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So gut ist der Forschungsstandort Österreich

©ejn

Parlament. Österreich gehört mit F&E-Ausgaben von 3,26% des BIP weiterhin zur Spitzengruppe der EU-Staaten, so der neue Forschungs- und Technologiebericht. Doch es gibt auch Kritik: Kleine Unternehmen und Forscherinnen kommen zu kurz – und erzeugt das viele Geld überhaupt genug Output?

Österreich belegt mit den Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) international einen Spitzenplatz und ist eines der fünf EU-Länder, welche die europäische Zielsetzung einer Forschungsquote von 3% des BIP erfüllen. Der Forschungsoutput verortet Österreich in der Gruppe der „Strong Innovators“. Das ist dem Forschungs- und Technologiebericht 2022 zu entnehmen, den Wissenschaftsminister Martin Polaschek, Klimaschutzministerin Leonore Gewessler und Wirtschaftsminister Martin Kocher gemeinsam dem Nationalrat vorgelegt haben.

Die drei Ressortleiter*innen zeichnen auch für die Strategie der Bundesregierung für Forschung, Technologie und Innovation (FTI) verantwortlich. Der Bericht wurde nun vom Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung erörtert und einstimmig zur Kenntnis genommen, allerdings gab es auch Kritik, berichtet die Parlamentskorrespondenz.

F&E-Ausgaben: Österreich weiterhin an der Spitze

Als Auskunftspersonen zum Forschungs- und Technologiebericht 2022 standen den Abgeordneten Brigitte Ecker von WPZ Research als Berichtskoordinatorin und Klaus Schuch vom Zentrum für Soziale Innovation (ZSI) als einer der Autor*innen zur Verfügung. Die Perspektive des Rats für Forschung und Technologieentwicklung (RFTE), der die Bundesregierung im Rahmen der FTI-Strategie berät und der einen eigenen Bericht erstellt hat, brachte RFTE-Geschäftsführer Ludovit Garzik ein.

  • Brigitte Ecker wies darauf hin, dass laut der Globalschätzung der Statistik Austria (Stand April 2022) die F&E-Ausgaben in Österreich im Jahr 2022 rund 14,15 Mrd. € betragen werden.
  • Sie liegen damit um 9,3% über dem Wert von 2021 (12,95 Mrd. €) und ergeben eine F&E-Quote (Anteil der Bruttoinlandsausgaben für F&E gemessen am Bruttoinlandsprodukt) von voraussichtlich 3,26% für 2022. Im Jahr 2021 lag der Anteil laut den Angaben bei 3,21%.
  • Damit werde Österreich es bereits zum neunten Mal in Folge schaffen, über dem europäischen Zielwert von 3% zu liegen, führte Ecker aus.

Dabei sind zuletzt die Ausgaben des öffentlichen Sektors deutlich gestiegen, aber auch bei den F&E-Ausgaben zeige sich ein positiver Trend. Der Forschungs- und Technologiebericht geht laut Ecker auf die Bedeutung von hochqualifiziertem Humankapital als Grundvoraussetzung für exzellente Leistungen ein. Die FTI—Strategie 2030 setze daher auf die Förderung von Talenten und die Förderung von Humanressourcen. Indikatoren wie der Anteil des F&E-Personals an der Erwerbsbevölkerung oder der Anteil der Graduierten in MINT-Fächern würden auf eine durchaus gute Position Österreichs verweisen.

„Hohe Erfolgsquote bei ERC-Grants“

Klaus Schuch ging auf die Innovationsfähigkeit im internationalen Vergleich ein und wies darauf hin, dass Österreich bei einer Reihe von Kennzahlen im oberen Mittelfeld, in einigen wenigen Punkten auch im Spitzenfeld und damit fast durchwegs über dem europäischen Durchschnitt liege.

Ein Indikator dafür, dass Österreich Spitzenforschung anziehen und auch im Land halten könne, sei die hohe Erfolgsquote bei der Einwerbung von ERC-Grants (hochdotierten Einzelförderungen für Forschende). Auch im Rahmen der europäischen Forschungsprogramme, wie dem nun abgeschlossenen EU-Rahmenprogramm Horizon 2020, sei Österreich sehr erfolgreich bei der Einwerbung von Mitteln. Österreich könne etwa bei zukunftsweisenden Themen wie Quantenforschung, Quantentechnologien und Kreislaufwirtschaft auf eine starke Stellung verweisen. Im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) liege Österreich bei der Forschung an der Spitze, bei KI-Anwendung durch Unternehmen befinde man sich aber nur im unteren Drittel der EU-27.

