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Bildung & Uni, Business, Tech, Tools

TU-Studie: Neue Technik in frauendominierten Berufen

©ejn

Plötzlich Expertin für alles. Einzelhandel und mobile Pflege sind Berufsfelder, in denen vor allem Frauen arbeiten. In der Corona-Pandemie drang massiv neue Technik vor: Die Frauen mussten kurzfristig zu Profis in Sachen PCR-Tests oder bargeldloses Bezahlen werden, so eine TU Wien-Studie.

Denken wir an Digitalisierung im Arbeitsumfeld, so kommen uns schnell Begriffe wie „Industrie 4.0“ oder „Click-Arbeit“ in den Sinn. Die Digitalisierung hat jedoch nicht nur neue Berufsfelder hervorgebracht, sie hat auch bestehende Tätigkeiten verändert – und nahezu vor keiner Branche haltgemacht, heißt es an der TU Wien.

Die Ingenieurin Janis Lena Meißner vom Forschungsbereich Human Computer Interaction hat sich im Rahmen einer Untersuchung mit Expert*innen aus Sozial- und Raumforschung zusammengeschlossen, um versteckte Technologien zu enthüllen und die Arbeit in frauendominierten Dienstleistungsberufen aus einer feministischen Perspektive zu beleuchten.

Das Smartphone als zentraler Helfer

Frauen arbeiten häufig in unterbezahlten Dienstleistungsberufen. Dass viele dieser Berufe jedoch systemrelevant sind, hat die Corona-Pandemie gezeigt. Die Herausforderungen, die Arbeitnehmer*innen im Einzelhandel sowie der mobilen Pflege täglich meistern, sind dabei oft technischer Natur.

Auf ebendiese Aspekte fokussiert sich die von der AK Wien geförderte Forschungsarbeit von Janis Lena Meißner (TU Wien), Edeltraud Haselsteiner (Urbanity), Nadja Bergmann und Nicolas Pretterhofer (L&R Social Research). Ihr Ziel sei, eine politische Debatte anzustoßen. „Indem wir die verborgene technische Dimension in den alltäglichen Bemühungen von Verkaufspersonal und mobilen Heimhilfen in den Vordergrund rücken, können diese Berufe womöglich aufgewertet werden“, meint so Meißner.

Ein wichtiger Befund ist, dass häufig die zentrale Rolle, die das Smartphone im Einzelhandel sowie in der mobilen Pflege einnimmt, im Verborgenen bleibt. Es dient nicht nur der Kommunikation, sondern es werden darüber auch Prozesse dokumentiert und Informationen abgerufen. Barcodes lassen sich mit dem Mobiltelefon scannen und liefern auf Nachfrage wertvolle Details, die ein Kunde sucht. Für mobile Pflegekräfte ist das Smartphone aber auch ein Navigationsgerät und unterstützt sie dabei, die optimale Route zu den Kund*innen oder auch die nächste Apotheke zu finden.

Dienstleistungsberufe in der Pandemie

Da die Studie während der Corona-Pandemie durchgeführt wurde, stießen die Forschenden auch auf Technik, die die Pandemie erst hervorgebracht beziehungsweise deren Implementierung beschleunigt hat. Teammeetings, die einst in Person durchgeführt wurden, werden nun digital abgehalten. Dies betrifft interne Besprechungen ebenso wie Gespräche mit Kund*innen.

Gerade im Einzelhandel mussten die Angestellten schnell auf das sich ändernde Kaufverhalten der Kundschaft reagieren und mit Zulieferern kommunizieren. Die Konsument*innen kauften aber nicht nur mehr Toilettenpapier und Konserven, sondern es wurde auch zunehmend bargeldlos bezahlt, was Wissen über die Kartenlesegeräte voraussetzt. Im Einzelhandel beschäftigte Personen mussten so in kürzester Zeit Expert*innen für technologische Neuerungen werden. Das Forschungsteam bezeichnet dies als „technologische Anpassungsfähigkeit“.

Plötzlich Resident Expert für PCR-Tests

Ebenfalls interessant ist der Einfluss von PCR-Gurgel-Tests, heißt es zu der Studie weiter: In Drogeriemärkten mussten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Test-Ausgabe übernehmen und wurden dadurch plötzlich zu den Ansprechpartner*innen für Kund*innen, was beispielsweise auch Unterstützung bei der Online-Registrierung betraf. „In der mobilen Pflege eröffnete das breitflächige Gurgel-Test-Programm aber auch die Möglichkeit, Zeit und Ressourcen zu sparen“, so Meißner. Gerade für medizinische Angestellte, die sich regelmäßig testen mussten und müssen, sei dies eine Erleichterung.

Fortbildung durch Corona erschwert

Besonders problematisch sei allerdings, dass Fortbildungsmöglichkeiten aufgrund der Pandemie nur eingeschränkt und zum Großteil digitalisiert wahrgenommen werden können. Dies erschwert nicht nur die persönliche Entwicklung, sondern verringert auch Möglichkeiten mit Kolleg*innen zusammenzutreffen und sich auszutauschen. Besonders in der mobilen Pflege birgt dies das Risiko, die Übersicht zu verlieren, mit wem man eigentlich zusammenarbeitet und somit die Anbindung zum Team zu verlieren.

Aufwertung frauendominierter Berufsfelder

Um die Arbeitsbedingungen für Frauen nun nachhaltig zu verbessern, identifizieren die Forschenden drei Stellschrauben:

  • Es müsse eine soziokulturelle Aufwertung der Jobs geben, indem mit den – teilweise veralteten – Vorstellungen frauendominierter Berufsfelder gebrochen und darüber aufgeklärt wird. Denn die Vorurteile, dass diese Berufe wenig oder gar keine Kompetenz bedürfen, sind maßgeblich für die schlechte gesellschaftliche Bewertung der Berufe verantwortlich. „Dies gelingt uns am besten, indem wir jeden Arbeitsanteil sichtbar machen, dem ein Marktwert zukommt – so auch der produktive Umgang mit Technik. In manchen Bereichen werden diese Arbeiten aber schlicht übersehen und das gilt es zu ändern“, sagt Meißner.
  • Eine weitere Art der Berufsaufwertung könnte dadurch geleistet werden, dass die Beschäftigten aktiv und transparent in die Gestaltung von technischen Prozessen der Arbeitsorganisation involviert werden. Denn ein gesteigertes Selbstbewusstsein und Selbstverständnis als digital kompetente Arbeitskraft könnte dazu beitragen, dass sich die Arbeitnehmer stärker betriebsrätlich organisieren und gezielter für fairere Arbeitsbedingungen mitverhandeln.
  • Als dritten und letzten Punkt nennen die Forschenden die formale Aufwertung der Arbeit, die durch Kollektivverträge unter anderem an der Bezahlung ansetze.

 

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