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Boom der Photovoltaik als Klima-Retter: Trends und Probleme

Hermann Ponweiser, Christian Gabriel, Beatrix Rauscher, Valerie Höllinger, Matthäus Zelenka ©APA Fotoservice / Ludwig Schedl

PV-Ausbauschub. Um Trends, Regeln und Normen in der Photovoltaik – von Balkonkraftwerken bis Mega-Anlagen – ging es jetzt bei einem Event von Austrian Standards, OVE, Stadt Wien, Flughafen und Stadthalle.

Austrian Standards lud am 1. Februar 2023 zu einer Veranstaltung rund um das aktuelle Hype-Thema Photovoltaik (PV): Der OVE (Österreichischer Verband für Elektrotechnik), die Stadt Wien, die Flughafen Wien AG und die Wiener Stadthalle präsentierten Trends und erste kritische Erfahrungen aus dem noch jungen Betrieb von Großanlagen.

Auf dem Foto (©APA Fotoservice / Fotograf Ludwig Schedl): Hermann Ponweiser (Leiter Elektrische Energieversorgung, Flughafen Wien AG), Christian Gabriel (Geschäftsführer, OVE Standardization), Beatrix Rauscher (Gruppenleitung des Kompetenzzentrums „Bahninfrastruktur, Regulative Bau, Ingenieurservices, Normen“ der Baudirektion, Stadt Wien), Valerie Höllinger (CEO, Austrian Standards International), Matthäus Zelenka (Geschäftsführer, Wiener Stadthalle).

Starker Auftrieb für Sonnenstrom

Aktuelle Umfragen wie zuletzt von Deloitte prophezeien der Photovoltaiktechnik in Österreich eine glänzende Zukunft: Nicht mehr nur auf Dächern, sondern auch mit großer Akzeptanz auf Freiflächen, heißt es dazu. Während in den Jahren 2017 und 2021 laut Deloitte-Stimmungsbarometer zwischen 10% und 13% der Befragten angaben, innerhalb von 12 Monaten die Installation einer PV-Anlage in Angriff nehmen zu wollen, liegt dieser Wert 2022 bereits bei 32%. Die Zahl der Projektstarts bzw. Förderanträge ist 2022 – auch bedingt durch den Energiepreisschock im Gefolge des Ukraine-Kriegs – in Österreich massiv gestiegen.

Die starke Nachfrage nach PV-Anlagen verlange allerdings eine weltweit einheitliche Sprache, um einerseits Sicherheitsfragen zu beantworten und andererseits Industrieerfolge Made in Austria zu ermöglichen. „Diese gemeinsame Sprache heißt Standardisierung. Schon heute gehen knapp 48% der in Österreich produzierten PV-Anlagen ins Ausland. Wir stehen also am Beginn eines weltweiten Wettlaufs um Know-how, Fachkräfte sowie Produkte. Gemeinsam mit Organisationen, Expert*innen und Entscheider*innen kümmern wir uns darum, dass auch heimische Unternehmen von dieser Entwicklung dauerhaft profitieren“, so Valerie Höllinger, CEO bei Austrian Standards.

Der Wettbewerb ist allerdings hart, denn der Weltmarkt wird in Sachen PV-Bauteile von der chinesischen Industrie dominiert. Hier komme es darauf an, in den einschlägigen internationalen Standardisierungs-Gremien auch der europäischen und österreichischen Industrie eine ausreichend laute Stimme zu geben, denn China setzt voll auf Engagement in der Standardisierung, um seine Marktposition in strategisch wichtigen Branchen zu fördern: Eine Initiative der EU-Kommission soll nun dafür sorgen, dass auch Europas Stimme entsprechend lauter wird. Branchenprofis, die sich in den Gremien einbringen, sind hochwillkommen, heißt es bei Austrian Standards.

Vorreiter bei PV-Großprojekten

90% der Österreicher*innen* wünschen sich in ihren Gemeinden einen größeren Einsatz an Photovoltaiktechnik. Gerade im städtischen Raum, wo viel Energie benötigt wird, sind Dachflächen meist privat und Freiflächen zugleich rar. Die Stadt Wien gehe daher mit gutem Vorbild voran und errichte Photovoltaikanlagen auf öffentlichen und stadtnahen Gebäuden und Flächen. Gleichzeitig spielen Partnerschaften mit Betrieben und Bauträgern eine große Rolle ebenso wie die stetig wachsende Zahl privater Sonnenstromanlagen.

„Bis 2040 will Wien klimaneutral werden. Wichtiger Hebel dafür ist die Sonnenstrom-Offensive. Unsere Zielkurve ist steil: Bereits im Jahr 2025 soll die Sonnenstrom-Leistung 250 MWp betragen, 2030 schon 800 MWp. Das ist nahezu das Zehnfache der heutigen Produktion mit dem Ziel, dass 2030 rund 350.000 Haushalte mit Sonnenstrom versorgt werden. Das ist nicht nur gut für Wien, sondern birgt auch viel wirtschaftliches Potenzial für die gesamte heimische PV-Industrie“, hielt Beatrix Rauscher bei der Veranstaltung fest: Sie ist Gruppenleiterin des Kompetenzzentrums „Bahninfrastruktur, Regulative Bau, Ingenieurservices, Normen“ in der Stadtbaudirektion. Betriebe, die sich für eine PV-Anlage interessieren, können sowohl auf Know-how wie auch einschlägige Förderungen hoffen.