Der Input ist gut, aber passt auch der Output?

Ludovit Garzik verwies auf den Bericht zur wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit Österreichs 2022, den das RFTE vorgelegt hat. Dieser sehe einige Punkte etwas kritischer, vor allem das Verhältnis von Input und Output der Forschungsfinanzierung. Österreich schaffe es letztlich nicht, tatsächlich aufzuholen, so Garzik – eine Meinung, die auch der langjährige streitbare RFTE-Vorsitzende Hannes Androsch schon öfter vertreten hat.

Man dürfe auch nicht nur Einzelindikatoren bewerten, sondern müsse das Gesamtsystem im Auge haben, so Garzik. Entscheidend sei aus Sicht des RFTE die Frage der „strategischen Intelligenz“, also die Entscheidung, wohin man eigentlich wolle und wie man das Ziel erreichen wolle.

Abgeordnete sehen Stärken, aber auch Schwächen des Innovationssystems

Petra Oberrauner (SPÖ) entnahm dem Bericht, dass es eindeutige Stärken, aber auch deutliche Schwächen des österreichischen Forschungs- und Innovationssystems gebe. So fehle es in der Forschung nach wie vor an Geschlechtergerechtigkeit, das werde vor allem bei der Zahl der Forscherinnen in Unternehmen deutlich. Mängel gebe es nach wie vor auch bei der Anwendung von Forschungsergebnissen durch Gründungen, was zur Folge habe, dass österreichische Patente oft nur ans Ausland verkauft würden, als selbst genutzt. Hier sei auch der Mangel an Risikokapital ein entscheidender Faktor. Diesen Punkt sprach auch SPÖ-Abgeordnete Katharina Kucharowits an. Österreich habe sich bei den Kennzahlen der Digitalisierung zwar etwas verbessert, um unter die TOP-Fünf der EU zu gelangen, seien aber weitere gezielte Anstrengungen notwendig. Auch die geringe Zahl der KI-Anwendungen in Österreich zeigt für Kucharowits eine Schwachstelle auf.

Helmut Brandstätter (Neos) meinte, die Forschungsleistungen im KI-Bereich seien hervorragend, die Kooperation mit Unternehmen müsse aber verbessert werden. Gerhard Deimek (FPÖ) schloss sich der Aussage von Garzik an, dass mehr „strategische Intelligenz“ in der KI-Strategie erforderlich sei, und forderte weitere Schritte in der Digitalisierung, der Stärkung des Risikokapitals und mehr Anreize für Forscher*innen, sich in Unternehmensgründungen einzubringen.

Ist eine eigene Bildungsstrategie notwendig?

Eva Blimlinger (Grüne) hielt es für notwendig, genauer zu erheben, wie sich befristete Arbeitsverhältnisse auf die Forschung auswirken. Sie merkte ebenfalls an, dass der Frauenanteil in der Forschung von Unternehmen deutlich unter dem Hochschulbereich liegt, und hielt eine Bildungsstrategie parallel zur FTI-Strategie für notwendig. Blimlinger regte an, auch die künstlerische Forschung, in der Österreich einiges aufzuweisen habe, in den Forschungs- und Technologiebericht aufzunehmen.

Andrea Holzner (ÖVP) hob die Rolle der Life Sciences bei der Pandemiebekämpfung hervor. Ihre Fraktionskollegin Carina Reiter wies auf die deutliche Wissenschaftsskepsis in Österreich hin, die sich nicht zuletzt als Impfskepsis manifestiert habe, und wollte wissen, wie der Wissenschaftsminister dieser Haltung entgegenwirken wolle.

Zweiter FTI-Pakt wird heuer verhandelt

Wissenschaftsminister Martin Polaschek verwies auf mehrere Strategien im Wissenschafts- und Forschungsbereich, die ressortübergreifend die angesprochenen Fragestellungen adressieren sollen. Sie finden laut dem Minister nicht zuletzt in den Leistungsvereinbarungen mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen ihren Niederschlag. Dazu gehöre auch eine neue Strategie für die Gründerzentren der Universitäten, die nun auch die Sozial-, Geistes- und Kulturwissenschaften umfassen, sagte der Minister.

