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Start von „James Webb“: Uni Wien hilft und fiebert mit

Das James Webb Space Telescope (Webb) wird in der Halle vorbereitet, ohne Sonnensegel ©Desiree Stover - NASA - AP

Start am 24. Dezember. Das Weltraum-Teleskop James Webb soll mit 6,5 Metern Spiegeldurchmesser völlig neue Erkenntnisse über Exoplanenten ermöglichen. Die Uni Wien ist an Kamera und Spektrometer beteiligt.

Mit einem Spiegeldurchmesser von 6,5 Metern wird das James Webb Space Telescope (Webb) das mit Abstand größte Spiegelteleskop im Weltraum sein. Webb wird gerne als Nachfolger des bekannten Hubble-Teleskops bezeichnet: Mit dem neuen Weltraumteleskop wollen Forscher*innen aus aller Welt tiefer als jemals zuvor in die Ursprünge des Universums eintauchen. Astrophysiker Manuel Güdel von der Universität Wien war an der Entwicklung des Teleskops beteiligt.

Das Programm

Nach dem geplanten Start vom Guiana Space Centre am 24. Dezember 2021 hat das James Webb Space Telescope eine Reise von 1,5 Millionen Kilometern vor sich, eine Strecke etwa vier Mal so lang wie die Distanz Erde-Mond. Das Ziel dieser Reise ist einer der fünf „Lagrange-Punkte“ im Sonnensystem – vereinfacht ausgedrückt sind das Positionen im Weltraum, in der die Gravitationskräfte anderer Himmelskörper sich soweit aufheben, dass die Sonde eine Ruhelage einnehmen kann. Etwas außerhalb der Erdbahn wird das Teleskop dann um die Sonne kreisen.

James Webb Space Telescope (Webb) im Weltraum (Künstlerische Darstellung) ©NASA

Das Teleskop ist dabei nicht etwa in einem Rohr eingeschlossen, sondern fliegt frei durch den Weltraum. Es steht auf einem 21 Meter großen Sonnenschild, das das Teleskop vor direkter Sonneneinstrahlung schützen soll. Schon jetzt wird das Webb als die kosmische Sternwarte der nächsten Generation bezeichnet und löst damit das 1990 gestartete Hubble-Teleskop ab, das einen Spiegeldurchmesser von 2,4 Metern hat – wenn beim Start und bei der darauf folgenden mehrwöchigen „Entfaltung“ des Teleskops alles glatt geht: Die Entwicklung und Konstruktion des Weltraumteleskops dauerten über 30 Jahre, ein erster Start hätte bereits vor zehn Jahren stattfinden sollen.

Nun wird sich zum Jahreswechsel 2021/2022 also zeigen, ob die jahrzehntelangen Bemühungen von Erfolg gekrönt sind. Die internationalen Weltraumorganisationen NASA (National Aeronautics and Space Administration), ESA (European Space Agency) und die Canadian Space Agency arbeiten bei dem Projekt zusammen. „Webb“ ist übrigens nach James Edwin Webb benannt, dem zweiten Administrator der NASA von 1961 bis 1968. Die USA tragen den größten Teil der Gesamtkosten des Projekts – bisher rund 10 Milliarden US-Dollar.

Das Weltraum-Teleskop

An Bord hat das Teleskop Kameras und Spektrographen für Beobachtungen und Messungen. Bei der Entwicklung von MIRI (Mid Infrared Instrument), einer abbildenden Kamera und Spektrometer in einem, ist Manuel Güdel, Leiter des Instituts für Astrophysik an der Universität Wien, laut den Angaben seit 2003 federführend beteiligt.

Eine protoplanetare Scheibe ©ESO / L. Calçada​​​​​​​

MIRI könne die Wärmestrahlung von Gas und mikroskopisch kleinem Staub aufnehmen und sei damit ein zentrales Instrument, um Moleküle, Chemie und die Zusammensetzung von feinstem Staub im Universum zu untersuchen. Im Fokus dabei stehe an der Universität Wien besonders die Erforschung von Exoplaneten und protostellaren Scheiben um junge Sterne, in denen Planeten entstehen. Das Observatorium wird auch andere hochkarätige astrophysikalische Forschungsaktivitäten unterstützen, wir zum Beispiel die Suche nach den ersten Galaxien des Universums.

Suche nach erdähnlichen Atmosphären

„Die Spektrographen von MIRI werden umfassende Spektren von Planetenatmosphären aufnehmen, die in dieser Qualität noch nie aufgezeichnet worden sind“, so Güdel. Auf Grund von sogenannten „Spektrallinien“, die als Abschwächungen an bestimmten Wellenlängen auftreten, kann dieses Teleskop damit die Zusammensetzung der Planetenatmosphären bestimmen, den Schlüssel zum Verständnis der Umgebungsbedingungen auf einem Exoplaneten. Dazu gehört auch die Frage, ob bei erdähnlichen Planeten Atmosphären wie die der Erde oder alternative Atmosphären wie die der Venus gefunden werden.

„Mit umfangreichen Modellrechnungen kann man diese Spektren weiter modellieren und so auch andere physikalische Eigenschaften der Atmosphären bestimmen. Damit trägt Webb in zuvor nicht möglicher Tiefe zur Charakterisierung von Exoplaneten bei“, erklärt Güdel: „Unser Ziel wird es sein, besser zu verstehen, wie es im Universum überhaupt zu lebensfreundlichen Planeten wie der Erde kommen kann“.

Untersuchung der Planetenentstehung

Ein weiterer Untersuchungspunkt sind sogenannte protoplanetare Scheiben, das sind riesige Gasscheiben von der Größe eines ganzen Sonnensystems, die sich während der Entstehung eines Sterns formen und um den Stern kreisen. In diesen Scheiben spielt sich der Aufbau von Molekülen ab, aber auch die gesamte Planetenentstehung vom Staub bis zum erdähnlichen oder jupiterähnlichen Planeten. Die Scheiben verschwinden nach einigen Millionen Jahren wieder und hinterlassen im Idealfall ein ganzes Planetensystem.

MIRI sei besonders gut geeignet, um die Scheiben chemisch zu untersuchen, aber auch die festen Bestandteile wie mikroskopisch kleinen Staub zu erforschen. Mit entsprechenden Modellen könne man den Aufbau von diesen Scheiben und dadurch ihre Rolle in der Planetenentstehung erforschen, sagt der Astrophysiker. Die räumliche Auflösung von MIRI erlaube auch das Studium der Struktur der Scheiben sowie Aussagen über ihre Evolution.

Selbst aus den letzten Stadien der Planetensystementstehung soll Webb neue Erkenntnisse gewinnen können: Nachdem die Planeten und Kleinplaneten gewachsen sind, werden noch Kollisionen zwischen ihnen neue Trümmer produzieren. Auch auf diesem Gebiet hofft die Forschungsgruppe an der Universität Wien mit bisher unerreichten Webb-Beobachtungen Neuland zu betreten.

 

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