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Eine Viertelmillion Schweine auf Achse: Unis nehmen Handel unter die Lupe

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Agarsektor. Drei Forschungsinstitute kartieren erstmals das österreichische Schweinehandelsnetz mit 250.000 Transporten jährlich: Ziel ist weniger der Tierschutz als die Verhinderung von Epidemien.

Die Verbringung von Schweinen stellt ein Risiko bei der Ausbreitung von Infektionskrankheiten dar, heißt es: Entsprechend wichtig sei es zu wissen, wie Betriebsstätten (z.B. Bauernhöfe, Märkte, etc.) miteinander verbunden sind. In einer Studie des Complexity Science Hub Vienna, der Veterinärmedizinischen Universität Wien und der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) zeichnen Forschende nun erstmals eine Landkarte des Schweinehandels in Österreich.

Eine Viertelmillion Schweine auf der Reise

Pro Jahr finden in Österreich rund 250.000 Verbringungen von Schweinen statt. Jede davon berge ein gewisses Risiko etwaige Infektionskrankheiten zu verbreiten. „Wir haben anonymisierte Bewegungsdaten von Schweinen analysiert, die zwischen 2015 und 2021 in Österreich gehandelt wurden. Diese Daten umfassen alle Verbringungen von der Geburt bis zum Schlachthof“, so Gavrila A. Puspitarani, Forscherin am Complexity Science Hub und an der Veterinärmedizinischen Universität Wien.

Darauf aufbauend erstellten die Wissenschafter:innen ein Netzwerk, das den innerstaatlichen Handel zwischen den Betriebsstätten in Österreich abbildet. „Mit diesen Einblicken in den Schweinehandel können wir Tierärzt:innen und anderen Stakeholdern wertvolle Unterstützung bei der Entwicklung von datenbasierten Ansätzen zur Kontrolle von Krankheiten und zur Erleichterung von Präventionsmaßnahmen bieten“, so Amélie Desvars-Larrive vom Complexity Science Hub und der VETMED.

Die Ergebnisse dieser Studie können außerdem als Input für die Entwicklung von prädiktiven epidemiologischen Modellen dienen, welche die Übertragung von Krankheiten zwischen Betrieben simulieren, so die Forschenden. Der Artikel „Network analysis of pig movement data as an epidemiological tool: an Austrian case study“ von Gavrila A. Puspitarani, Reinhard Fuchs, Klemens Fuchs, Andrea Ladinig und Amélie Desvars-Larrive wurde in Scientific Reports veröffentlicht.

Wo es Risiken gibt

Durch die Analyse der Netzwerkstruktur konnten die Wissenschafter:innen ermitteln, wo die größten Risiken liegen. Typischerweise sei das in Gebieten mit hoher Tierdichte und häufigen Verbringungen. In Österreich gibt es hier große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Der Studie zufolge besteht das größte Risiko in Oberösterreich und der Steiermark, da in diesen Regionen fast die Hälfte (46 Prozent) aller Betriebe mit erheblicher Handelsaktivität angesiedelt ist. „Wenn dort eine Infektionskrankheit ausbricht, könnte sie sich schneller ausbreiten als beispielsweise in Vorarlberg, wo die Schweine- und Betriebsdichte viel geringer ist“, so Desvars-Larrive. Die Studie zeige auch, dass die überwiegende Mehrheit der Verbringungen von Schweinen innerhalb der einzelnen Bundesländer und nur selten zwischen den Bundesländern stattfindet. Dies erhöhe die Chance, Infektionskrankheiten schnell und regional bekämpfen zu können, bevor sie sich landesweit ausbreiten.

Der größte Betrieb hat 15.000 Schweine

Grundsätzlich sei das Schweinehandelsnetz in Österreich nicht stark vernetzt, was bedeutet, dass die Handelshäufigkeit zwischen den Betrieben relativ gering ist, ähnlich wie beispielsweise in Georgien oder Nordmazedonien. Im Gegensatz dazu bestehen zwischen den Schweinehaltungsbetrieben in Deutschland oder Frankreich engere Verbindungen. Einige Handelswege führen zudem über große Entfernungen, was eine großflächige und weiträumige Ausbreitung der Krankheit begünstigen könnte. Importe und Exporte spielen in Österreich eine untergeordnete Rolle: Im Jahr 2021 lag der Selbstversorgungsgrad in der Schweinefleischproduktion bei 103 Prozent und weniger als zwei Prozent der Schweine kamen aus dem Ausland oder wurden ins Ausland exportiert.

Das Netzwerk in Österreich bestehe vorwiegend aus sehr kleinen Betrieben: Rund 60 Prozent halten weniger als fünf Schweine. Am anderen Ende des Spektrums gibt es eine geringe Anzahl von besonders großen Betrieben. So zählte der größte Betrieb mehr als 15.000 Tiere. Insgesamt zeige die Analyse, dass das Netzwerk in Österreich sehr stabil ist. Gleichzeitig unterstreicht sie die wichtige Rolle von besonders vernetzten Betrieben, also von „Super-Empfängern“ (die viele Schweine aufnehmen) und „Super-Verbreitern“ (die viele Schweine abgeben). Sie könnten z.B. als „Wächter“ für die Seuchenerkennung genutzt werden. „Österreich bietet gute Voraussetzungen für die Etablierung von konsequenten und langfristig nutzbaren Überwachungs- und Präventionsstrategien“, so Puspitarani.

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