Polaschek verwies auch auf die von der Bundesregierung im Jahr 2021 gestartete Exzellenzinitiative „excellent=austria“. Sie werde die österreichischen Universitäten in der Forschung und in der Profilbildung weiter stärken. Heuer werde der 2. FTI-Pakt verhandelt, der wichtig sei, um der Forschung eine langfristige Perspektive zu geben.

Zur Frage des Frauenanteils in der Forschung verwies Polaschek auf die MINT-Initiativen, die teilweise bereits in der Elementar- und Grundbildung ansetzen, um Mädchen und junge Frauen für wissenschaftlich-technische Berufe zu interessieren. Die Frage der Auswirkung von befristeten Arbeitsverhältnissen werde ein Teil der Evaluierung der einschlägigen Gesetze für den Forschungsbereich sein, merkte Polaschek an.

Was die österreichische Wissenschaftsskepsis betreffe, so habe sie schon vor der Covid-19-Krise bestanden und könnte auch historische Ursachen haben. Er habe eine Studie in Auftrag gegeben, die den tieferen Ursachen nachgehen solle. Die Arbeit daran werde noch im August beginnen, teilte der Wissenschaftsminister mit.

Forschungsschwerpunkt zur Bewältigung der Klimakrise

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler sah in dem Bericht eine erste Bestätigung dafür, dass die Neuaufstellung der Forschungsförderung mit einem klaren Schwerpunkt auf die Bewältigung der Klimakrise Ergebnisse zeigt. Die FTI-Strategie des Bundes orientiere sich an der Notwendigkeit, die Energie- und Mobilitätswende zu schaffen und eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren.

Bei Patenten liege Österreich erfreulicherweise im Bereich der ökologischen Innovation international an der Spitze. Auch in der Frage der grünen Resilienz liege Österreich international an der Spitze, auch wenn es hier noch einige Schwachstellen gebe. Ihr Ressort lege einen besonderen Schwerpunkt auf die EU-Mission Cities, die auf die Schaffung klimaneutraler Städte abzielt, und arbeite an Partnerschaften mit österreichischen Städten.

Zur Frage der Gründungen meinte Gewessler, die Gründungsfinanzierung sei unterdessen gut aufgestellt. Was das Risikokapital angehe, so handle es sich dabei vor allem um eine finanzpolitische und finanztechnische Frage, der man sich widmen müsse. Die Förderung von Frauen in der Wissenschaft sei ihr ein Herzensanliegen, hier gebe es zweifellos noch Nachholbedarf.

Was die geringe Zahl von KI-Anwendungen betreffe, so müsse das Augenmerk auf die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) gelegt werden, da diese teilweise noch in der grundlegenden Digitalisierung Aufholbedarf hätten. Hier arbeite ihr Ressort an einer gemeinsamen Strategie mit dem Wirtschaftsministerium, teilte Gewessler mit.

„Forschung macht Unternehmen erfolgreicher“

Wirtschaftsminister Martin Kocher betonte, dass die Forschungsprämie ein wichtiger Faktor der Forschungsfinanzierung von Unternehmen geworden sei. Damit gelinge es, forschungsintensive Unternehmen nach Österreich zu bringen und hier zu halten. Festzustellen sei jedenfalls eine eindeutige Korrelation zwischen der Forschungstätigkeit von Unternehmen und dem Unternehmenserfolg, forschende Unternehmen seien also im Allgemeinen auch erfolgreicher.

Zur Frage der Gründungen sagte Kocher, dass Österreich bei den Start-ups unterdessen sehr gut liege, das Problem sei eher die Erreichung der nächsten Wachstumsstufe. Was den Anteil der Frauen in der Forschung betreffe, so sei dafür auch ein gesellschaftlicher Wandel notwendig, der nicht über Nacht erfolgen könne. Jedenfalls gebe es vor allem im Bereich der Privatwirtschaft noch Verbesserungsbedarf.

Die Frage, warum KI-Applikationen nicht stärker angewendet werden, hänge eventuell auch mit einer grundlegenden Technikskepsis zusammen, jedenfalls müsse man die tieferen Ursachen ergründen, meinte der Minister. Diskutieren müsse man auch über die ausgeprägte Wissenschaftsskepsis in Österreich.

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