Wien. Die Versicherungsagenten in Österreich haben ihre erste große Branchenstudie durchgeführt: Wachstum und Zufriedenheit sind demnach auf hohem Niveau, doch die Energiekosten drücken.
Das Bundesgremium der Versicherungsagenten in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) führte gemeinsam mit der KMU-Forschung Austria erstmals eine österreichweite Branchenstudie durch. Die Ergebnisse der bisher größten Studie des Gremiums stellen die wesentlichen Charakteristika sowie die Entwicklung der Branche dar, heißt es dazu: Sie offenbaren Einblicke in die Strukturen der Unternehmen und belegen laut Ansicht der Interessenvertretung auch die Attraktivität dieser Sparte des Versicherungsvertriebs.
EPU sind typische Unternehmensform
„Ein-Personen-Unternehmen“ (EPU) machen mehr als die Hälfte aller Unternehmen in Österreich aus und sind eine tragende Säule der österreichischen Wirtschaft. Die Versicherungsagenten seien ein äußerst relevanter Teil dieser tragenden Säule. Denn von den mehr als 7.700 aktiven Versicherungsagenten in Österreich sind 74,3% EPUs und mehr als 99% haben weniger als zehn Mitarbeiter. „Das heißt, Versicherungsagenten stehen für das in Österreich so wichtige kleinstrukturierte, familiengeführte Unternehmertum“, sagt Horst Grandits, Bundesgremialobmann der Versicherungsagenten.
Versicherungsagent ist meist kein Nebenjob
- Mehr als zwei Drittel der Versicherungsagenten sind hauptberuflich tätig.
- Sie investieren durchschnittlich 43 Wochenstunden in ihre Arbeit.
- Fast 40% der hauptberuflichen Versicherungsprofis betreuen mehr als 750 Kunden.
- Die Mehrheit der Versicherungsagenten (57%) arbeitet als Einfachagentur, der Rest als Mehrfachagentur für zwei oder mehrere Versicherer.
„Großen Wert legen die Versicherungsagenten auch auf Weiterbildung. Das ist mit ein Grund, warum unsere Kunden die Beratungskompetenz sehr schätzen“, sagt Grandits. Konkret messen 96% der Versicherungsagenten der kontinuierlichen Weiterbildung hohe Bedeutung bei. 88% kennen und schätzen die diesbezüglichen Angebote der Landesgremien.
Das größte Netzwerk im Versicherungsvertrieb
Die Studie, an der knapp 600 Versicherungsagenten teilnahmen, zeige außerdem, dass die Branche weitgehend krisenresistent ist und wächst. „In Krisenzeiten haben sich die Versicherungsagenten als Stabilitätsanker der österreichischen Wirtschaft bewiesen und sind auf Wachstumskurs. Die Gründungsquote hat sich seit 2015 verdoppelt. Trotz der Coronakrise konnten die Interessenvertretungen im Vorjahr 914 Personen in Österreich beim Schritt in die Selbstständigkeit begleiten. Die Zufriedenheitsquote in der Branche ist sehr hoch: 94% sind mit ihrer Rechtsstellung zufrieden, 90% mit der wirtschaftlichen Entwicklung zum Zeitpunkt der Umfrage“, sagt Bundesgremialgeschäftsführer Sinan Ibili.
Bürokratie als Herausforderung
Als wichtigste Herausforderungen der nächsten Jahre sehen die Versicherungsagenten laut Studie die Themen wachsende Bürokratie und Verwaltungsaufwand, Digitalisierung sowie die Energiepreissituation. „Bestehende Gesetze müssen künftig evaluiert werden, bevor neue Regulierungen kommen. Sonst ist der bürokratische Aufwand für den familiengeführten Kleinstunternehmen in der Branche nicht zu bewältigen. Die Botschaft ist in der EU angekommen. Die EU hat kürzlich bei der IDD-Revision ein paar Jahre Denkpause eingelegt“, so Grandits.
Hilfe bei der Energie erforderlich
In Hinblick auf das aktuelle Thema der stark steigenden Energiekosten fordert die Branche mehr Unterstützung von Seiten der Regierung ein: „Die steigenden Energiepreise und die Inflation bringen die Versicherungsagenten als Vielfahrer in einen zunehmenden Effizienzdruck, zumal die Provisionsentgelte hier nicht mitziehen bzw. diese Kostensteigerungen nicht an die Kunden weitergegeben werden können. Die Branche braucht daher eine Unterstützung etwa in Form des Energiekostenzuschusses. Es darf zu keinen weiteren Verteuerungen kommen“, so Ibili.