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Business, Recht, Steuer

Rankings: Österreich ist laut Deloitte zu wenig ambitioniert

Harald Breit ©Deloitte / feelimage

Wirtschaftsstandort. Österreich sei immer noch ein attraktiver Wirtschaftsstandort, doch es fehlt noch einiges auf die Spitzengruppe, so Big Four-Multi Deloitte.

In den wichtigsten internationalen Standortrankings verharre die Alpenrepublik seit Jahren im Mittelfeld. Laut der jährlichen Führungskräfte-Befragung „Deloitte Radar“ werde das langsam, aber sicher zu einem ernsthaften Problem für den Standort. Denn neben multiplen Krisen säge die Arbeitsmarktsituation an der Wettbewerbsfähigkeit. Um den Anschluss zur Spitze nicht endgültig zu verlieren, braucht es laut Deloitte deshalb seitens der Politik rasche ambitionierte Schritte.

Die Position

Im internationalen Vergleich zeige die Entwicklung der letzten zehn Jahre: Die Alpenrepublik hat sich im Mittelfeld der Industrienationen eingerichtet, viel Bewegung gibt es jedoch nicht. Im Deloitte Radar Europa-Ranking, dem Durchschnitt der herangezogenen Indizes, belegt Österreich aktuell nur Platz 10 – mit keiner Aussicht auf eine Verbesserung in Richtung Top-Positionen.

„Österreich hält sich im globalen Wettbewerb solide, aber vergleichbare Standorte sind mit Abstand vor uns. Unser Ziel sollten die Top 5 in Europa sein, dafür gibt es aber großen Handlungsbedarf: Vor allem der anhaltende Arbeitskräftemangel gepaart mit der anrollenden Pensionierungswelle bringt Herausforderungen mit sich, denen sich der Wirtschaftsstandort stellen muss“, so Harald Breit, CEO von Deloitte Österreich.

Arbeitsmarkt ist größte Herausforderung

Die für die Studie befragten 180 heimischen Führungskräfte unterstreichen das, heißt es: Mehr als zwei Drittel sehen die Rolle des Arbeitsmarktes als sehr wichtig an. Laut den Befragten ist Österreich hier im europäischen Vergleich noch relativ gut aufgestellt: 39% vergeben für den Arbeitsmarkt ein „Sehr gut“ oder „Gut“.

Der Großteil der Befragten (41%) rechne allerdings mit einer negativen Entwicklung. „Es fehlt in Österreich an Ambition, das Problem des Personalmangels strukturell zu lösen. Das ist gefährlich, denn der Arbeitskräftemangel wird uns noch lange begleiten“, so Breit.

Klare Schwächen finden sich bei der Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: 43% vergeben dafür ein „Genügend“ oder „Nicht genügend“. Auch die Attraktivität des Arbeitsmarktes für Expats lässt zu wünschen übrig. 38% benoten diese mit „Genügend“ oder „Nicht genügend“, 39% mit „Befriedigend“.

Die Unternehmen haben klare Vorstellungen, was nun zu tun wäre: So halten 90% steuerliche Erleichterungen bei Zuverdienstmöglichkeiten in der Pension für wichtig, 86% fordern die Senkung der Lohnnebenkosten für Arbeitnehmende ab 60 Jahren. Ein weiterer Punkt ist die aktive Zuwanderungspolitik: 86% bewerten diese für Schlüsselbranchen als wichtig. Ein erleichterter Arbeitsmarktzugang für Geflüchtete hat die Zustimmung von 83% der Befragten.

„Die Unternehmen haben die wichtigsten Stellschrauben identifiziert: Neben gezielten Zuwanderungsprojekten braucht es umfassende Qualifizierungsoffensiven sowie Aus- und Weiterbildungskampagnen“, so Elisa Aichinger, Partnerin im Consulting bei Deloitte Österreich: „Auch die flächendeckende Kinderbetreuung sowie die Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ort müssen laut den Führungskräften angegangen werden.“

Hohe Steuern mindern Standortattraktivität

Neben Versäumnissen bei der Digitalisierung entwickelt sich Österreich auch beim Standortfaktor Staat und Unternehmen schlechter als im Vorjahr. Lediglich ein knappes Viertel der befragten Führungskräfte vergebe für das Wirtschaftswachstum ein „Sehr gut“ oder „Gut“, 2022 war es noch fast die Hälfte. Die überbordende Bürokratie gilt weiterhin als Hemmschuh und wird nur von 6% mit „Sehr Gut“ oder „Gut“ bewertet. Auch die hohe Einkommensbesteuerung brennt unter den Nägeln – 59% der Unternehmen stellen dafür ein „Genügend“ oder „Nicht genügend“ aus.

„Die Abschaffung der kalten Progression war ein wichtiger Schritt, aber wir haben in Österreich ein Hochsteuersystem. Das wirkt sich negativ auf den Arbeitsmarkt aus. Mit derart hohen Kosten auf dem Faktor Arbeit werden wir die Personalressourcen aus anderen Ländern nicht anziehen können“, warnt Herbert Kovar, Managing Partner Tax & Legal bei Deloitte Österreich. „Auch besteht die Gefahr, dass internationale Unternehmen mit österreichischen Niederlassungen ins Ausland abwandern.“

Neun von zehn Befragten fordern die Senkung der Lohnnebenkosten sowie weitere Steuersenkungen auf Einkommen. Darüber hinaus nennen 87% Investitionsförderungen für Umwelttechnologien als wichtige Maßnahme zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit.

Die Ausbaugebiete

Die Alpenrepublik hat trotz Krisen ihre Qualitäten: Österreich schneidet im Bereich Infrastruktur weiterhin sehr gut ab, allerdings ist das Thema Versorgungssicherheit mit dem Ukraine-Krieg mehr in den Fokus gerückt. Jeweils rund 90% der befragten Unternehmen sehen den raschen Umbau des Energiesystems mittels erneuerbarer Energien, die Beschleunigung von Verfahren bei deren Ausbau und Investitionen in nachhaltige Verkehrssysteme deshalb als vorrangig an. Auch die hohe Lebensqualität sei immer noch ein Pluspunkt im internationalen Wettbewerb, beim sozialen Zusammenhalt und im Gesundheitssystem orten die Führungskräfte jedoch Rückschritte.

„Allen Krisen zum Trotz hat sich die allgemeine Stimmung im Vergleich zum letzten Herbst gebessert: Aktuell nehmen 70% der Führungskräfte eine positive Stimmung im Management wahr, im Oktober 2022 waren es nur 42%“, ergänzt Harald Breit. „Das ist gewissermaßen Zweckoptimismus, aber auch das Vertrauen in die eigene Resilienz.“ Die Politik sei gefordert, die Standortbedingungen zu verbessern, wozu auch mehr Engagement bei Forschung & Entwicklung zähle: Zwar zählt die Forschungsquote in Österreich mittlerweile zum Spitzenfeld, doch Deloitte bemängelt den Output: Bei der Zahl der Patentanmeldungen beispielsweise gehöre Österreich nicht zur Spitzengruppe.

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