Wien. Der VKI hat die Verbund AG wegen einer Preisänderungsklausel geklagt und nun vor dem Handelsgericht Wien gewonnen (nicht rechtskräftig): Strombörsen dürfen demnach nicht den Preis für Wasserkraft bestimmen.
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums das Energieunternehmen Verbund AG (Verbund) wegen einer Preisänderungsklausel geklagt, in der Preisänderungen an den ÖSPI gekoppelt wurden. Auf Grundlage dieser Klausel hatte der Verbund zum 01.05.2022 eine Preiserhöhung durchgeführt.
Die Klausel wurde jetzt vom Handelsgericht Wien (HG Wien) für unzulässig erklärt, teilt der VKI mit (Details hier): Damit falle die Rechtsgrundlage für die seit Mai 2022 verrechneten erhöhten Tarife weg. Die seit der Preiserhöhung auf Grundlage der Klausel verrechneten Entgelte sind nach Ansicht des VKI im Ausmaß des entsprechenden Erhöhungsbetrages zurückzuerstatten. Das Urteil (HG Wien 07.02.2023, 58 Cg 17/22s) ist nicht rechtskräftig. Die Verbund AG will gegen die Entscheidung berufen.
Das Problem
In den „Allgemeinen Geschäftsbedingungen Strom“ der Verbund AG befand sich im Jahr 2022 eine Preisanpassungsklausel, die auf den vom Börsenkurs abhängigen Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) referenzierte. Auf Grundlage dieser Klausel hat der Verbund am 01.05.2022 die Preise zahlreicher Verträge in Österreich angepasst.
Verbraucher*innen beklagten, dass der Energieanbieter, der „Strom zu 100% aus österreichischer Wasserkraft“ anpreist und große Strommengen aus Wasserkraft selbst erzeugt, seine Preise an einen vom Börsenkurs abhängigen Index bindet. Der VKI habe daher die Klausel umfassend geprüft und sei dabei zur Ansicht gelangt, dass es wesentliche rechtliche Argumente gegen eine Zulässigkeit der vom Verbund verwendeten Anpassungsklausel für Strompreise gibt.
Die Entscheidung
Das HG Wien bestätigte nunmehr die Rechtsansicht des VKI: Die Klausel war mit der Überschrift „Wertsicherung Arbeitspreis“ versehen; Verbraucher*innen konnten unter einer solchen Überschrift nicht erwarten, dass diese Klausel nicht dem Ausgleich der allgemeinen Inflation dienen soll, sondern eine Prognose des (zukünftigen) Großhandelspreises abbildet. Kund*innen eines Unternehmens, das ihnen gegenüber sowohl als Stromerzeuger als auch als Versorger auftritt, erwarten nicht, dass der Arbeitspreis anhand eines Index geändert wird, der den Großhandelspreis für die nächsten Monate prognostiziert. Die Klausel ist überraschend und nachteilig für die Kund*innen, so das HG Wien.
Das Gericht führt auch aus, dass nach den gesetzlichen Vorgaben das ursprüngliche Wertverhältnis zwischen der Leistung des Unternehmens und der Geldleistung der Verbraucher*innen möglichst korrekt beibehalten werden muss und daher keine „Zufallsgewinne“ zugunsten einer Vertragspartei ermöglicht werden sollen. Eine Klausel, die den ÖSPI als Berechnungsgrundlage für Preiserhöhungen des Arbeitspreises heranzieht, sei beim Verbund nicht sachgerecht, um die Verhältnismäßigkeit zwischen Leistung und Entgelt beizubehalten und somit unzulässig.
„Kunden haben bewusst keinen Stromhändler gewählt“
„Der Verbund tritt gegenüber Verbraucher*innen als Stromerzeuger und Versorger auf. Die Kunden haben bewusst nicht nur einen Stromhändler als Versorger gewählt, sondern mit dem Verbund ein Unternehmen als Vertragspartner, das angibt, den Strom selbst aus 100 Prozent Wasserkraft herzustellen. Es gibt daher keine sachgerechte Grundlage, warum der Verbund die Börsenpreise als Maßstab für eine – vermeintliche – Wertsicherung heranziehen können sollte“, führt VKI-Jurist Maximilian Kemetmüller aus: „Wir fordern den Verbund auf, Rückzahlungen im Ausmaß des entsprechenden Erhöhungsbetrages an Betroffene vorzunehmen.“