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Bildung & Uni, Business, Recht, Steuer, Tools

Interview: Jährlich 10% Digital-Wachstum bei Manz

Susanne Stein-Pressl ©Isabella Abel

Fachverlage. Manz-Chefin Susanne Stein-Pressl spricht im Interview über den Unterschied zwischen der hauseigenen Manz-KI und ChatGPT, das geänderte Verhalten von Anwälten und Steuerberatern nach der Pandemie und mehr.

Extrajournal.Net: Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) ist derzeit viel im Gespräch. Wie sehr bewegt Manz als Fachverlag und Pionier auf dem Gebiet der Rechtsdatenbanken der Trend zu Artifical Intelligence (AI)-Algorithmen wie etwa ChatGPT?

Susanne Stein-Pressl: Auch wir setzen KI ein, allerdings nähern wir uns dem Thema von einer anderen Richtung. Zum Beispiel sucht unser RDB Genjus relevante Passagen in ähnlichen Dokumenten, während ChatGPT selbst Text schreibt. Es gibt also nicht nur eine Art von KI, sondern verschiedene. Systeme wie ChatGPT funktionieren zumindest derzeit noch nicht gut genug für die Bedürfnisse unserer Branche. Unsere Kunden, die Juristinnen und Juristen, wollen immer ganz genau wissen, was die Quelle für eine Aussage ist, also beispielsweise ein einschlägiges OGH-Urteil. Bei ChatGPT kommt dagegen auf ein- und diesselbe Frage schon mal eine andere Antwort, das mögen Juristen gar nicht. Grundsätzlich glaube ich aber schon, dass die aktuellen Fortschritte bei der KI große Umwälzungen bringen werden, so wie zuvor Computer, Handy usw.

In der Informationsflut ist die Qualität der Quellen entscheidend

Welche Auswirkungen wird die Digitalisierung letztendlich haben? Wird es beispielsweise eines Tages keine Bücher mit den bekannten bunten Umschlägen mehr auf der Uni geben?

Susanne Stein-Pressl: Es ist schwer zu sagen wie künftige Generationen lernen werden. Klar ist, dass angesichts der Informationsflut in der heutigen Zeit schon die Kinder lernen müssen zu hinterfragen: Wie gut ist eine Quelle? Wie zuverlässig ist eine Information? Finnland hat nicht umsonst ein eigenes Schulfach „Fake News“ eingeführt.

Wer Experte werden will, muss jedenfalls weiterhin Texte lesen und von ihnen lernen – aber tendenziell immer mehr digital?

Susanne Stein-Pressl: Mehr als die Hälfte unseres Umsatzes kommt inzwischen durch digitale Produkte. Die Pandemie hat dieser Entwicklung einen Schub verpasst. Gerade bei Anwaltskanzleien ist das der Fall – je größer die Kanzlei, desto mehr tendiert sie zum Digitalen, auch wegen dem Trend zum dislozierten Arbeiten. Wie die Tools verwendet werden, hängt dabei stark von der Altersgruppe ab. Wir bieten sowohl das digitale Nachschlagen an, was gerade von der älteren Generation gerne verwendet wird, wie auch eine Stichwort-Suche, die die Google-Generation eher bevorzugt.

Digitale Tools helfen beim Erstellen von Verträgen

Werden die digitalen Tools von Manz in manchen Bereichen auch zum Schreiben von Rechtstexten verwendet?

Susanne Stein-Pressl: Ich würde es eher mit dem Einsatz von Vertragsmustern vergleichen, den es ja schon immer gegeben hat. Ein nicht so kleiner Teil der User schreibt sogar immer noch Textvorlagen ab, statt sie digital zu kopieren. Wir möchten den Bedürfnissen unserer Kunden jedenfalls entgegenkommen und haben daher unsere digitale Klausel-Bibliothek gestartet, die dazu eingesetzt wird, einzelne Passagen von Vertragsmustern an die jeweiligen Bedürfnisse anzupassen. Gestartet sind wir damit im vergangenen Herbst, im Gesellschaftsrecht.

Wie geht es den Fachverlagen in der aktuell schwierigen Zeit? Die Inflation ist hoch, die Zinsen steigen. Die Verlagsbranche beklagt insbesondere die hohen Papierkosten.

Susanne Stein-Pressl: Die Papierpreise sind explodiert, das kann man ruhig so sagen. Es geschah noch dazu in einer Phase, in der wir auf für Nachhaltigkeit zertifiziertes Papier umsteigen wollten. Ein solches hat beispielsweise einen höheren Altpapier-Anteil und verringert insgesamt unseren CO2-Fußabdruck. Trotz des Preisschubs war es uns aber möglich, die Umstellung durchzuführen, es ist mittlerweile auch eine Beruhigung am Markt eingetreten. Wir haben gleichzeitig auch unsere Fachzeitschriften umgestellt und verpacken sie nicht mehr in Folie (Folierung), sondern haben auf elektrostatische Bündelung umgestellt, was übrigens gar nicht teurer ist als der Einsatz von Folie. Die Adresse drucken wir jetzt einfach auf die Rückseite. Letztendlich hat es aber auch bei uns eine Preisanpassung geben müssen, wir haben an den Verbraucherpreisindex angepasst.

