Grönland. Die Uni Graz baut die Forschungsstation Sermilik in Ostgrönland aus: Der neue Standort bietet Platz für 25 Forscherinnen und Forscher.
Die Universität Graz errichtet laut einer Aussendung mit großzügiger Unterstützung von Christian Palmers am Standort der Forschungsstation Sermilik in Ostgrönland ein neues Haus, das Platz für 25 Forscher:innen bietet. Die Station ist dabei so ausgestattet, dass sie das gesamte Jahr hindurch genutzt werden kann – also auch im arktischen bzw. grönländischen Winter: Im Sommer biete Sermilik Platz für die volle Personenzahl. Im Winter werde dagegen nur der untere Teil der Station verwendet, um Energiekosten zu sparen, wodurch der Platz in den Wintermonaten auf sechs Personen beschränkt ist.
Expedition zur neuen Station
Anfang September 2023 reiste eine Delegation der Universität Graz gemeinsam mit Christian Palmers (der Enkel des Gründers der Palmers-Unternehmensgruppe) nach Ostgrönland zum Pre-Opening des Neubaus an der Forschungsstation Sermilik. Mit Unterstützung von Palmers erweitere die Universität Graz die bestehende Station der Universität Kopenhagen.
Ab Sommer 2024 soll das Haus in Vollbetrieb gehen. Außen ist Sermilik bereits fertig, heißt es dazu, doch die Innenarbeiten hätten sich leider verzögert: Baumaterial könne nur mit dem Lastenschiff zur Station gebracht werden und wegen der außergewöhnlich hohen Sommertemperaturen trieben so viele Eisberge im Fjord, dass es für das Lastenschiff zu gefährlich war, die Station anzufahren. Im September können die Arbeiten nun fortgesetzt werden, sodass das Polar-Team der Uni Graz mit einer Fertigstellung im Frühsommer 2024 rechnen dürfe, heißt es auf Anfrage.
Ein Außenposten in der Arktis
Die Station liegt im einsamen Sermilik-Fjord, sozusagen ein Stückchen Zivilisation inmitten der unberührten Arktis: „Wir haben die Station in ihrer heutigen Ausstattung Palmers zu verdanken. Es war seine Initiative, die den Stein ins Rollen brachte“, so Peter Riedler, Rektor der Universität Graz. „Österreich hat eine lange Tradition in der Polarforschung, Carl Weyprecht hat sogar das internationale Polarjahr ins Leben gerufen. Dennoch hat das Land keine eigene Forschungsstation in der Region“, erklärt Palmers. „Die Universität Graz mit ihrer langen Tradition Erforschung der Arktis hat das Angebot, eine Station für die österreichische Polarforschung zu bauen, gerne aufgenommen“, so Riedler: „Das passt hervorragend in unser Portfolio als Universität mit einem großen Forschungsschwerpunkt im Bereich Klimawandel.“
Die Forscher in Grönland
Bereits seit den 1970er-Jahren betreibt die Universität Kopenhagen vor Ort eine kleine Forschungsstation mit sechs Schlafplätzen. Ein Faktor, der für die Wahl des Standorts entscheidend war, erklärt Wolfgang Schöner, Professor am Institut für Geografie und Raumforschung der Universität Graz. Der nahe der Station gelegene Mittivakat-Gletscher sei einer der am besten untersuchten Gletscher Grönlands.
„Daher ist hier ein perfekter Platz, um die von der Erderwärmung verursachten Veränderungen der grönländischen Gletschern zu erkennen und zu verstehen. Hier knüpfen wir mit unserer Forschung an und leisten einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Klimaveränderungen in den nördlichen Polarregionen“, so Schöner.
Mit einer Spende von rund 1,6 Millionen Euro finanziere Palmers den Löwenanteil der Errichtungskosten. Mit diesen Mitteln wird das Haus gebaut, das auch dadurch heraussticht, dass es zwei Geschosse hat. „Uns war wichtig, dass die Besucher:innen der Station sich wohlfühlen“, erklärt Schöner. „Nur so wird gute Forschung und Ausbildung zustande kommen.“ Im Erdgeschoss befinden sich Küche und Gemeinschaftsraum, im Obergeschoss Zimmer mit je zwei Stockbetten.
Von Diesel auf Sonne umgeplant
Bei der Energieversorgung erweiterte die Universität Graz das ursprüngliche Projekt, erklärt Rektor Riedler: „In den ersten Plänen sollte ein Dieselgenerator den Strom bereitstellen. Als Universität mit einem großen Schwerpunkt im Bereich Klimawandel kam uns das unpassend vor.“ Das Gebäude werde daher durch eine Photovoltaik-Anlage mit Stromspeicher erweitert. Die dadurch entstehenden Zusatzkosten von rund 200.000 Euro finanziert die Universität. „Die Station wird natürlich primär im Sommer genutzt, wir haben aber das Ziel, dass die Energie- und Wasserversorgung so gestaltet ist, dass sie fast das ganze Jahr nutzbar ist“, sagt Riedler. Da im Jänner die Ausbeute der Solarenergie zu gering ist, gibt es als Reserve allerdings immer noch einen Dieselgenerator.
Rektor Riedler betont: „Die Station wird zwar von der Universität Graz betrieben, steht jedoch als Standort der österreichischen Polarforschung Wissenschaftler:innen aller Universitäten und Fachrichtungen offen.“ Dabei sei es der Universität ein Anliegen, dass die Forschung auch für die Bevölkerung Ostgrönlands von Nutzen ist, die großteils im 15 Kilometer entfernten Tasiilaq wohnt. „Der Sturmwind Piteraq ist eine stetige Bedrohung für die Menschen hier vor Ort“, erklärt Klimaforscher Schöner. Deshalb untersuche man auch gerade in Zusammenarbeit mit dänischen und norwegischen Forscher:innen, welche Auswirkungen der Klimawandel auf dieses Wetterphänomen hat.
Ideen für Forschung vor Ort gesucht
Bis zum Frühjahr 2024 sollen auch die Innenausbauten fertig sein und die Station den Vollbetrieb starten. Interessierte Forscher:innen können sich bereits mit Projekt-Ideen an die Universität Graz wenden, so die Uni. Prof. Schöner plane im Sommersemester des kommenden Jahres auch eine Exkursion mit Studierenden an die Forschungsstation Sermilik.