Uni Wien. Politikwissenschafterin Barbara Prainsack und Rechtswissenschafter Nikolaus Forgó von der Uni Wien warnen in einem „Nature“-Artikel eindringlich vor dem Plan, die Menschen für das Überlassen ihrer persönlichen Daten an Konzerne zu bezahlen.
Daten dürfen nicht das neue Öl werden (obwohl sie es, anderen Stimmen zufolge, längst sind) – so bringen die beiden Wissenschafter*innen ihre These auf den Punkt. Politikwissenschafterin Barbara Prainsack und Rechtswissenschafter Nikolaus Forgó von der Universität Wien sprechen sich in einem aktuellen Artikel im Fachjournal Nature Medicine gegen den finanziellen Abtausch von Geld gegen persönliche Daten an Konzerne aus (Barbara Prainsack & Nikolaus Forgó: „Why paying people for data is a bad idea“).
Was auf den ersten Blick fair erscheint, führe zu einer Situation, in der sich künftig nur wohlhabende Menschen digitale Privatsphäre leisten können, warnen die beiden: Dagegen wären Steuern auf die Profite digitaler Unternehmen ein Gebot der Stunde.
Kein Geld für Daten
Unternehmen machen bekanntlich immer häufiger Profite mit jenen personenbezogenen Daten, die sie über soziale Medien, über Treueprogramme für Kunden oder über andere Plattformen gewinnen. Wäre es da nicht fairer, wenn die Menschen, von denen diese Daten kommen, Geld dafür bekommen würden? Prainsack und Forgó beantworten diese Frage mit einem klaren „Nein“. Diese Lösung sieht nur auf den ersten Blick fair und fortschrittlich aus, würde aber in der Praxis den gegenteiligen Effekt erzielen, warnen sie.
Barbara Prainsack erklärt ihre Ablehnung anhand eines Beispiels: Eine Firma arbeitet mit medizinischen Daten von Patient*innen, um Software zu entwickeln, die Hautkrebs früher entdecken kann. Wenn dieses Unternehmen die Patient*innen für die Nutzung dieser Daten bezahlt, wäre es insbesondere für jene, die auf diese neue Einkommensquelle angewiesen sind, sehr schwierig, die (weitere) Verwendung zu beschränken – besonders wenn die Firma ihr Geschäftsmodell ändert oder die Daten auch an andere Unternehmen weitergibt, die sie für andere Zwecke verwenden. Dies würde zu einer Situation führen, in der arme Menschen mit Daten für Güter und Leistungen „bezahlen“, die sich wohlhabendere Bevölkerungsgruppen mit ihrem Geld erwerben können. Privatsphäre würde zu einem Luxus der Reichen.
„Profite zu den Menschen zurückbringen“
Natürlich bedeutet das aber nicht, so Prainsack und Forgó, dass wir die derzeitige Situation einfach akzeptieren sollen. Es sei dringend nötig, sicherzustellen, dass ein Teil der Profite, die mit Daten erzählt werden, zu den Menschen zurückkommt. Steuern für digitale Unternehmen, wie sie die EU-Kommission vorschlägt, seien ein guter Weg zu diesem Ziel, ebenso wie die Schaffung von Data-Commons, in denen Menschen gemeinschaftlich über die Nutzung ihrer Daten entscheiden.
„Daten sind nicht das ’neue Öl‘ wie oft behauptet wird“, sagt Barbara Prainsack, Leiterin der Forschungsplattform: „Sie gehören nicht den Firmen, die sie verkaufen. Eine Art ‚windfall tax‘ auf Profite digitaler Unternehmen ist überfällig. Die Bezahlung individueller Bürger*innen für ihre Daten würde allerdings nur die Abhängigkeit einzelner von den Unternehmen erhöhen und die Menschen weiter auseinanderdividieren – was letzten Endes wieder hauptsächlich den Unternehmen nutzt.“ Nikolaus Forgó fügt hinzu: „Das existierende rechtliche Rahmenwerk ist im Hinblick auf diese Ziele weiter zu evaluieren. Die Schaffung von individuellem Eigentum an den eigenen Daten ist nicht angezeigt.“ Um das Thema Daten(schutz) und Datenwirtschaft geht es aktuell übrigens auch im Wissenschaftsmagazin Rudolphina der Uni Wien.