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Wie Digitalisierung in der Verlags- und Medienbranche gelingt

Benjamin Jentzsch, Berthold Baurek-Karlic ©Venionaire Capital

Interview. Was die Digitalisierung für Verlage und Medien noch bringt und welche Rolle Start-ups dabei spielen, schildern Benjamin Jentzsch, CEO und Eigentümer des Linde Verlags und Berthold Baurek-Karlik, CEO von Venionaire.

Extrajournal.Net: Was bedeutet Digitalisierung aus Ihrer Sicht für die Verlags- und Medienbranche: Ist es ein bloßer Wechsel von Papier zum Screen oder gibt es fundamentale Unterschiede, einen Paradigmenwechsel?

Berthold Baurek-Karlic: Medienunternehmen und Verlage sind schon lange mit den Konsequenzen der Digitalisierung konfrontiert. Filme, Fernsehen, Literatur, Musik, etc. verlagerten sich in den letzten 10 Jahren stark in den digitalen Raum. Corona hat diese Entwicklung sogar noch beschleunigt – aber jede Veränderung birgt auch Chancen.

Als die Digitalisierung noch in den Kinderschuhen steckte, reichte es, Inhalte unspektakulär vom Papier auf den Screen zu übertragen. Heute genügt das nicht mehr, um User zu begeistern. Digitale Services müssen dem User einen Mehrwert bieten – insbesondere, wenn diese Services Teil eines Geschäftsmodells sind. Entscheidend für einen Fachverlag wie Linde ist: die cross-mediale Bereitstellung von Inhalten – das digitale Angebot ergänzt, erweitert und bereichert das analoge Angebot. Einzelne Tools und Services ermöglichen es uns auch, im Ausland zu wachsen, während das analoge Angebot stark auf Österreich beschränkt bleibt.

Benjamin Jentzsch: Studien zeigen, dass vor allem die mobile Internetnutzung noch immer weiter ansteigt. Digitalisierung muss, in Hinblick auf das Userverhalten, laufend optimiert werden. Der Linde Verlag setzt sich mit neuen Geschäftsmodellen auseinander und adressiert mit digitalen Angeboten neue Zielgruppen. Ein Beispiel: Der Lindeverlag publiziert seit vielen Jahren das SteuerSparBuch, das erklärt, wie man die eigene Steuerlast optimieren kann. Ergänzend dazu wird im März 2023 die neue SteuerSparApp „MeiMarie“ eingeführt. „MeiMarie“ liefert Tipps und Input zu steueroptimalem Verhalten, bietet eine AI-unterstützte Belegsammlung und hilft dem User, letztlich das Maximum aus der Arbeitnehmerveranlagung herauszuholen. Das Buch bietet einen Gesamtüberblick, die App ist der der ständige Begleiter durch ein Steuerjahr.

In der Vergangenheit wurden Medien häufig „pro Stück“ gekauft – sei es ein Rechtshandbuch oder die Ausgabe einer Tageszeitung. Natürlich gab es immer auch Abonnements, aber die Kund*innen bzw. User*innen hatten die Wahl, stattdessen einen Einzelkauf vorzunehmen. Gehört die Zukunft nur noch den Abo-Modellen jeder Art?

Berthold Baurek-Karlic: Die Digitalisierung hat das Abo-Modell neu definiert. Für einen Fachverlag ist dies eine Herausforderung, da man laufend aktuelle Inhalte bereitstellen muss. Kein digitales Produkt funktioniert heute als „einmaliger Kauf“, wie etwa ein Buch. Das Abo bietet auf der anderen Seite natürlich auch Vorteile, da es wiederkehrende Umsätze liefert – dies war mit Büchern nicht darstellbar.

Der Linde Verlag hat mit Linde Media früh begonnen hochqualitative Beiträge in hoher Frequenz zu publizieren. Ein derartig aufwändiges Gratis-Angebot generiert Aufmerksamkeit, kostet aber auch Geld. Man muss die generierte Reichweite also früher oder später auch wirtschaftlich nutzen. Dabei ist es besonders wichtig eine gute Balance zu finden.

