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VKI klagt Verbund wegen Strompreis-Klausel

Thomas Hirmke ©VKI

Preiserhöhungen. Der VKI geht nach zahlreichen Beschwerden gerichtlich gegen die Energieanbieter vor, Gegner ist Branchen-Schwergewicht Verbund. Auch Kunden-Anwalt Michael Poduschka und der VSV sind aktiv.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) ist laut eigener Aussage in letzter Zeit mit massiven Beschwerden zu Preiserhöhungen von Energieanbietern konfrontiert. Nicht zuletzt sorgte die Preiserhöhung bei der Verbund AG für Aufsehen, heißt es. Das Problem – und der juristische Ansatzpunkt – aus Sicht des VKI: Der Energieanbieter preist seinen Strom in der Werbung bekanntlich als zu „100% aus österreichischer Wasserkraft“ an (tatsächlich sind es wohl etwa 95%) und erzeugt ja auch selbst große Strommengen aus Wasserkraft. Gleichzeitig bindet der Verbund aber seine Preise an einen vom Börsenkurs abhängigen Index. Der VKI strenge daher – im Auftrag des Sozialministeriums – eine gerichtliche Klärung an, ob eine solche Preisgestaltungsklausel zulässig ist. Eine Klage wurde bereits eingebracht, so der VKI.

Der Rückblick

Seit Herbst 2021, also schon vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine, zeigt sich ein massiver Anstieg der Großhandelspreise für Energie. Auf Grund dieser aktuellen Marktentwicklung hat der Verbund im März 2022 angekündigt, u.a. die Stromtarife für seine Haushaltskunden per 1.5.2022 zu erhöhen. Die Preiserhöhung basiert nach Angaben der Verbund AG auf dem von der Österreichischen Energieagentur ermittelten und veröffentlichten Index für Strom (ÖSPI).

Der Verbund hat dazu in seinen AGB mit Verbrauchern eine „Wertsicherung“ des verbrauchsabhängigen Arbeitspreises nach dem Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) vereinbart. Dieser Index wird nach einer standardisierten Methode und auf Basis der Notierungen an der Energie-Börse EEX (European Energy Exchange) in Leipzig von der Österreichische Energieagentur berechnet. Der ÖSPI zeigt daher an, um wie viel Prozent sich der Einkaufspreis für Strom im kommenden Monat gegenüber der Basisperiode, dem Vormonat und dem Vorjahr auf Grundlage eines fiktiven Beschaffungsverhaltens verändert. Genau diese Großhandelspreise für Strom und Gas sind in den vergangenen Monaten stark gestiegen.

Der VKI wird zu Hilfe gerufen

In der Folge häuften sich Beschwerden von Konsumenten, insbesondere darüber, dass der Verbund mit 100 Prozent Strom aus heimischer Wasserkraft geworben hatte. „Für viele Konsumentinnen und Konsumenten ist es vollkommen unverständlich, warum der Verbund seinen Preis an einen Börsenpreis bindet, obwohl er den Strom für Haushaltskunden wohl zu einem überwiegenden Teil selbst produziert und durch die gesteigerten Preise erhebliche Übergewinne erwirtschaftet hat“, erklärt Thomas Hirmke, Leiter des Bereichs Recht im VKI, den Unmut. Der Gewinn des Verbund-Konzerns stieg im Vorjahr nach Medienmeldungen um über 38 Prozent auf 874 Millionen Euro.

Der VKI habe die Preisanpassungsklausel des Verbunds umfassend geprüft. „Wir sind dabei zur Ansicht gelangt, dass es wesentliche rechtliche Argumente gegen eine Zulässigkeit der vom Verbund verwendeten Anpassungsklausel für Strompreise gibt. Wir haben daher zur gerichtlichen Überprüfung dieser Klausel eine Klage eingebracht“, so Hirmke.

Eine Grundsatzentscheidung wird angestrebt

Mit dieser Klage soll auch grundsätzlich geklärt werden, inwieweit derartige Wertsicherungsklauseln zulässig sind. „Gerade in Zeiten hoher Inflation und steigender Preise spielen Preisanpassungsklauseln für Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch für Unternehmen, eine immer wichtigere Rolle. Wir erwarten uns von dieser Klage eine Klarstellung, welche Grundvoraussetzung eine Wertsicherungsklausel im Konsumentenvertrag erfüllen muss“, ergänzt Hirmke. Ein solches Vorgehen gehört häufig zur Strategie des VKI, der vor Gericht ja Grundsatzentscheidungen zugunsten der Verbraucher*innen anstrebt, was branchentypische Usancen betrifft.

Wer sonst noch die Stromfirmen jagt

Der VKI ist übrigens nicht der einzige Angreifer, mit dem sich die Energieversorger auseinandersetzen müssen. Der oberösterreichische Anwalt Michael Poduschka hat laut Tageszeitung Kurier rund 150 Klienten, die „ihren Stromlieferanten vor den Kadi zerren wollen“, wie es heißt. Poduschka kritisiert das in der Branche übliche „Merit Order“-Prinzip: Demnach bestimmt das teuerste Kraftwerk den Preis – und das sind nach der aktuellen Marktlage Gaskraftwerke. Die Kundinnen und Kunden hätten das aber so nicht aufgefasst, als sie ihren Strombezugsvertrag abschlossen, argumentierte auch Poduschka in der ORF-Sendung „Wien Heute“: Sie seien selbstverständlich der Meinung gewesen, etwa im Fall des Verbund, „100% Wasserkraft“ zu beziehen und auch deren Preis zu bezahlen. Auch VSV-Chef Peter Kolba stößt sich an den Wertsicherungsklauseln der Energieversorger.

Eine Nebenfront dabei ist, dass das für die Strombranche entscheidende Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWOG) die Anwendung des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG) eigentlich ausschließt. Doch sieht sich beispielsweise der VKI davon nicht tangiert, denn auch nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) müsse eine Preiserhöhung sachlich fundiert sein.

Der Verbund wiederum argumentiert in einer öffentlichen Stellungnahme, dass seine Kunden selbstverständlich über die entsprechenden Vertragsinhalte informiert worden seien, man gehe diesbezüglich vollkommen vertragsgerecht vor – und der Preisentwicklung auf den Energiemärkten könne man sich als Unternehmen nun einmal nicht entziehen.

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