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Schneeball-Erde: Wolken spielen Schlüsselrolle

Wolken im Cryogenium ©IMK-TRO

Klima/Urzeit/Weltraum. Forscher der Uni Wien beleuchten die Rolle von Wolken für die Klimaentwicklung: Globale Klimamodelle zeigen harte Bedingungen auf der „Schneeball-Erde“ vor 700 Mio. Jahren. Im Weltraum soll das James Webb-Teleskop nach dem Gegenteil suchen.

Waren die Ozeane der Erde im Cryogenium – vor rund 700 Millionen Jahren – vollständig mit Eis bedeckt oder zog sich ein eisfreier Wassergürtel um den Äquator, in dem Schwämme und andere Lebensformen überleben konnten? Ein Forschungsteam der Universität Wien und des Karlsruher Instituts für Technologie konnte nun in globalen Klimamodellen zeigen, dass ein Wassergürtel eher unwahrscheinlich ist. Es brauche somit andere Erklärungen für das Überdauern des Lebens in dieser Zeit – und weitere Studien zur Rolle der Wolken, die sich als wichtiger Einflussfaktor erwiesen.

Die Ergebnisse der Studie erschienen im Fachjournal Nature Geoscience (Christoph Braun, Johannes Hörner, Aiko Voigt, Joaquim G. Pinto: „Ice-free tropical waterbelt for Snowball Earth events questioned by uncertain clouds“). Am 6.7.2022 wird Prof. Voigt in seiner Antrittsvorlesung übrigens dazu referieren („Ice, Clouds and Climate“, Großer Festsaal der Universität Wien).

Kontinente zerbrechen, globale Eiszeiten herrschen

Vor etwa 800 Millionen Jahren brach der Superkontinent Rodinia auseinander. Dies löste in Folge mehrere globale Eiszeiten aus, und unser Planet fror zu, schildert die Uni Wien: Während des Cryogeniums, vor etwa 700 Millionen Jahren, sah die Erde vom Weltraum aus wie ein großer Schneeball. Die Geowissenschaft bezeichnet diese derzeit vorherrschende Annahme einer geschlossenen Meereisdecke deshalb als Schneeball-Erde-Theorie.

Ungeklärt ist jedoch, wie Schwämme – von denen fossile Funde zeugen – in einem solchen kalten Schneeball-Erde-Klima überlebt haben könnten. Deshalb haben einige Forschende als alternative Theorie einen eisfreien Wassergürtel um den Äquator vorgeschlagen.

Kein eisfreier Wassergürtel

Klimaforscher des Instituts für Meteorologie und Geophysik der Universität Wien und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben nun die klimatischen Bedingungen während des Cryogeniums mit globalen Klimamodellen und einem idealisierten Energiebilanzmodell untersucht. Sie erwarteten, in den simulierten Szenarien einen Klimazustand mit einem Wassergürtel zu finden, um zu untersuchen, unter welchen Bedingungen dieser stabil bleibt. „Wir waren überrascht, dass dieser Zustand sich in den Modellen als nicht robust zeigt“, sagt Christoph Braun vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Department Troposphärenforschung des KIT. Das Leben im Cryogenium sei also wahrscheinlich den harten Evolutionsbedingungen global vereister Ozeane ausgesetzt gewesen.

Aus der Studie ergaben sich neue Erkenntnisse über die Rolle der Wolken: „Wolken und ihre Strahlungsreflexion sind ein wichtiger Einflussfaktor für die Stabilität eines Wassergürtel-Zustands – dieser starke Einfluss war bisher nicht bekannt“, betont Braun, der Erstautor der Studie. Mit dem in der Veröffentlichung vorgeschlagenen Wolken-Reflektivitätsmechanismus ließen sich die Ergebnisse früherer Studien neu interpretieren und möglicherweise zu einem in sich stimmigeren Bild verknüpfen, so die Forscher.

Wolken erschweren den Blick auf Klimavergangenheit und -zukunft

Auch wenn somit klar sei, dass der Einfluss von Wolken groß ist, könne die genaue Reflektivität der Wolken vor 700 Millionen Jahren noch nicht beurteilt werden: „Da müssen wir noch genauer werden, um diesen Einfluss in den globalen Klimamodellen entsprechend zu berücksichtigen“, so Aiko Voigt, Professor für Climate Science am Institut für Meteorologie und Geophysik.

Keine leichte Aufgabe, heißt es dazu weiter: Die Wolken-Reflektion hängt von der Umwandlung von Wassertröpfchen in Eis ab, und das wiederum wird unter anderem davon bestimmt, wie viele und welche Aerosole als Eiskeime wirken. „Wir sprechen hier von Vorgängen auf der Mikrometerskala – und die Rechengitter der Modelle bewegen sich bisher in der Größenordnung von mehr als 100 Kilometern“, so Voigt.

Simulation von Wolken unter Schneeballerde-Bedingungen

In einem weiteren Schritt will die Forschungsgruppe nun Wolken unter den klimatischen Bedingungen des Cryogeniums auf feineren Rechengittern simulieren, um zu untersuchen ob und wie die mit den Wolken einhergehende Unsicherheit verringert werden kann. Jedenfalls zeigen die Ergebnisse in ihren Augen klar, dass Wolken für die Vorhersage von Klimaveränderungen entscheidend sind – dies gelte für die derzeitige Klimaveränderung ebenso wie für erdgeschichtliche Vergletscherungen: „Wolken erschweren uns nicht nur den Blick in die Zukunft, sondern auch in die Vergangenheit“, so Braun.

Beurteilung der Bewohnbarkeit extrasolarer Planeten

Wolken sollen aber auch anderswo untersucht werden und für neue Erkenntnisse sorgen: So sollen beispielsweise auch in einem interdisziplinären Projekt, das den Emerging Field Grant der Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie und der Doktoratsschule Visess erhielt, anhand von Daten des James Webb Weltraum-Teleskops die Atmosphären von Exoplaneten untersucht werden. Dies soll helfen zu beurteilen, ob Planeten außerhalb unseres Sonnensystems bewohnbar sind. Umgekehrt könnten diese Beobachtungen auch dabei helfen herauszufinden, wie sich Wolken in der frühen Geschichte unserer Erde verhalten haben.

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