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Bildung & Uni, Business, Recht

Macht Wettbewerb unmoralisch? 45 Studien geben Antwort

©ejn

Gesellschaft. Wie beeinflusst Wettbewerb moralisches Verhalten? Negativ – oder sogar positiv? Eine internationale Meta-Studie mit Forschern der Uni Innsbruck wertete jetzt 45 Untersuchungen dazu aus. Das Ergebnis.

Wirken Märkte, wie bereits durch Adam Smith argumentiert, zivilisierend und machen Marktteilnehmer*innen dadurch moralischer? Oder sind Vordenker wie Karl Marx und Thorstein Veblen der Wahrheit näher und moralisches Verhalten wird in Marktwirtschaften Profitinteressen untergeordnet? Die Frage nach dem Einfluss von Wettbewerb auf die Moral lässt sich auf den Beginn der modernen sozialwissenschaftlichen Forschung zurückverfolgen, eine eindeutige Antwort fehlt aber bisher, so die Uni Innsbruck.

Forscher*innen um Felix Holzmeister, Michael Kirchler und Jürgen Huber von der Universität Innsbruck nutzten diese offene Fragestellung gemeinsam mit Kolleg*innen aus Wien, Stockholm und Amsterdam als Ausgangspunkt für eine kürzlich in PNAS publizierte Meta-Studie (Huber, Dreber, Huber, Johannesson, Kirchler, Weitzel, …, Holzmeister: „Competition and moral behavior: A meta-analysis of forty-five crowd-sourced experimental designs“). Die Rohdaten haben die Autor*innen online zur Verfügung gestellt.

„Wir wollten anhand dieser Frage untersuchen, wie groß die Variabilität von experimentellen Forschungsergebnissen sein kann, wenn dieselbe Frage mit unterschiedlichen Studiendesigns adressiert wird“, erläutert Felix Holzmeister vom Institut für Wirtschaftstheorie, -politik und -geschichte der Uni Innsbruck, Ko-Autor der Studie.

45 Studiendesigns

Normalerweise werden experimentelle Studien mit nur einem Studiendesign durchgeführt; Forscher*innen entscheiden darüber, wie Moral und Wettbewerb in einem Experiment abgebildet werden soll. „Es scheint naheliegend, dass das Studiendesign das Ergebnis einer Studie unmittelbar mitbestimmt, genauso wie die Stichprobe der Befragten und die Auswertungsmethode. Wie groß der Einfluss des Studiendesigns auf das Ergebnis tatsächlich ist, ist mangels empirischer Belege bislang aber weitgehend unklar“, sagt Holzmeister.

Um den Effekt des Studiendesigns auf Studienresultate zu untersuchen, starteten die Forscher*innen einen Aufruf an Kolleg*innen, Studiendesigns zur bewusst offen gehaltenen Frage nach dem Einfluss von Wettbewerb auf moralisches Verhalten einzureichen – am Ende landeten sie bei 45 unterschiedlichen Experimenten, eingereicht von 88 Forscher*innen von 75 unterschiedlichen Institutionen in 18 Ländern. Um andere Effekte weitgehend auszuschließen, wurden die Proband*innen aus demselben Teilnehmer*innenpool rekrutiert und die Daten der 45 einzelnen Studiendesigns mit denselben statistischen Tests ausgewertet. Insgesamt nahmen über ein Online-Portal mehr als 18.000 Personen an einer der 45 Studien teil.

Eine Meta-Analyse der 45 individuellen Studienergebnisse lässt auf einen schwach ausgeprägten negativen Effekt von Wettbewerb auf moralisches Verhalten schließen. Allerdings ist die Variabilität der Ergebnisse substanziell: Während viele der Studien insignifikante Ergebnisse liefern, deuten sieben Studien auf einen signifikant negativen, zwei Studien auf einen signifikant positiven Effekt hin. „Die Antwort auf die Frage nach dem Einfluss von Wettbewerb auf moralisches Verhalten hängt also entscheidend davon ab, welches Studiendesign gewählt wird“, erklärt Felix Holzmeister.

Unbeachtete Unsicherheit

Jedes einzelne der 45 Experimente hätte potenziell als unabhängige wissenschaftliche Studie durchgeführt und veröffentlicht werden können. Von einem einzelnen Resultat – basierend auf einem einzelnen Studiendesign – auf eine generalisierte Aussage zu schließen, birgt dementsprechend erhebliche Tücken. Die Unsicherheit darüber, ob ein alternatives Studiendesign zur selben Schlussfolgerung geführt hätte, bleibt bisher meist unberücksichtigt.

„Die Tatsache, dass die Effekte zwischen den verschiedenen Studiendesigns so stark variieren, zeigt, dass Forscher*innen vorsichtig sein sollten, wenn es darum geht, verallgemeinernde Schlussfolgerungen aus einem einzigen Studiendesign zu ziehen“, sagt Christoph Huber vom Institut für Märkte und Strategie an der WU Wien, einer der Ko-Autoren der Studie.

Der Ansatz der Innsbrucker Autoren zeige einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma auf: Anstelle von vielen unabhängigen Studien erlaubt der Ansatz des „Team Science“ Forscher*innen, deutlich größere Datenerhebungen durchzuführen, in denen verschiedene vertretbare Studiendesigns systematisch umgesetzt werden, um generalisierbare Schlussfolgerungen zu ziehen. Auf diese Weise könne die Unsicherheit aufgrund der Variabilität von Ergebnissen durch unterschiedliche Studiendesigns nicht nur bemessen, sondern auch gezielt genutzt werden, um den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess zu beschleunigen.

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