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Startups: Auf Big Spender folgen die sieben Zwerge

Florian Haas ©EY / Robert Herbst

Finanzierungen. Es gibt um 60 Prozent weniger Kapital für Startups in Österreich: Statt einiger großer tummeln sich aber immerhin viele kleine Geldgeber am Markt, so eine EY-Studie.

Nach drei Rekordhalbjahren zwischen 2021 und Mitte 2022 hat sich das Volumen, das Geldgeber:innen in Österreichs Startups investieren, auch in den ersten sechs Monaten 2023 reduziert. Eine Gesamtsumme von 356 Millionen Euro bedeute ein Rückgang um 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das sei aber immer noch die größte lukrierte Summe mit Ausnahme der beiden Boom-Jahre, hält Beratungsmulti EY in einer aktuellen Aussendung fest. Und noch einen positiven Aspekt gibt es: Eine starke Entwicklung gab es bei der Anzahl der Finanzierungsrunden, die entgegen dem internationalen Trend auf eine neue Bestmarke um rund 15 Prozent von 79 auf 91 gestiegen ist.

Keine Mega-Runden, aber Mega-viele Runden

Die Finanzierungsrunden in Österreich sind im ersten Halbjahr dementsprechend kleiner geworden, Mega-Runden wie in den Vorjahren blieben diesmal die Ausnahme: So wurden nur noch zwei Finanzierungsrunden mit einem Volumen von mehr als 50 Millionen Euro gezählt, im Vorjahr waren es noch fünf.

Der Rückgang bei großen Wachstumsrunden lasse sich auf die Zurückhaltung internationaler Investorengruppen zurückführen, weshalb auch erstmals seit Erhebungsbeginn weniger als die Hälfte (38%) des Gesamtfinanzierungsvolumens von rein ausländisch besetzten Investorengruppen bereitgestellt wurden – im Vorjahr waren das noch 73 Prozent. Die Gesamtsumme, die rein ausländisch besetzte Investorengruppen in Österreichs Startups stecken, ist im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 um 80 Prozent von 647 Millionen Euro auf 134 Millionen Euro gesunken, so das aktuelle „Start-up Investment Barometer“ von EY. Berücksichtigt wurden laut den Angaben veröffentlichte Finanzierungsrunden in Unternehmen mit Hauptsitz in Österreich, deren Gründung höchstens zehn Jahre zurückliegt.

Österreicher soll dranbleiben

„Die aktuelle Entwicklung des Startup-Ökosystems in Österreich hat zwei Seiten: Zum einen ist ein Anstieg der Finanzierungsrunden auf einen neuen Höchstwert in diesem herausfordernden Umfeld ein starkes Signal. Auf der anderen Seite gibt es, wie momentan überall auf der Welt, einen deutlichen Rückgang der Mega-Runden und Volumina, die in Österreich sehr stark von internationalen Investorengruppen getrieben sind. Deren aktuelle Zurückhaltung führt dazu, dass erstmals Geldgeber:innen mit Sitz in Österreich auch bei der Mehrheit der Finanzierungsrunden involviert waren. Ziel muss es sein, dass der Anteil der heimischen Investor:innen insbesondere bei Wachstumsfinanzierungen weiter steigt und auch dann noch hoch ist, wenn die Zurückhaltung großer internationaler Investorengruppen am Risikokapitalmarkt wieder mehr Risikofreude weicht“, so Florian Haas, Head of Startup bei EY Österreich.

Von den mindestens 213 öffentlich bekannten Investor:innen, die in heimische Startups investiert haben, kamen im ersten Halbjahr 2023 immerhin 141 – und damit zwei Drittel – aus Österreich. Das ist ein deutlicher Anstieg um rund 50 Prozent im Vergleich zu 2022, als der Anteil bei 54 Prozent lag. Am zweithäufigsten waren 2023 Investor:innen mit Hauptsitz in Deutschland vertreten (26). Es folgen Investor:innen aus den USA (11) und der Schweiz (9).

Am Anfang ist es (beinahe) leichter

Der hohe Anteil an heimischen Investor:innen im ersten Halbjahr 2023 sei neben dem Rückgang an großen Finanzierungsrunden im zweistelligen Millionenbereich auch auf einen deutlichen Anstieg im Frühphasenbereich von bis zu einer Million Euro zurückzuführen. Hier nahmen 55 heimische Startups frisches Kapital auf – um ein Viertel mehr als im ersten Halbjahr 2022.

Bei frühphasigen Investmentrunden sind dementsprechend auch klar heimische Investorengruppen führend: In Pre-Seed- (73%) und Seed-Finanzierungsrunden (75%), bei denen Angaben zu Investor:innen und der Art der Finanzierungsrunde bekannt sind, stellten sie jeweils rund drei Viertel der Kapitalgeber:innen. Das ändere sich, sobald es von der Anschub- zur Wachstumsfinanzierung geht: Bei Finanzierungsrunden ab Series-A liegt der Anteil unter 50 Prozent.

Dementsprechend sei auch der durchschnittliche Anteil inländischer Investor:innen bei den 32 registrierten Seed-Finanzierungsrunden am höchsten: Hier haben durchschnittlich gut zwei von drei Investor:innen (69%) ihren Hauptsitz in Österreich. Bei Pre-Seed-Runden liegt dieser Anteil bei 50 Prozent. Bei den zwölf höheren Finanzierungsrunden (Series A, Series B und Series C) hingegen ist jeweils nur durchschnittlich rund jede:r dritte Investor:in aus Österreich.

Das schwierige Dasein der Scale-ups

„Die Anschubfinanzierung funktioniert in Österreich traditionell sehr gut und hat sich auch im schwierigen ersten Halbjahr 2023 hervorragend entwickelt: Mehr heimische Investor:innen denn je haben in mehr heimische Startups denn je finanziert. Die Kehrseite der Medaille: Ohne internationale Investorengruppen sind Wachstumsfinanzierungen immer noch schwer oder gar nicht zu stemmen, was gerade Scale-ups in eine schwierige Situation bringt. Nur eine nachhaltige Stärkung des heimischen Kapitalmarkts und dringend notwendige Anreize für Risikokapital-Investitionen von Privatpersonen und institutionellen Investor:innen können langfristig internationales Wachstum antreiben“, so Haas.

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