Digitalisierung. Mit Gaia-X will Europa sich von großen Anbietern wie Google und Amazon unabhängiger machen. Von der EU gibt es einen „Comfort Letter“, doch bei den Partnern wächst die Unzufriedenheit.
Gaia-X soll die Entwicklung eines offenen, transparenten und sicheren digitalen Ökosystems vorantreiben, wie es heißt, und zwar unter Europaflagge. Dazu werden gemeinsame Anforderungen an eine europäische Cloud-Infrastruktur definiert, also ein gemeinsamer Standard für den Datenaustausch entwickelt.
Initiiert haben das Projekt deutsche und französische Regierungskreise, erinnert die deutsche Wirtschaftskanzlei Gleiss Lutz. Die Kanzlei hat nun für Gaia-X und seine Beiratsmitglieder, darunter DAX40-Konzerne, einen „Comfort Letter“ der Europäischen Kommission erlangt, wie es heißt.
Wenigstens keine Kartellprobleme
Soweit die Good News: Comfort Letter sind informelle Schreiben der Europäischen Kommission, die den beantragenden Unternehmen Rechtssicherheit darüber geben sollen, dass ihre Vorhaben mit dem Kartellrecht vereinbar sind. Im konkreten Fall betreffe der Comfort Letter die Kriterien für eine Mitgliedschaft bei Gaia-X sowie die Stimm- und Beteiligungsrechte der Mitglieder von Gaia-X.
Die Erteilung eines solchen Comfort Letter sei nicht nur erfreulich, sondern zeige auch die Bedeutung dieses Vorhabens. Das folgende Gleiss Lutz-Team war für Gaia-X tätig: Petra Linsmeier (Partner, Federführung), Daniel Petzold, Tobias Klemm (alle Kartellrecht), Matthias Werner (Counsel, IP/IT, alle München).
Zorn bei den Bündnispartern
Die Bad News für Gaia-X kommen aus dem Bereich der Bündnis-Teilnehmer. Die Kritik aus den Reihen der europäischen IT-Unternehmen wird lauter, denn seit Frühjahr 2021 sind auch amerikanische und asiatische Tech-Giganten wie Microsoft, Google, Amazon, Palantir, Huawei oder Alibaba Mitglieder von Gaia-X geworden. Dieser sozusagen „integrative“ Ansatz erzürne die Cloudfirmen aus der EU, berichtete das Handelsblatt vor Kurzem unter dem Titel „Gaia-X: Das Cloud-Projekt wird zum Problemfall“.
Bloß „ein weiteres Bürokratiemonster“ nennt Andrea Wörrlein, Geschäftsführerin der deutschen VNC, das Projekt in einem Interview mit dem IT-Fachportal heise. Und mit Scaleway ist nun ein prominentes französisches Unternehmen öffentlichkeitswirksam ausgetreten. Die „ursprünglich noblen“ Ziele des Verbandes würden durch ein „Polarisierungsparadoxon“ ausgebremst, das Spielfeld sei nicht mehr ausgeglichen, so Scaleway-CEO Yann Lechelle in einer Aussendung. Scaleway werde nun Zeit und Geld auf einen „Multi-Cloud“-Ansatz konzentrieren, das sei erfolgversprechender.