Welche anderen Möglichkeiten digitaler Geschäftsmodelle – von Werbeeinahmen bis Beratungsleistungen und Events – werden wichtiger?

Berthold Baurek-Karlic: Medienunternehmen fungieren als Drehscheibe für Software, Information und Wissen. Linde genießt großes Vertrauen bei seinen Leser*innen und muss daher bei der Auswahl seiner Inhalte hinsichtlich der Qualität große Umsicht walten lassen.

Im Bereich der klassischen Nachrichten sind das Pendant die großen Tageszeitungen sowie öffentlich-rechtliche Medien. Diese Medienunternehmen verfügen durch die Digitalisierung über eine Vielzahl neuer Geschäftsmodelle: Die Möglichkeiten für unterschiedlichste Werbeformate (von Onlinebannern angefangen über gesponserte Artikel und Social-Media-Aktivitäten) sind quasi grenzenlos.

Für Linde als Fachliteraturverlag sind Werbeeinnahmen und Beratungsleistungen eher nachrangig. Viel wichtiger ist hier die verstärkte Positionierung der Autor*innen, Expert*innen und Berater*innen, die unsere Inhalte liefern und diese durch uns cross-medial veröffentlichen. Etablierte Verlagshäuser können ihren Kunden mit der digitalen Erweiterung ihrer Produktpalette fester an sich binden und darüber hinaus weitere Geschäftsfelder entwickeln.

Linde setzt auf Start-ups, um neue Märkte zu erschließen und neue Produkte und Geschäftsmodelle zu entwickeln. Welche Vorteile bietet dieser Ansatz? Benötigen Sie mehr Kapital und verstärkte Management-Kapazitäten im eigenen Haus, um einen solchen Ansatz zu verwirklichen, wo liegen die Herausforderungen?

Benjamin Jentzsch: Linde Digital wurde gegründet, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, und gezielt die digitale Kompetenz des Verlages auszubauen. Die Digitalisierung bietet eine großartige Möglichkeit zur Weiterentwicklung in den Bereichen Steuern, Wirtschaft und Recht – und diese treiben wir gezielt gemeinsam voran. Aufgrund dieses großen Potentials ist es unmöglich, all diese Entwicklungen selbst umzusetzen. Hier setzen wir – gemeinsam mit unserem Partner Venionaire Capital – auf strategische Beteiligungen an innovativen Startups.

Die Herausforderungen liegen sicherlich darin, alle relevanten Marktentwicklungen und die jeweils agierenden Akteure im Blick zu behalten. Auch an dieser Stelle kommt die Partnerschaft mit Venionaire zum Tragen: Der führende Risikokapital- und Private-Equity Spezialist kann auf über 10 Jahre Erfahrung in der Bewertung von Startups zurückblicken und weiß genau, wann der richtige Zeitpunkt für eine Investition bzw. eine Beteiligung gekommen ist.

Wie sehen Sie die österreichische Verlagslandschaft insgesamt aufgestellt, sind wir im Vergleich zu anderen Ländern, dem EU-Durchschnitt eher Innovatoren oder eher auf den hinteren Plätzen zu finden?

Benjamin Jenztsch: Entwicklungen in diesem Bereich sind sehr kostenintensiv. Primärer Kostentreiber ist die notwendige Geschwindigkeit. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein kleines Land wie Österreich hier nicht immer an der Spitze mitmischen kann. Darüber hinaus sind vor allem Fachverlage wie Linde sehr stark auf die eigenen Ländermärkte fokussiert. Vergleiche mit anderen Ländern sind daher eher schwierig. Digitale Produkte jedoch bieten vermehrt die Möglichkeit zur länderübergreifenden Skalierung. Es gibt aber hier definitiv noch reichlich Potential nach oben.

Im Interview

  • Benjamin Jentzsch ist Geschäftsführer und Eigentümer Linde Verlag sowie Linde Digital GmbH.
  • Berthold Baurek-Karlic ist CEO Venionaire Capital & Head of Digital Transformation Linde Digital GmbH.

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