Grundsätzlich möchte die Stadt „so technologieoffen wie möglich über Auswege aus der Klimakrise nachdenken“, so Rauscher: „Für Wien ist Photovoltaik einerseits praktikabel und – auch dank Standards – sicher, effizient und leistungsstark. Wir sehen unseren Sonnenstromfokus als wichtigen Hebel. Gerade auch, weil wir hier dank Normen sehr gut auf die spezifischen technischen PV-Anforderungen vorbereitet sind. Wir sind also schon in der erfolgreichen Umsetzung angekommen.“

Balkonkraftwerke sicher starten

Die steigende Akzeptanz für Photovoltaiktechnik geht Hand in Hand mit dem Wunsch, selbst zur/zum Energieproduzent*in zu werden. Die Sonne in Kombination mit innovativer Technik hat das in den letzten Jahren deutlich leichter gemacht. Der Wunsch geht vielerorts jetzt sogar zum „Balkonkraftwerk“, also steckerfertigen Mini-PV-Anlagen mit einer Maximalleistung von 800 Watt, die nicht am Dach, sondern am Balkon aufgestellt werden.

Dabei dienen elektrotechnische Normen und Standards der Sicherheit und Zuverlässigkeit von Produkten und Systemen, bei denen elektrische Energie im Spiel ist. Sie bilden die Basis für die gefahrlose Nutzung, wurde auf der Veranstaltung betont: Der sichere Umgang mit der Technologie bei der Errichtung dieser Anlagen ist u.a. Teil der OVE E 8101, der Errichtungsbestimmungen für elektrische Niederspannungsanlagen. Für die elektrotechnische Normung ist in Österreich per Gesetz der OVE, der Österreichische Verband für Elektrotechnik, zuständig. Zusätzlich gibt es mehrere OVE-Richtlinien, etwa zu den Themen Brandschutz, Blitz- und Überspannungsschutz, Netzanforderungen oder Blendung. Sie alle haben ein Ziel: Die Sicherheit und Funktionalität von Photovoltaik-Anlagen sicherzustellen, heißt es dazu.

Balkonkraftwerke stellen dabei aktuell eine besondere Herausforderung an die Normung dar: Es gelte hier, einen geeigneten Weg zu finden, der die Installation dieser Anlagen vereinfacht und gleichzeitig deren Sicherheit garantiert. Christian Gabriel, Geschäftsführer OVE Standardization, hob die starke Bedeutung der Standardisierung in diesem Bereich hervor: „Als elektrotechnische Normungsorganisation ist es unsere Aufgabe, die Sicherheit und Funktionalität von elektrischen Produkten, Anlagen und Systemen sicherzustellen. Die Energiewende ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Wir arbeiten daher intensiv daran, innovativen Technologien zum Erfolg zu verhelfen, indem wir durch entsprechende Normen zu deren Sicherheit, Zuverlässigkeit und Systemkompatibilität beitragen.“

Flughafen Wien setzt auf die ganz große Photovoltaik

In den letzten Wochen spürten Privathaushalte und Betriebe die anhaltend hohen Energiepreise. Gerade bei Aufrechtbleiben des Merit-Order-Prinzips ist der Antrieb, selbst mittels Photovoltaik zur/zum Produzent*in der eigenen Energie zu werden, hoch, heißt es dazu. Über jahreszeitliche Schwankungen und Speicherprobleme hinaus gibt es von prominenten Betreibern wie dem Flughafen Wien bereits Pläne für weitere PV-Projekte.

Die Gründe dafür beschreibt Hermann Ponweiser, Leiter Elektrische Energieversorgung der Flughafen Wien AG, so: „Bereits seit 2011 verfolgt der Flughafen Wien eine konsequente Klimaschutz- und Energiesparoffensive und hat dafür bereits viele Maßnahmen umgesetzt. Photovoltaik spielt dabei eine große Rolle: Aktuell betreibt der Flughafen Wien acht Photovoltaikanlagen, darunter mit 26 Hektar die größte Österreichs. 2023 werden die PV-Kapazitäten auf 45 Hektar erweitert, damit produziert der Airport künftig 40% seines Strombedarfs aus Sonnenergie. Seit Jänner 2023 führt der Flughafen Wien seinen Betrieb CO2-neutral.“ Dabei waren nicht nur die offensichtlichen technischen Herausforderungen in Sachen Planung, Errichtung und Einspeisung zu lösen, schildert Ponweiser: Der Flughafen Wien gehörte im 2. Weltkrieg zu den am stärksten bombardierten Orten Österreichs, bei Bauarbeiten muss daher auf die Gefahr von Blindgängern Rücksicht genommen werden. Für diese Aufgabe setzt Wiens Airport Spezialfirmen ein, denn die PV-Anlagen werden teilweise sechs Meter tief im Boden verankert.

Auch die Wiener Stadthalle, ein Unternehmen der Wien Holding, verfügt jetzt über eine PV-Anlage mit einer Fläche von rund 5.500 m² oder umgerechnet 21 Tennisplätzen in 25 Meter Höhe. „Dieses Projekt ist ein Meilenstein für die wichtigste Eventlocation des Landes und ein wesentlicher Schritt für die Nachhaltigkeitsstrategie der Wiener Stadthalle. Dem Team der Wiener Stadthalle ist es in dieser herausfordernden Zeit gelungen, das bedeutende Projekt im geplanten Zeitrahmen fertigzustellen. Unser Ziel ist es, durch das Zusammenspiel von Energiesparmaßnahmen sowie dem Ausbau weiterer Dachflächen in den nächsten fünf Jahren 100% des am Standort verbrauchten Stroms vor Ort grün zu erzeugen“, so Matthäus Zelenka, Geschäftsführer Wiener Stadthalle. Errichtet wurde die PV-Anlage am Dach der Wiener Stadthalle dabei während des Konzertbetriebs und unter Einhaltung der Auflagen des Denkmalschutzes – mit Komponenten aus Kärntner Produktion, so Zelenka.

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