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Business, Recht, Steuer

„Auf Behinderte im Betrieb eingehen bringt mehr Erfolg“

Julia Moser ©myAbility / Renée Del Missier

Wien. Die meisten Unternehmen zahlen lieber Ausgleichstaxe, als Behinderte einzustellen. Doch der vermeintliche Ausweg ist wegen „unsichtbarer Behinderung“ oft eine Illusion, so Unternehmensberater myAbility.

Mehr als drei Viertel der beschäftigungspflichtigen Unternehmen in Österreich zahlen jährlich eine Ausgleichstaxe, um sich nicht mit der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen befassen zu müssen: Eigentlich sind österreichische Unternehmen mit insgesamt 25 oder mehr ArbeitnehmerInnen nämlich gesetzlich verpflichtet, auf je 25 ArbeitnehmerInnen mindestens einen begünstigten Behinderten einzustellen.

Doch durch Zahlung der Ausgleichstaxe können die Unternehmen sich dieser Verpflichtung entziehen: Sie beträgt je nach Unternehmensgröße 271 bis 404 Euro pro nicht beschäftigter Person. Und mehr als drei Viertel der Unternehmen zahlen lieber, als einen oder eine offiziell „Behinderte“ im Team zu haben.

Doch der vermeintlich einfache Ausweg ist eine Illusion, warnt die Unternehmensberatung myAbility: Unsichtbare Behinderung sei in jedem Unternehmen bereits ein Thema. Wer sich nicht damit auseinandersetzt, sei langfristig wirtschaftlich weniger erfolgreich.

Unsichtbare Behinderungen sind häufig

„Die meisten ArbeitgeberInnen kennen das Thema ‚unsichtbare Behinderungen‘ gar nicht“, so Julia Moser, Chief Culture Officer der Unternehmensberatung myAbility. „In Österreich zahlen derzeit mehr als drei Viertel der beschäftigungspflichtigen Unternehmen eine jährliche Ausgleichstaxe dafür, dass sie keine oder zu wenige Menschen mit Behinderungen einstellen. Ohne zu wissen, dass bei ihnen bereits Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen arbeiten. Die Beschäftigung mit diesem Thema geht also wirklich jedes größere Unternehmen etwas an.“

Das ergebe sich schon allein aus der Statistik: Rund 1,3 Millionen Menschen in Österreich haben eine Behinderung. Die meisten Formen von Behinderungen sind unsichtbar, weshalb die Dunkelziffer weitaus höher sein dürfte. So gaben 2,8 Millionen ÖsterreicherInnen ab 15 Jahren bei der „Österreichischen Gesundheitsbefragung 2019“ eine chronische Erkrankung an.

Die Zahl steige auch unter arbeitenden Menschen, unter anderem, weil der Anteil der älteren Mitarbeitenden insgesamt zunimmt. Viele wagen es nicht, darüber zu sprechen. „Sie wollen nicht durch die Linse ihrer Behinderung gesehen werden und befürchten, dass sie z.B. für Beförderungen nicht mehr in Betracht gezogen werden, weil man ihnen weniger zutraut“, sagt Moser. Doch das Verstecken nehme viel Energie in Anspruch.

Versteckte Behinderung kommt teuer

Das Problem: Wenn Mitarbeitende nicht sagen können, dass sie beispielsweise flexiblere Arbeitszeiten oder andere Veränderungen und Mittel brauchen könnten, um ihre beste Leistung zu liefern, dann leide langfristig ihre Arbeit darunter. „Eine Weile kann das gut gehen. Wer Karriere macht, der ist gewöhnt, seine Behinderungen zu managen und arbeitet oft effizienter, als die KollegInnen. Aber wenn Stressoren hinzukommen, kann das auch kippen“, so Moser.

Häufig kommt es dann aus verschiedenen gesundheitlichen Gründen früher oder später zu Ausfällen – wenn sich die Auswirkungen nicht länger verstecken lassen. Und wenn das übrige Team nicht weiß, was hinter dem ungewohnten Verhalten des bisher geschätzten Kollegen steckt, leide die Teamleistung und die Stimmung verschlechtert sich. „Solche Probleme kommen in vielen Unternehmen vor. Vorgesetzte erkennen aber nicht, wenn dahinter eine unsichtbare Behinderung steckt. Sie vermuten eher eine Demotivation oder private Probleme“, so Moser.

Für Unternehmen resultiere das in höheren Krankenstandskosten, geringerer Produktivität und schlimmstenfalls höheren Personalkosten aufgrund von Fluktuation. Es sei also wichtig, dass ManagerInnen ein Bewusstsein für dieses Thema entwickeln. Letztlich gehe es darum, eine inklusive Unternehmenskultur zu schaffen, damit Behinderungen nicht mehr versteckt werden müssen und solche Folgeprobleme nicht mehr entstehen.

Was Vorgesetzte laut myAbility tun können

  • Wenn es Leistungsprobleme gibt, deren Ursache unklar ist, könnte dahinter auch eine versteckte Behinderung oder Erkrankung liegen. Um den Raum für ein Gespräch zu öffnen, fragen Sie nach: „Gibt es etwas, das wir tun können, um Sie bei der Arbeit besser zu unterstützen?“ Und hören Sie dabei genau zu.
  • Gehen Sie so weit wie möglich auf individuelle Anforderungen wie etwa flexiblere Arbeitszeiten ein und ermöglichen Sie es, Hilfsmittel wie Spezialsoftware, orthopädische Sessel oder zusätzliche Monitore zu bestellen.
  • Signalisieren Sie eine offene Unternehmenskultur: Von der Gestaltung der Marketingmaterialien bis zur Barrierefreiheit der Website und der Einbindung von Gebärdensprachdolmetschung bei Unternehmensveranstaltungen. Das sind Signale, die bestehenden Mitarbeitenden wie auch interessierten Bewerbenden signalisieren, dass Sie bereit sind, auf deren individuellen Anforderungen einzugehen.

„Inklusion lohnt sich!“, sagt Julia Moser. „Wenn Mitarbeitende ihre beste Arbeitsleistung erbringen können, weil sie ihre Behinderungen oder chronische Erkrankungen nicht mehr verstecken müssen und weil man ihnen eine individuell optimale Arbeitsweise ermöglicht, wird auch das Unternehmen schlagkräftiger. Es schafft besseren Output und wird als ArbeitgeberIn attraktiver. Es ist damit für die Zukunft besser gerüstet.“

 

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