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Grünes Gas will die Gunst der Stunde nützen

Christian Helmenstein, Anna Kleissner, Peter Weinelt ©FGW / Richard Tanzer

Biomethan statt Gasprom. Grünes Gas aus Österreich ist gut für die Umwelt, so die Befürworter in der Energiebranche. Die Zeit für den Vorstoß scheint günstig: Derzeit ist grünes Gas billiger als die – zunehmend unsicheren – russischen Lieferungen.

Grünes Gas schafft Jobs, Wertschöpfung und macht unabhängig, heißt es in einer Aussendung. Geopolitisch habe der Ausbau von Biomethan ohnehin höchste Priorität. Dazu verweist die Branche auf eine Studie, die Vorteile für Klima und Arbeitsmarkt zeige. Angesichts hoher Gaspreise könnten Biogasanlagen den Preisdruck dämpfen, heißt es. Chemisch, so wird betont, ist Biogas mit Erdgas identisch.

„Abhängigkeit von Erdgas verringern“

„Der Ausbau von Grünem Gas ist ein Gebot der Stunde, um rasch die Abhängigkeit von Erdgas zu verringern“, so Peter Weinelt, Obmann des Fachverbands Gas Wärme (FGW) und Generaldirektor-Stellvertreter der Wiener Stadtwerke. Darüber hinaus sei die klimaneutrale Gasgewinnung gut fürs Klima und bringe wirtschaftlich allen etwas: Konsumenten, Beschäftigten, Steuerzahlern, Investoren und sogar dem Finanzminister. Beleg sei eine Studie der Ökonomen Univ.-Prof. Christian Helmenstein vom Economica Institut für Wirtschaftsforschung und Anna Kleissner von Econmove. Ihr Fazit: Grünes Gas in Form von Biogas und Wasserstoff sei ein Konjunkturmotor für Österreich.

Biogas derzeit günstiger als Erdgas

„Wir werden für den Ausstieg aus fossilem Gas alle vorhandenen Ressourcen brauchen und damit auch jede Terawattstunde Biomethan“, so Helmenstein. Und zwar sowohl um geopolitisch unabhängiger zu werden als auch um den zuletzt hohen Preissprüngen zu entkommen. Die Produktion von klimaneutralem Biomethan war demnach im Inland zuletzt günstiger als der Import fossilen Erdgases.

Investitionen in den Bau von Biogasanlagen zahlen sich unter diesen Umständen aus, und zwar „je größer die Anlage, desto niedriger die Produktionskosten und desto höher die Wertschöpfungseffekte“, so Anna Kleissner. Fossiles Gas koste derzeit rund 100 Euro je MWh. Bei Biogas fallen dagegen laut den Angaben an:

  • 100 kW-Anlage: 47,56 Euro (inkl. Abschreibung: 56,44 Euro)
  • 250 kW-Anlage: 36,14 Euro (inkl. Abschreibung: 45,07 Euro)
  • 1.000 kW-Anlage: 23,85 Euro (inkl. Abschreibung: 32,46 Euro)

Der Ausbau von Produktionskapazitäten von einer Terawattstunde Biogas sichere rund 3.000 Arbeitsplätze. Hinzu komme, dass Österreich über weitreichendes Know-how im Anlagenbau verfügt. Außerdem könne grünes Gas im Gegensatz zu Sonnen- und Windkraft saison- und wetterunabhängig jederzeit produziert und auch in den (bereits bestehenden) Gasspeichern gelagert werden – wodurch die Abhängigkeit vom Ausland sinkt. Und rund eine Million Haushalte, Gewerbe- und Industriebetriebe sowie Energieversorger könnten ihre bestehende Gas-Ausstattung dafür verwenden, statt umrüsten zu müssen.

Die Wünsche an die öffentliche Hand

Damit die Investitionen in den Bau von Biogasanlagen rasch vom Fleck kommen, wünscht man sich Anschubfinanzierungen durch die öffentliche Hand. Eine Million Förderung in den Neubau einer Biomethan-Anlage zieht laut Studie ein Gesamtinvestitionsvolumen von 3,33 Millionen Euro nach sich und bringe unterm Strich Rückflüsse von insgesamt 1,45 Millionen Euro an den Fiskus. Weiters entstehen pro Fördermillion für Biogasanlagen laut der Rechnung 45 Jobs.

Die heimische Wertschöpfung der Anlagen liege bei rund 90 Prozent – aufgrund der Rohstoffe und heimischen Technologie. Peter Weinelt vom Fachverband Gas Wärme: „In Österreich ist der Gesetzgeber aufgerufen, attraktive Rahmenbedingungen für Investitionen vorzulegen – und zwar in Form des längst versprochenen Grün-Gas-Gesetzes, in der Umsetzung der Investitionsförderungen nach dem Erneuerbaren Ausbau Gesetz oder in der Befreiung von Erneuerbarem Gas von der Erdgasabgabe.“

Die Stimmen der Kritiker

Natürlich hat Biogas auch Kritiker: So müsse sichergestellt sein, dass in den Anlagen nur Pflanzenabfälle verwendet werden und es nicht zu einer Konkurrenz mit der Lebensmittelproduktion kommt, lautet eine weitverbreitete Forderung. Umweltschützer verweisen auch darauf, dass die Technik gut beherrscht werden muss, damit der Einsatz tatsächlich dem Klimaschutz dient: Zwar ist Verbrennung von Biogas klimaneutral, doch könne die Herstellung selbst energieaufwändig sein und Methan, das statt verbrannt zu werden in die Umwelt entweicht gilt als sehr klimaschädlich. Im Zuge des „RepowerEU“-Programms der EU ist Grünes Gas aktuell jedenfalls in den Fokus gerückt – auch wenn die EU bei ihrem Ziel, bis 2027 von Russland unabhängig zu werden, vor allem auf Flüssiggas aus Übersee, Wind- und Solarkraft, Wasserstoff u.a. setzt.

 

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