Inflation & Konjunktur. Die US-Zentralbank Fed zieht die Zins-Zügel kräftig an und bremst damit sowohl die Inflation wie die Konjunktur. Die EZB soll es ihr nachtun statt auf ein Wunder zu warten das nicht kommen wird, meint Geldhaus FERI.
Die US-Wirtschaft ist im zweiten Quartal geschrumpft, zum zweiten Mal in Folge: Nach landläufiger Meinung befindet sich die amerikanische Wirtschaft damit in einer Rezession. Ob dies aus ökonomischer Sicht wirklich so ist, darüber könne durchaus gestritten werden, da die Inlandsnachfrage in den USA recht robust blieb.
Viel wichtiger sei etwas anderes, schreibt Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt der FERI Gruppe: Die Dynamik der US-Wirtschaft hat im bisherigen Jahresverlauf jedenfalls deutlich nachgelassen. Während Konsum und Investitionen im ersten Quartal noch 0,5 Prozentpunkte zum Wirtschaftswachstum beitrugen, kippte dieser Wert im zweiten Quartal mit 0,1 Prozentpunkten ins Minus.
Inflationsbekämpfung braucht langen Atem
Die Ursache sei klar, der Effekt erwünscht: Die geldpolitische Straffung der amerikanischen Notenbank zeige inzwischen die beabsichtigte und mit Blick auf die Inflation auch notwendige Wirkung. Denn für die Rückführung exorbitant hoher Inflationsraten in Richtung des 2-Prozent-Ziels sei es wichtig, dass Unternehmen im Angesicht einer schwächeren Nachfrage ihre gestiegenen Kosten nicht mehr ohne weiteres an ihre Kunden weitergeben können und in der Folge auch ihren Beschäftigten geringere Lohnsteigerungen gewähren.
Vorerst steigen die Preise und damit die Inflationsraten in den USA jedoch weiter an. Einen wesentlichen Beitrag dazu leisteten zuletzt die Mietkosten, was angesichts weiter steigender Hauspreise nicht verwundere. Bei einem insgesamt schwächer werdenden Immobilienmarkt dürfte diese Entwicklung allerdings bald zu einem Ende kommen, meint das deutsche Geldhaus.
„An Konsequenz ein Beispiel nehmen“
Die Fed, die 2021 die Inflationsentwicklung noch falsch eingeschätzt habe, sei spätestens seit dem Frühjahr 2022 vollständig auf Anti-Inflationskurs eingeschwenkt. „Negative Veränderungsraten des BIP nahm und nimmt sie billigend in Kauf und vertraut darauf, dass das Fehlen gravierender gesamtwirtschaftlicher Ungleichgewichte das Ausmaß des wirtschaftlichen Abschwungs begrenzt“, so die Analyse. So hat die Fed bereits weitere Zinserhöhungen um insgesamt 75 Basispunkte bis Jahresende angekündigt, obwohl die Wirtschaftsentwicklung weiterhin schwach oder sogar negativ ausfallen wird.
EZB soll klarstellen dass die Zinsen weiter steigen werden
Die EZB soll es der Fed nachtun, fordert FERI: Auch im Euroraum sind die Inflationsraten exorbitant hoch, und die EZB ist nach ihren Leitlinien sogar primär auf das Ziel der Preisniveaustabilität ausgerichtet, während die Fed zusätzlich noch den Arbeitsmarkt im Blick hat. Zwar habe die EZB im Juli („viel zu spät“) einen ersten Zinsschritt vorgenommen, ihr weiteres Vorgehen allerdings bewusst offengelassen. Und genau das kritisieren zumindest jene Analysten und Finanzpolitiker*innen, die einem strafferen monetären Kurs zugeneigt sind: Wichtig ist bei den Zentralbanken bekanntlich, welche Erwartungen die Märkte in ihr künftiges Handeln setzen, nicht das was sie bereits getan haben. Und die EZB will nun partout nicht den Kurs in Richtung weiterer Zinserhöhungen abstecken.
Stattdessen will die EZB von Sitzung zu Sitzung jeweils „datenabhängig“ entscheiden, ob und in welchem Umfang sie die Zinsen anheben wird. Der falsche Weg, schreibt Angermann: „Da auch im Euroraum das Wunder eines plötzlichen Inflationsrückgangs nicht eintreten wird, ist gänzlich unklar, welche Daten die EZB davon abhalten sollten, mit weiteren Zinserhöhungen ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Besser wäre es deshalb, nach dem Vorbild der Fed eine klare Linie zu verfolgen und diese so zu kommunizieren, dass sich Unternehmen und Verbraucher darauf einstellen können.“