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Business, Politik, Recht, Steuer

Whistleblower-Gesetz erreicht den Nationalrat

©Parlamentsdirektion / Johannes Zinner

Parlament. Whistleblower werden in Österreich künftig geschützt: Der Sozialausschuss des Nationalrats behandelt das verspätete HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG). Es soll bald starten und eventuell später noch verschärft werden.

Bereits im Jahr 2019 wurde auf EU-Ebene beschlossen, sogenannte Whistleblower*innen besser zu schützen. Wer Informationen über rechtlich fragwürdige Praktiken in seinem beruflichen Umfeld wie Betrug, Korruption, Gesundheitsgefährdung oder Umweltgefährdung weitergibt, soll vor Anfeindungen, Repressalien am Arbeitsplatz und anderen negativen Konsequenzen wie existenzbedrohenden Gerichtsprozessen geschützt werden.

Österreich hätte die entsprechende EU-Richtlinie teilweise bereits bis Dezember 2021 umsetzen müssen, nun liegt dazu eine umfangreiche Sammelnovelle mit einem neuen Hinweisgeber*innenschutzgesetz (HSchG) im Mittelpunkt vor, wie die Parlamentskorrespondenz berichtet.

Minimale Inhalte sollen Belastung gering halten

Wie die Antragsteller*innen Peter Haubner (ÖVP) und Agnes Sirkka Prammer (Grüne) festhalten, beschränke sich Österreich bei der Umsetzung der EU-Richtlinie auf zwingend vorgegebene Inhalte. Damit wolle man Belastungen für kleinere und mittlere Unternehmen gering halten, wie es in den Erläuterungen der Initiative heißt. Allerdings besteht ihnen zufolge die Option, nach der für 2026 vorgesehenen Evaluierung weitere Sachbereiche in das Gesetz aufzunehmen. Die Eckpunkte des Entwurfs in der aktuellen Form:

  • Adressaten des neuen Hinweisgeber*innenschutzgesetzes sind sowohl der öffentliche Sektor als auch private Unternehmen sowie gemeinnützige Einrichtungen und Vereine, sofern in der jeweiligen Organisation bzw. im jeweiligen Unternehmen mindestens 50 Mitarbeiter*innen beschäftigt sind.
  • Einrichtungen und Dienststellen, die in die Zuständigkeit der Länder bzw. der Gemeinden fallen, sind vom Gesetzentwurf grundsätzlich nicht umfasst.
  • Auch bleiben bereits bestehende Spezialbestimmungen in verschiedenen Materiengesetzen – etwa zur Bekämpfung von Geldwäsche – sowie schon bewährte Hinweisgebersysteme von der Sammelnovelle weitgehend unberührt.
  • An diversen Verschwiegenheitspflichten, wie sie für Ärzt*innen und Rechtsanwält*innen gelten, wird ebenfalls nicht gerüttelt.

Diskriminierungsschutz für Hinweisgeber*innen

Sachlich werden unter anderem das öffentliche Auftragswesen, Finanzdienstleistungen, Umweltschutz, Verkehrssicherheit, Verbraucherschutz, Lebensmittel- und Produktsicherheit, die öffentliche Gesundheit, Datenschutz sowie die Verfolgung von Korruption in den Geltungsbereich des Gesetzes fallen.

Zudem sind Rechtsverletzungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union wie der Missbrauch von EU-Fördergeldern, Bieterabsprachen und grenzüberschreitender Umsatzsteuerbetrug, die Verletzung von Binnenmarktvorschriften sowie Tricksereien zur Umgehung der Körperschaftsteuer umfasst.

Wer ein geschützter Whistleblower ist

  • Vor Vergeltungsmaßnahmen geschützt sind gemäß dem Gesetzentwurf sowohl Personen, die internen bzw. externen Stellen (mutmaßliche) Rechtsverletzungen melden, wie auch Arbeitskolleg*innen und Personen, die den Hinweisgeber bzw. die Hinweisgeberin unterstützen, wie zum Beispiel Betriebsrät*innen.
  • Diese geschützten Personen dürfen unter anderem nicht suspendiert oder gekündigt werden, ebenso werden Disziplinarmaßnahmen, Gehaltskürzungen, Aufgabenverlagerungen, die Verweigerung von Beförderungen und ähnliche Repressalien untersagt.
  • Auch bei Einschüchterung, Nötigung oder Mobbing kann von den betroffenen Personen Schadenersatz eingeklagt werden.
  • Wer subjektiv von einer Rechtsverletzung überzeugt ist und sich an eine Whistleblower-Stelle wendet, hafte überdies nicht für tatsächliche oder rechtliche Folgen der Meldung. Fühlt sich ein Hinweisgeber bzw. eine Hinweisgeberin diskriminiert, wird es an der jeweiligen Organisation bzw. am jeweiligen Unternehmen liegen, glaubhaft zu machen, dass es sich um keine Vergeltungsmaßnahme für vorangegangenes Whistleblowing handelt.

