Schutz ohne Stich. Die Uni Graz hat einen potenziellen Impfstoff gegen Covid-19 entwickelt, der als Nasenspray verabreicht wird. Die Erfindung ist bereits zum Patent angemeldet, man sucht Industriepartner.
Die einen fürchten sich vor der Nadel, die anderen vor einer Genmanipulation, und in weiten Teilen der Welt scheitert es überhaupt an der Verteilung, heißt es in einer Mitteilung der Uni Graz: Die derzeit wirksamsten RNA-Impfstoffe gegen Covid-19 werden nicht ausreichen, um die Pandemie dauerhaft zu bekämpfen, so die Uni.
Molekularbiolog*’innen an der Universität Graz haben nun einen Vakzin-Kandidaten entwickelt, der günstig in der Produktion, bei Raumtemperatur haltbar und ohne ausgebildetes Personal als Nasenspray zu verabreichen sein soll. Die Erfindung wurde bereits zum Patent angemeldet und im Fachjournal Frontiers in Microbiology publiziert (Himadri Bahadur Thapa, Anna M. Müller, Andrew Camilli, Stefan Schild: „An intranasal vaccine based on outer membrane vesicles against SARS-CoV-2“, Frontiers in Microbiology).
Bakterienhülle als „Taxi“
Als Trägermaterial für den Impfstoff der Uni Graz verwendet Stefan Schild vom Institut für Molekulare Biowissenschaften abgeschnürte Außenmembranen von Cholera- und Kolibakterien, an denen er schon seit mehr als einem Jahrzehnt forsche. Diese „beladen“ der Forscher und sein Team mit Informationen über das charakteristische Spike-Protein des Covid-Erregers, damit das Immunsystem das Virus als Feind erkennt und bekämpfen kann.
Im Mausmodell war das potenzielle Vakzin laut den Grazern ähnlich wirksam wie die bereits zugelassenen Impfstoffe. Die Uni Graz sucht nun IndustriepartnerInnen für klinische Studien.
„Joker für die nächste Pandemie“
Auch wenn die Entwicklung die aktuelle Welle nicht mehr brechen kann, sieht Schild großes Potenzial für die neue Technologie: „In Afrika sind erst drei Prozent der Bevölkerung immunisiert, und die derzeit verfügbaren Impfstoffe werden sicher nicht ausreichen, um die Pandemie dauerhaft unter Kontrolle zu bringen.“
Gerade die einfache Produktion und Verteilung sei ein großes Plus seines Kandidaten, den er in enger Zusammenarbeit mit der Tufts University in Massachusetts (USA) entwickelt hat. Die Verabreichung über die Nase erhöhe wahrscheinlich auch die Wirksamkeit, da die Abwehrkräfte in den Schleimhäuten aktiviert werden, was bei intramuskulären Injektionen nicht der Fall ist. Darüber hinaus könne das bereits bewährte Trägermaterial für eine ganze Reihe weiterer Infektionskrankheiten adaptiert werden.
Übrigens wird auch an anderen österreichischen Unis an neuen Waffen gegen die Pandemie geforscht: So entwickelt die Med Uni Graz gemeinsam mit oberösterreichischen und Tiroler Spezialisten einen Nasenspray, der das Coronavirus im Nasen-Rachenraum abtöten und damit zeitweise die FFP2-Maske ersetzen soll.