Verwaltungsrecht. Ein neuer Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsgesetz (AVG) soll Rechtsprofis bei Behördenverfahren helfen: Diese sind zwar weniger formalistisch als Zivilrechtsverfahren, doch Verstöße gegen Details wie Kundmachungsbestimmungen sind häufig irreparabel, warnen die Herausgeber.
Die gründliche Kenntnis des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) ist der Schlüssel zum Erfolg bei der Durchsetzung verwaltungsrechtlicher Ansprüche, heißt es bei Verlag LexisNexis. Das Autorenteam aus Anwaltei, Verwaltung, Gerichtsbarkeit und Wissenschaft peile mit dem Kommentar Praktiker*innen als Zielgruppe an: Als umfassendes Nachschlagewerk soll der rund 1.000 Seiten starke neue Kommentar (1. Auflage) demnach sowohl für die tägliche Arbeit im Verwaltungsverfahren wie auch zur Klärung von schwierigen Detailfragen dienen können.
Anwalt und Richter
Herausgegeben wird der Kommentar von Anwalt Dr. Dieter Altenburger, MSc (Partner bei Kanzlei Jarolim Partner, Spezialist im Bereich öffentliches Umweltrecht) und Dr. Wolfgang Wessely (Richter am LVwG NÖ und Leiter der LVwG-Außenstelle Mistelbach). „Das behördliche Verfahren ist deutlich weniger formalistisch als das zivilrechtliche. Dies öffnet auf Seiten der Behörde einen recht weiten Handlungsspielraum (…), bedeutet aber für rechtsberatende Berufe, dass der Gang des konkreten Verfahrens schlechter vorhersehbar ist“, warnt Altenburger in einem Interview auf der Verlags-Website. Die Empfehlung lautet daher, sich über die Vollzugspraxis der konkret zuständigen Behörde bzw des Organwalters (vorab) zu informieren.
„Fehler sind oft nicht mehr zu sanieren“
Auch aus Sicht der Behörde sind Verfahren oft schwer vorhersehbar, so Wessely: Die Ursache sei neben der Formfreiheit prozessualer Handlungen vor allem „die mannigfaltigen Dispositionsmöglichkeiten der Beteiligten, die den Verfahrensgang und die Verfahrensdauer bisweilen nur schwer vorhersehbar machen. Hier gilt es besonders darauf zu achten, den ‚roten Faden‘ durch das Verfahren nicht zu verlieren und sich nicht in außerrechtlichen Bereichen zu verzetteln, denen in der Sache keine Bedeutung zukommt.“
Auch die Formfreiheit birgt erhebliche Gefahren. Altenburger: „Während das Zivilverfahren durch die Dispositionsmaxime geprägt ist, ist es im Verwaltungsverfahren die Offizialmaxime. Häufig passieren Fehler, weil sich Parteien zu sehr darauf verlassen, dass ‚alles von Amts wegen erfolge‘. So unterlaufen bei der Fristberechnung, bei der Erhebung von Einwendungen, bei der Unterfertigung der Verhandlungsniederschrift etc regelmäßig vermeidbare Fehler, die zudem oft auch nicht sanierbar sind.“
Wessely fügt hinzu: „Meines Erachtens verleitet die Formfreiheit und ‚Benutzerfreundlichkeit‘ des Gesetzes sowohl auf Seiten der Behörden als auch der Beteiligten bisweilen dazu, verfahrensrechtliche Anordnungen nicht zu ernst zu nehmen. Derartige Ungenauigkeiten (etwa bei Verhandlungskundmachungen) können aber weitreichende und in weiterer Folge (uU auch Jahrzehnte später) kaum mehr lösbare Folgeprobleme (Stichwort: übergangene Partei) nach sich ziehen.“ Über typische Fehler bei verwaltungsbehördlichen Verfahren, Veränderungen der Verfahrensabläufe seit den letzten beiden Jahren u.a. sprechen die beiden Herausgeber im Detail auf dem Verlagsblog.