Meldestellen werden Pflicht

Die vom Gesetz umfassten Unternehmen, öffentlichen Stellen und anderen juristischen Personen sind laut Entwurf grundsätzlich verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten. Zwar drohen bei Verstoß gegen diese Bestimmung keine Sanktionen, ÖVP und Grüne gehen aber davon aus, dass es im Interesse der jeweiligen Organisation selbst liegt, die interne Stelle so attraktiv zu gestalten, dass sich Hinweisgeber*innen in erster Linie an sie und nicht an einen externen Meldekanal wenden. Auch werde in den Erläuterungen auf Sorgfaltspflichten von Geschäftsführer*innen und Vorständen in Zusammenhang mit dem Bekanntwerden von Gesetzesverstößen verwiesen.

Konkrete Vorgaben für die Ausgestaltung der internen Meldestelle sieht der Gesetzentwurf nicht vor. Jedoch müssen bestimmte Voraussetzungen gewährleistet sein:

  • Das betrifft etwa ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen sowie die Möglichkeit zur unparteiischen Prüfung von Hinweisen auf ihre Stichhaltigkeit.
  • Zudem müssen die Vertraulichkeit der Identität sowohl von Hinweisgeber*innen als auch von Dritten, die in Meldungen erwähnt werden, gewahrt werden können.
  • Wenn ein Hinweisgeber bzw. eine Hinweisgeberin es wünscht, ist innerhalb von 14 Tagen eine mündliche Besprechung abzuhalten, spätestens nach drei Monaten hat eine Rückmeldung auf Hinweise zu erfolgen.

Für die Organisationseinheiten des Bundes wie zum Beispiel die Bundesministerien und deren nachgeordnete Dienststellen sieht der Gesetzentwurf eine gemeinsame interne Stelle vor, die beim Leiter bzw. der Leiterin der Bundesdisziplinarbehörde angesiedelt ist. Ausnahmen sind allerdings für das Verteidigungs-, das Justiz- und das Innenministerium sowie für die Obersten Organe wie das Parlament, die Präsidentschaftskanzlei und die Höchstgerichte vorgesehen. Sie haben eigene Stellen einzurichten, wobei etwa die Stelle im Justizministerium für die Zivil- und Strafgerichtsbarkeit, das Bundesverwaltungsgericht, die Staatsanwaltschaft, den OGH, die Generalprokuratur und die Datenschutzbehörde zuständig sein wird.

Als interne Anlaufstelle für das Innenministerium ist das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) in Aussicht genommen. Gleichzeitig wird es auch externer Meldekanal sowohl für den privaten als auch für den öffentlichen Sektor sein, soweit nicht andere externe Meldestellen wie etwa die Finanzmarktaufsicht, die Geldwäschemeldestelle oder die Bundeswettbewerbsbehörde zuständig sind. An falscher Stelle einlangende Hinweise müssen dabei weitergeleitet werden. Die externen Stellen haben auch die Aufgabe, Personen, die eine Hinweisgebung beabsichtigen, zu beraten.

Verwaltungsstrafen bis zu 40.000 €

Wer einen Hinweisgeber bzw. eine Hinweisgeberin behindert, durch mutwillige gerichtliche Verfahren unter Druck setzt oder andere Vergeltungsmaßnahmen ergreift, dem droht – abseits von Schadenersatzklagen – eine Verwaltungsstrafe von bis zu 20.000 € bzw. 40.000 € im Wiederholungsfall. Gleiches gilt bei der Verletzung von Vertraulichkeitsbestimmungen sowie bei wissentlich falschen Hinweisen durch Whistleblower*innen. Eine Mindeststrafe ist nicht vorgesehen.

Wie schnell das Gesetz umgesetzt werden muss

Für die Umsetzung der neuen Bestimmungen werden Unternehmen und die öffentliche Hand dabei laut den Angaben grundsätzlich sechs Monate ab Inkrafttreten des neuen Hinweisgeber*innenschutzgesetzes Zeit haben, ungeachtet der bereits verstrichenen EU-Frist. Kleinere und mittlere Unternehmen, Organisationen und Einrichtungen mit 50 bis 249 Mitarbeiter*innen werden die Vorgaben – in Einklang mit der EU-Richtlinie – erst ab 17. Dezember 2023 erfüllen müssen.

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