Das Papierprodukt wird demnach nicht so teuer, dass Sie jetzt verstärkt auf digitale Produkte umsteigen müssen?

Susanne Stein-Pressl: Letztendlich geben die Kunden vor, wie ein Produkt erscheint. Es hängt nicht unmittelbar von den Kosten ab, aber es ist eine Tatsache, dass pro Jahr etwa 10 Prozent mehr Kunden zum digitalen Produkt greifen.

Die Zukunft von Manz am Kohlmarkt

Sie haben angekündigt, die bekannte Manz-Buchhandlung am Kohlmarkt zu schließen. Sehr wohl wird es einen Stock höher aber weiterhin Veranstaltungen von Manz geben – in der Beletage, wie man in Wien sagt. Auch Bücher und Zeitschriften werden dort ausgestellt sein. Ändert sich also in Wahrheit gar nicht so viel?

Susanne Stein-Pressl: Wir waren immer schon Versandbuchhandlung und bleiben das natürlich auch weiterhin. Auch die Rechtsakademie bleibt an dem Standort Kohlmarkt, und es gibt dort auch Printprodukte zu sehen, aber die wird man – abseits von den Veranstaltungen – eben nur nach Voranmeldung zu Gesicht bekommen können. Es war eine Kombination von Faktoren, die zur Schließung des Buchgeschäfts geführt haben. Der wichtigste davon war, dass die Kunden in der Pandemie ausblieben und dann im Gegensatz zu anderen Branchen nicht wieder gekommen sind. Die Veranstaltungen der Rechtsakademie sind dagegen wieder voll da und haben sich stark entwickelt. Das Seminargeschäft läuft bereits seit dem Frühjahr 2022 so wie vor Corona, kann man sagen.

Für Fortbildung nehmen sich die Kunden Zeit, es ist ja auch der soziale Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen ein wichtiger Faktor großer Veranstaltungen. Zum Beispiel war die Erbrechtstagung Salzburg ein großer Erfolg. Bei kurzen Veranstaltungen, die nur wenige Stunden dauern oder sehr weit entfernt sind, präferieren dagegen viele Kunden auch die Online-Variante. Es wird also weiterhin beides geben – sowohl große Veranstaltungen wie auch die virtuelle Seminar-Schiene für die kleineren Events.

A propos Fortbildung: Welche Themen wird das Fachpublikum im Rechts- und Steuerbereich heuer verstärkt im Blick behalten müssen? Digitale Tools, wirtschaftliche Umbrüche wie die Rückkehr von Inflation und Zinsen?

Susanne Stein-Pressl: CSR bleibt stark im Fokus, die Verpflichtung zu Nachhaltigkeitsberichten kommt, die Wirtschaftsprüfer bereiten sich bereits intensiv darauf vor. Digitale Tools sind natürlich weiterhin ein Thema für uns, ohne dass es heuer hier eine besondere Veränderung in der Gesamtsituation gäbe. Inflation und Zinsen tangieren vor allem die Steuerberater und Anwälte, die es teilweise auch als Wiedererwachen der Insolvenzen erleben. Allerdings ist die Ursache keine gesetzliche Neuregelung, sondern nach zwei Jahren, in denen die Corona-Regeln viele Betriebe am Leben erhalten haben, steigen die Insolvenzzahlen wieder und das Thema Insolvenzrecht wird dadurch wieder bedeutsamer. Große Gesetzesvorhaben, die für uns als Fachinformationsanbieter immer von großer Bedeutung sind, zeichnen sich dagegen im Moment nicht ab.

Einen großen Wurf erhoffen wir uns von unserem neuen Kommentar zur Zivilprozessordnung (ZPO) von Oberhammer und Kodek, den wir im Herbst veröffentlichen wollen, und der handlicher als der bereits bestehende große Fasching-Kommentar angelegt ist. Ein großes Team von Autorinnen und Autoren steht dahinter, so wie ja überhaupt die Rechtsliteratur sich in den letzten Jahrzehnten enorm ausdifferenziert hat. Professor Fasching konnte seinerzeit seine ersten Großkommentare zur ZPO tatsächlich noch von der ersten bis zur letzten Seite selbst schreiben, heute dagegen arbeiten Teams von 60 oder mehr Autoren an einem solchen Werk. Der Fachverlag Manz ist auf dem Markt für juristische und steuerliche Fachinformation jedenfalls insgesamt gesehen am breitesten aufgestellt. Von Gesetzeskommentaren bis zu Software, die wir in unserer IT-Tochter selbst programmieren, arbeiten rund 170 Beschäftigte in der Manz-Gruppe.

Im Interview

Mag. Susanne Stein-Pressl ist Geschäftsführende Gesellschafterin der MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH.

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