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Wissenschafter fordern den „Grünen Marshallplan“

Lebensräume wie diese Flusslandschaft an der Steyr sollen viel besser geschützt werden ©Franz Essl

Unis. 50 internationale Wissenschafter*innen, darunter mehrere aus Österreich, schlagen einen „Grünen Marshallplan“ vor: Er soll Biodiversität, Nahrungsmittelversorgung und mehr sichern.

Der Verlust an Biodiversität schreitet rasant voran – mit unabsehbaren Folgen für die Nahrungsmittelversorgung, dem Schutz vor Naturgefahren oder dem Entstehen neuer Pandemien, heißt es in einer Aussendung der Uni Wien. Ein internationales Team von rund 50 Wissenschafter*innen mit Beteiligung von Forscher*innen der Universität Wien und des Internationalen Instituts für Angewandte System Analyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien fordere daher die Regierungen auf, bei der kommenden Weltnaturschutzkonferenz in Kunming (China) Maßnahmen zu beschließen, um die Biodiversitätskrise zu beenden.

Um dies zu erreichen, werden von den Forscher*innen mehrere zentrale Maßnahmen identifiziert. Diese Ergebnisse wurden im Wissenschaftsjournal One Earth veröffentlicht (Leadley P, Gonzalez A, Essl F, Leclere D, Visconti P (2022): „Achieving global biodiversity goals by 2050 requires urgent and integrated actions“).

Die Situation

Weltweit gelten derzeit 22.000 Tier- und Pflanzenarten als bedroht – mit steigender Tendenz. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts könnten sogar eine Million Arten ausgerottet sein. Gleichzeitig werden derzeit Jahr für Jahr Wälder nahezu in der Größe von Österreich zerstört. Die Naturzerstörung heizt auch den Klimawandel an, denn etwa 25 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen stammt aus der Zerstörung von Wäldern, Mooren und Co.

Das heurige Jahr sei entscheidend dafür, ob es eine Zukunft für gefährdete Arten und Lebensräume geben wird. Denn im Jahr 2022 werden die Weichen für die Zukunft der globalen Biodiversitätspolitik bis 2050 gelegt. In Kunming werden im Oktober 2022 die Ziele der globalen Biodiversitätspolitik bis 2050 beschlossen, und die Regierungen der Erde verhandeln diese derzeit. „Klar ist, dass es fundamentale Änderungen zu einer nachhaltigen Wirtschaft braucht, um einen Biodiversitäts-Kollaps mit unabsehbaren Folgen für die Menschheit zu vermeiden“, so Franz Essl von der Universität Wien, Mitautor der Studie: „Diese Änderungen sind umsetzbar, und sie werden darüber entscheiden, ob wir die Biodiversitätskrise gemeinsam mit der Klimakrise erfolgreich bekämpfen können.“

Was im Grünen Marshallplan steht

„Der Planet braucht einen Grünen Marshallplan – eine gemeinsame Kraftanstrengung, um die Naturzerstörung zu beenden und ihre Leistungen für die Menschheit zu sichern“, so Piero Visconti von der IIASA, ebenfalls Mitautor der Studie. Der Marshallplan (European Recovery Programme, ERP) war ein Wiederaufbauprogramm der USA für das kriegszerstörte Europa nach dem 2. Weltkrieg. In Konkurrenz zu ähnlichen Programmen der Sowjetunion – und mit viel mehr Wirtschaftskraft – war der Marshallplan mit rund 150 Milliarden Dollar (nach heutiger Kaufkraft) dotiert. Namensgeber war der damalige US-Außenminister George C. Marshall, der zuvor während des 2. Weltkriegs als US-Generalstabschef wichtigster Logistik-Planer der Allierten war.

Der neue „Grüne Marshallplan“ soll wieder eine Kraftanstrengung sein, allerdings in Sachen Nachhaltigkeit, als globaler Biodiversitätsplan. Er soll angemessene Maßnahmen beinhalten – etwa die Ausweitung von Schutzgebieten auf mindestens 30 Prozent der Landes- und Meeresfläche bis zum Jahr 2030, heißt es bei der Uni Wien. Dabei müsse besonderes Augenmerk auf den Schutz gefährdeter Arten und Lebensräume gelegt werden.

„Um dies zu erreichen ist ein transformativer Wandel nötig, so dass Naturzerstörung bestraft wird, während der Schutz und die nachhaltige Nutzung von Natur sich lohnen muss“, führt Piero Visconti weiter aus. „Solch ein transformativer Wandel muss alle gesellschaftlichen Akteur*innen einschließen, und gemeinsam die Ursachen der Biodiversitäts- und Klimakrise wie nicht-nachhaltige Produktion und Konsum berücksichtigen“, ergänzt David Leclère, ein weiterer Autor von IIASA.

Dabei sei entscheidend, dass Maßnahmen gut koordiniert werden – und vor allem, dass sie rasch angegangen werden. „Um eine Trendwende in der Naturzerstörung zu erreichen, darf kein weiteres Jahr mehr vergeudet werden“, ergänzt Franz Essl: „Denn: Es dauert Jahre, manchmal Jahrzehnte, bis sich Arten und Lebensräume von zerstörerischen Einflüssen erholen“. So hat es in Österreich mehr als 100 Jahre gedauert, bis Wolf und Luchs nach ihrer Ausrottung im 19. Jahrhundert wieder heimisch wurden.

Die Politik muss handeln

Die Übersicht des Forscher*innen-Teams wurde auch den Regierungen, die das neue globale Biodiversitätsabkommen bis zum Jahr 2050 verhandeln, zur Verfügung gestellt. Die Forderung der Autor*innen ist, dass die Regierungen nun einen ambitionierten globalen Biodiversitätsplan beschließen. Als Investition in die Zukunft aller Arten – im Besonderen auch des Homo sapiens.

„Auch in Österreich ist der Handlungsbedarf groß. Bestehende Schutzgebiete müssen besser geschützt werden, auch neue Schutzgebiete sind dringend nötig, um 30 Prozent der Landesfläche effektiv zu schützen. Zudem müssen selten gewordenen Lebensräume wie artenreiche Blumenwiesen und Feuchtgebiete besser geschützt werden. Um diese Ziele zu erreichen muss die Biodiversitätsmilliarde, die der Österreichische Biodiversitätsrat seit Jahren fordert, endlich Realität werden“, so Essl.

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