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Wahlen: Kleine Reform gleich, größere im Herbst

©Parlamentsdirektion / Johannes Zinner

Wahlrecht. Der Verfassungsausschuss gibt grünes Licht für das „kleine Wahlrechtspaket“. Ein großes soll rechtzeitig vor der Bundespräsidentenwahl folgen.

Die Abgeordneten stimmten einhellig für den von ÖVP und Grünen vorgelegten Gesetzentwurf zum „kleinen Wahlrechtspaket“. Damit wollen sie unter anderem Vorsorge dafür treffen, dass auch Menschen, die sich keinem Geschlecht eindeutig zugehörig fühlen bzw. dieses nicht angeben wollen, weiter an Wahlen teilnehmen können, berichtet die Parlamentskorrespondenz.

Zudem soll ein neues Wahlsprengel-Tool die administrative Abwicklung von Wahlen erleichtern. Ein größeres Wahlrechtspaket stellte ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl für den Herbst in Aussicht.

Das Wahlrechtsänderungsgesetz 2022

Konkret sieht das Wahlrechtsänderungsgesetz 2022 vor, aus der Nationalrats-Wahlordnung und anderen Wahlgesetzen alle Bezeichnungen zu entfernen, die auf „Männer“ und „Frauen“ abstellen oder eine Unterscheidung zwischen „männlich“ und „weiblich“ treffen. Künftig ist nur noch von „Personen“ die Rede, das Geschlecht einer wahlberechtigten Person wird nicht mehr erfasst.

Zudem wird dem Umstand Rechnung getragen, dass einzelne Wahlsprengel – historisch gewachsen – außerhalb der jeweiligen Gemeindegrenzen liegen, wie sich im Zuge der Europawahl 2019 herausgestellt hat. Gemeindewahl- bzw. Bezirkswahlbehörden haben künftig verpflichtend dafür Sorge zu tragen, dass sämtliche Wahlsprengel-Ergebnisse im Internet veröffentlicht werden.

Um die Abgrenzung und Administration der Wahlsprengel zu erleichtern, soll es künftig ein Zentrales Wahlsprengeltool (ZeWaT) geben, das vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen bereitzustellen ist. Dieses soll auf dem jetzt schon vorhandenen – geocodierten – Adressregister aufbauen, das im Rahmen des Grenzkatasters geführt wird. Das Tool soll den vollziehenden Behörden dazu dienen, die Zuordnungen neu errichteter Gebäude zu den einzelnen Wahlsprengeln vorzunehmen und die Lage sowie die Ausstattung der Wahllokale bzw. Eintragungslokale zu erfassen.

Die „zweite Chance“ wird neu

Auch die Administration der sogenannten „zweiten Chance“ soll über das Tool abgewickelt werden: Dabei geht es um die Rückholung und Bereitstellung jener Wahlkarten durch die Gemeindewahlbehörden, die in geschlossenen Postämtern gestrandet sind, weil sie von den Wahlberechtigten nicht rechtzeitig vor der Wahl abgeholt wurden. Bei der Abstimmung mitberücksichtigt wurde auch ein Abänderungsantrag, der jedoch nur technische Korrekturen enthält.

Die Gesetzesnovelle wird daneben auch dazu genutzt, um im Vermessungsgesetz einige weitere anstehende Anpassungen vorzunehmen. Das betrifft etwa die Möglichkeit der Bereinigung von Verwaltungsgrenzen und die Aufnahme von Gebäudehöhen in das Adressregister. Zudem soll im Bereich der für Verkehrsrouting maßgeblichen Graphenintegrationsplattform (GIP) sichergestellt werden, dass für jede Adresse in Österreich einheitliche Voraussetzungen gelten. Auf der GIP baut etwa der Pendlerrechner des Finanzministeriums auf.

Kein „divers“ oder „inter“ im Gesetz

Als Alternative zur Streichung von Geschlechtshinweisen aus den Wahlgesetzen, hätte es gemäß den Erläuterungen auch die Möglichkeit gegeben, eine dritte Personenstandskategorie – etwa „divers“ oder „inter“ – einzuführen. Davon wurde laut Erläuterungen allerdings Abstand genommen, und zwar nicht nur, weil sich das Wählerverzeichnis in manchen Gemeinden auf einen sehr kleinen Personenkreis erstreckt, sondern auch, weil es gemäß einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zur Eintragung des Geschlechts im Personenstandsregister auch möglich sein muss, das Geschlecht aus legitimen Gründen nicht anzugeben.

ÖVP kündigt größeres Wahlrechtspaket für Herbst an

In der Debatte hob Wolfgang Gerstl (ÖVP) hervor, dass es sich bei der vorliegenden Novelle nur um den ersten Teil eines größeren Pakets handelt. Es sei notwendig, einige verfassungsrechtlich gebotene Vorgaben noch vor der Bundespräsidentenwahl umzusetzen, etwa was die legistische Absicherung von Wahlsprengeln außerhalb des Gemeindegebiets betrifft. Die Vorlage des zweiten Teils des Pakets stellte Gerstl für den Herbst in Aussicht – auch hier hofft er auf einen Konsens aller Parteien und sagte zeitgerechte Verhandlungen zu.

SPÖ-Abgeordneter Christian Drobits geht davon aus, dass der zweite Teil des Pakets auch die Wahlbeisitzregelung umfassen wird. Was die vorliegende Novelle betrifft, signalisierte er „klare Zustimmung“ seiner Partei, wobei er unter anderem die erhöhte Transparenz bei Sprengelwahlergebnissen begrüßte.

Seitens der FPÖ sprach Harald Stefan von weitgehend „technischen Anpassungen“, die seiner Meinung nach keine große Bedeutung haben werden. Schließlich hätten im Zuge der Ausstellung von Impfzertifikaten nur 61 Personen die Geschlechtsbezeichnung „divers“ angegeben. Obsolet werden seiner Einschätzung nach mit der Gesetzesnovelle Geschlechterquoten als Voraussetzung für finanzielle Unterstützungen von Parteien.

Neos-Abgeordneter Johannes Margreiter wies darauf hin, dass die Abwicklung von Wahlen mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden ist. Vom Wahlsprengel-Tool erwartet er sich in diesem Sinn administrative Erleichterungen. Datenschutzbedenken Margreiters versuchte der Wahlrechtsexperte des Innenministeriums Robert Stein auszuräumen. Er wies überdies darauf hin, dass es durch das Zentrale Wahlsprengel-Tool erstmals eine Übersicht über die Wahlsprengel in Österreich gibt: Demnach sind es rund 10.300.

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