Ukraine-Krieg. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist nicht nur eine humanitäre Katastrophe, er bremst auch die Erholung nach der Covid-Krise drastisch, so PwC: Das erwartete Wachstum halbiert sich – außer der Frieden kehrt unerwartet rasch zurück.
Der Krieg und die Sanktionen sowie weitere politische Reaktionen darauf haben deutlich negative makroökonomische Folgen, die eine allmähliche wirtschaftliche Erholung in Europa von der Covid-19-Pandemie signifikant abschwächen, heißt es in einer Aussendung von Big Four-Multi PwC. Eine Stagflation – also die Kombination aus stagnierendem Wachstum und Inflation – gelte in den kommenden Jahren als wahrscheinlich.
Was die Analysten erwarten
Durchgeführt wurde die Analyse zu den makroökonomischen Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine von Strategy&, der Strategieberatung von PwC. Darin werden unterschiedliche Szenarien für den Fortgang des Kriegs in Osteuropa und ihre jeweiligen wirtschaftlichen Konsequenzen für einzelne Länder und Branchen betrachtet:
- Im Falle anhaltender kriegerischer Auseinandersetzungen in der Ukraine reduziert sich das Wachstum des österreichischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) für 2022 von Anfang des Jahres prognostizierten 4,2% auf 2,3%. Auf EU-Ebene wäre mit 2,5% (statt zum Jahresanfang prognostizierten 4,0%) BIP-Zuwachs zu rechnen.
- Als Folge eines Szenarios, das eine Blockbildung in Osteuropa zwischen Russland und verbündeten Staaten wie Belarus skizziert (ein neuer „Eiserner Vorhang“), wären die wirtschaftlichen Folgen für Österreich und die EU noch drastischer: Es droht ein Rückgang auf nur noch 2,0% BIP-Wachstum in Österreich bzw. in der EU für das Jahr 2022.
Die negativen Folgen außerhalb Europas
Auch außerhalb Europas sind negative wirtschaftliche Auswirkungen wahrscheinlich:
- In China lag die Prognose für das BIP-Wachstum vor Kriegsbeginn noch bei 5,4% für das Jahr 2022. Dauert der Krieg an, sinke das erwartete Wachstum auf 4,9%. Bei einer Blockbildung und Neuauflage des „Eisernen Vorhangs“ werden nur noch 4,5% erwartet.
- Russland müsse bedingt durch die internationalen Sanktionen sogar mit einer schrumpfenden Wirtschaft im Jahr 2022 rechnen: Dort sind zwischen -8,2% bis -13,9% je nach Szenario möglich.
Was jetzt zu tun ist
„Aufgrund des geringeren Wirtschaftswachstums und des gleichzeitigen Preisanstiegs ist das Stagflationsrisiko aktuell so groß wie seit Langem nicht mehr. Unternehmen stehen derzeit vor zwei zentralen Herausforderungen: Kurzfristig müssen sie evaluieren, wie sich Sanktionen auswirken und diese entsprechend operationalisieren. Mittelfristig ist es wichtig, geopolitische Veränderungen konstant zu beobachten, Investmententscheidungen im Licht geänderter Rahmenbedingungen zu überdenken und anhand einer Szenarioplanung wirksame Notfallpläne und Frühwarnsysteme zu installieren, um bei Bedarf rasch handlungsfähig zu sein“, so Philipp Wackerbeck, Global Head of Financial Services bei Strategy&.
Mit Blick auf verschiedene Sektoren zeigen sich unterschiedlich starke Auswirkungen in den drei untersuchten Dimensionen Rohstoffpreise, Lieferketten und Handelsströme, heißt es weiter:
- Am stärksten beeinträchtigt der Ukraine-Krieg die Landwirtschaft, die Lebensmittelbranche und den Energiesektor.
- Weiterhin sind in der Automobilindustrie vor allem die Lieferketten von Zulieferern stark negativ betroffen.
- Die Industriefertigung, Chemieindustrie und auch der Energiesektor leiden unter den stark gestiegenen Rohstoffpreisen.
- Zudem können einzelne Unternehmen, etwa Finanzdienstleister mit signifikantem Geschäft in Osteuropa, mitunter sehr große Auswirkungen spüren, auch wenn ihre Branchen insgesamt weniger stark betroffen sind.
- Zweit- und Drittrundeneffekte werden in praktisch allen Branchen spürbar sein, so PwC.