„Nachhaltigkeit ist in der Wirtschaft längst kein Nischenthema mehr, sondern hat mittlerweile strategische Bedeutung erlangt. Bei den befragten Unternehmen besteht jedenfalls ein einheitliches Verständnis darüber, dass darunter integrative ‚wirtschaftliche‘ und ‚ökologische‘ sowie ‚soziale Verantwortung‘ gegenüber Gesellschaft und MitarbeiterInnen zu verstehen ist“, so Rita Niedermayr, Geschäftsführerin des Controller Instituts.

Im Gegensatz dazu wird in vielen Unternehmen das Thema Wachstum, Top Line und Umsatz während der andauernden Corona-Krise noch vorsichtig behandelt, für 60 Prozent der Befragten bleibt die Bedeutung dieser Steuerungsinhalte unverändert. Die derzeitigen wirtschaftlichen Herausforderungen haben auch sichtbare Auswirkungen auf den Steuerungshorizont. So geben vier von zehn Unternehmen an, dass sich der Steuerungshorizont in ihrem Unternehmen verkürzt hat, vor allem in Kleinstunternehmen und Unternehmen mit über 5.000 Mitarbeitenden zeigt sich dies besonders deutlich. Nur für jeden Fünften hat sich der Steuerungshorizont in der Corona-Krise verlängert.

Die Krise als Innovationsbeschleuniger im Controlling

Neben vielen Herausforderungen ergaben sich in der Krisenzeit aber auch Chancen für das Controlling. So geben 60 Prozent der befragten Unternehmen an, eine beschleunigte Innovationsdynamik im Controlling wahrzunehmen, nur sechs Prozent sehen hier eine Verlangsamung.

Eine Zunahme der Innovationsgeschwindigkeit wird in ähnlichem Ausmaß für konzeptionelle bzw. inhaltliche Controlling-Themen (z.B. Steuerung, Analytics), die Optimierung der Controlling-Prozesse (z.B. Planungs-, Reportingprozesse) mit jeweils 76 Prozent sowie Toolentwicklungen und -einführungen mit 74 Prozent Zustimmung gesehen.

Noch deutlicher zeigen sich Innovationen in der Zusammenarbeit durch z.B. virtuelle Teams (85%), die geringste Dynamik verzeichnen Unternehmen im Bereich basistechnologischer Entwicklungen.

Restrukturierung und Wachstum stellen analytische Anforderungen

Die Coronakrise hat in der Wirtschaft sowohl Gewinner als auch Verlierer hervorgebracht. Knapp vier von zehn der befragten Unternehmen (38%) befinden sich derzeit im Normalbetrieb, mehr als ein Viertel (26%) verzeichnet eine Wachstumsphase. Demgegenüber stehen 28 Prozent mit einer „soften Restrukturierung“, jeweils vier Prozent befinden sich sogar in einer harten Restrukturierung bzw. im starken Wachstum.

  • Durch die signifikante Nachfragesteigerung von bestimmten Produkten und Dienstleistungen konnten vor allem Unternehmen in der Finanzbranche (60%) und im Pharma- & Gesundheitssektor (44%) von der Krise profitieren.
  • Die höchsten Anteile an Unternehmen in der Restrukturierung finden sich mit rund 40 Prozent in den Sektoren Automotive sowie Konsum- und Industriegüter. Gründe für diese Maßnahmen liegen vor allem im Nachfrageeinbruch (60%), sowie Überkapazitäten und angeordnete Schließungen (jeweils 25%).

Unabhängig von der wirtschaftlichen Situation bestehen die Anforderungen an das Controlling vor allem in der Durchführung von Analysen (87%). Die Identifikation von Maßnahmen zur Verbesserung der Finanzsituation sowie die Begleitung von Investitions- und M&A-Projekten insbesondere bei Großunternehmen stellen für die Hälfte der befragten Unternehmen relevante Controlling-Aufgaben dar.

Weniger Bedeutung haben die Begleitung von Desinvestitions-/Optimierungsprojekten, die Wahrnehmung einer Kontaktfunktion zu Stakeholdern außerhalb des Unternehmens sowie die Übernahme von Managementverantwortung für Ergebnisverbesserungen.

Der Ausblick

„Auf langer Sicht ist wohl weiter davon auszugehen, dass diverse Aspekte einer kostenorientierten Steuerung im Vordergrund stehen, mit dem Thema Cash Flow und einem verstärkten Fokus auf das Thema Liquidität gewinnt aber ein weiterer wichtiger Baustein integrierter finanzieller Steuerung an Bedeutung. Die Zusammenarbeit wird zu einem relevanten Teil virtuell bleiben und die Organisation wird sich weiter flexibilisieren müssen, was angesichts der Skepsis gegenüber einer Abbaubarkeit klassischer Hierarchien gewisse Spannungsfelder erwarten lässt. Analytische Themen, um bessere Entscheidungsgrundlagen zu schaffen, stehen ganz oben auf der Agenda und zeigen, dass die Unternehmen aktuell einen ‚klassischen‘ Business Partner fordern, das Controlling aber noch nicht als Treiber von Innovation und Veränderung sehen“, so Waniczek.

 

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