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Tipps für Unternehmenskäufe: Stress und leere Kilometer vermeiden

Georg Bruckmüller ©Bruckmüller RechtsanwaltsgmbH

Webinar. Wirtschaftsanwalt Georg Bruckmüller, Vortragender der BMD Akademie, spricht im Interview über die richtige Planung von Unter­nehmens(ver-)käufen und drohende Stolpersteine.

Extrajournal.Net: Ihr Webinar am 23.10. bei der BMD Akademie trägt den Titel „Unternehmenskauf richtig gestalten“. Was ist die Motivation dafür, wo brauchen Profis Unterstützung und wo liegen die Fallen?

Georg Bruckmüller: Meine Motivation ist, dass ich in der anwaltlichen Beratungstätigkeit immer wieder sehe, dass gute Planung eines Unternehmenskaufs oder -verkaufs die halbe Miete ist. Gerade die Verkäufer sind oft mit der Situation konfrontiert, dass ein Verkauf für sie ein einmaliges Ereignis in ihrem Unternehmerdasein ist. Der Entschluss, das eigene Unternehmen zu verkaufen, erfolgt vielleicht wegen des Pensionsantritts, weil keine Nachfolger da sind oder weil es strategisch sinnvoll ist einen Investor hereinzunehmen. Unternehmenskäufer haben dagegen häufig mehr Erfahrung mit solchen Transaktionen. Eine gute Strukturierung ist aber immer wichtig, insbesondere weil die Blickpunkten so verschieden sind.

Welche häufigen Fehler stellen Sie in der Praxis fest?

Georg Bruckmüller: Es geht darum, nicht unnötig leere Kilometer zu machen. Am Anfang redet der Verkäufer mit vielen Personen, etwa mit dem Steuerberater, Unternehmensberater, vielleicht schon mit potenziellen Kaufinteressenten. Durch die richtige Planung und Beratung im Vorfeld kann man frühzeitig herausfinden, ob die erwünschten Vorstellungen überhaupt realisiert werden können. Dadurch lassen sich auch die Kostenfür eine Transaktion geringer halten. Die richtige Strukturierung des Deals, auch in zeitlicher Hinsicht erhöht die Erfolgsquote gewaltig.

Schritt für Schritt zum Ziel

Sie sprechen von Strukturierung eines Unternehmenskaufs, welche Maßnahmen empfehlen Sie dabei?

Georg Bruckmüller: Oft ist klar, was man will, aber nicht das Wie. Daher ist es wichtig, sich frühzeitig beraten zu lassen. Man braucht ein Transaktionsteam, das sich verschiedenen Aspekten widmet – rechtlich, steuerlich, betriebswirtschaftlich. Ein Unternehmen ist ein komplexes Gebilde, mit Mitarbeitern, Anlagen, bestehenden Geschäftsbeziehungen, IP-Rechten usw. Und die typische Ungleichgewichtssituation bei einem Unternehmenskauf sieht so aus: Der Verkäufer kennt sein Unternehmen sehr gut, meistens wie seine eigene Westentasche. Der Käufer dagegen kennt es wenig. Wenn die Verhandlungen beginnen, will der Verkäufer möglichst wenig preisgeben, denn der Deal könnte ja noch scheitern. Der Käufer dagegen möchte natürlich möglichst viel in Erfahrung bringen um das Risiko zu vermindern. Daher ist es nötig, den Deal durch Vereinbarungen im Vorfeld zu strukturieren und sich sozusagen Schritt für Schritt auch rechtlich anzunähen. Dafür gibt Vertragstypen wie

  • Letter of Intent
  • Term Sheet
  • Memorandum of Understanding

In diesen Vereinbarungen werden die Grundlagen der Zusammenarbeit, die Struktur der abzuschließenden Verträge und bestimmte Details des angestrebten Kaufs immer genauer festgelegt, so können sich beide Seiten schrittweise einander annähern.

Was kann schiefgehen, wenn die strukturierte Vorgehensweise nicht eingehalten, sondern sozusagen spontan gekauft wird?

Georg Bruckmüller: Ein kapitaler Fehler, der in der Praxis leider häufig auftritt: Die Seite A geht zum Anwalt und sagt: „Wir haben mit Firma B den Verkauf besprochen und sind uns einig. Setz’ den Vertrag auf.“ Der Anwalt tut das: Er setzt einen fix- und fertigen Vertrag auf, der natürlich vor allem von den Interessen seines Mandanten geprägt sein wird. Dieser Vertrag wird der Gegenseite dann auf den Tisch gelegt, meist in der Überzeugung, es sei alles Besprochene richtig wiedergegeben. Doch dann stellt sich leider heraus, dass Firma B sich vieles in Wahrheit anders vorgestellt hat. Konfrontiert mit einem solchen käuferfreundlichen – oder auch verkäuferfreundlichen – Vertrag, geht die Sache dann erst wieder von vorne los, also Vertragsverhandlungen open end. Oder es legt die andere Vertragspartei dann ihren eigenen Vertragsentwurf auf den Tisch, der dann auch auf kein Verständnis stößt.

Es tauchen also Punkte auf, die die Vertragsparteien nicht besprochen oder bedacht haben?

Georg Bruckmüller: Entweder das, oder eine Seite bezieht eine Position, die die andere nicht akzeptieren will. Ein Beispiel sind Haftungen. Der Käufer sagt: Du haftest für alles, was an Risken hervorkommt! Der Verkäufer dagegen möchte die Firma ohne Wenn und Aber verkaufen und im Nachhinein nicht mit Forderungen belastet werden. Dann beginnen die Diskussionen, die den Verkauf in diesem Stadium noch scheitern lassen können. In der Praxis werden die Verträge häufig durch den Käufer aufgesetzt, und gerade der sollte sich davor hüten, eine Unerfahrenheit eines Verkäufers – der eine Merger-Situation typischerweise nicht so gut kennt – sozusagen auszunützen. Da kommt es neben juristischen Spezialkenntnissen manchmal auch auf psychologisches Einfühlungsvermögen an.

„Dealbreaker von vornherein erkennen“

Um ein Scheitern der Verhandlungen zu vermeiden, müssen diese unbedingt strukturiert werden, um vom Letter of Intent ausgehend Schritt für Schritt gemeinsame Positionen zu finden. Dabei werden auch Dealbreaker von vornherein erkannt. Ich bin ausgebildeter Coach und achte bei der Vertragsgestaltung darauf, immer auch den Blickpunkt des Anderen zu sehen – ein ganz wichtiger Aspekt. Es geht dabei darum, zu antizipieren, was der andere nicht akzeptieren kann. Natürlich gibt es aber auch Situationen, die von vornherein klar von einer Seite geprägt sind. Wenn der Verkäufer zum Beispiel in einer Lage ist, wo seine Verhandlungsposition stark geschwächt ist – etwa bei drohender Insolvenz – dann wird der Käufer seine Vorstellungen wohl im Wesentlichen durchsetzen können.

Wie früh sollte man mit der systematischen Vorbereitung eines Unternehmenskaufs beginnen?

Georg Bruckmüller: Wichtig ist, sich schon frühzeitig Rat einzuholen. Der erste Schritt, der Letter of Intent ist typischerweise eine noch nicht rechtlich bindende Absichtserklärung und kann auch schon verbindliche Bestimmungen enthalten. Dieser folgt auf die ersten unverbindlichen Gespräche der beiden Seiten. Es gibt aber Fälle, wo die beiden Seiten zwar der Meinung sind, einen Letter of Intent zu unterschreiben, dieser aber bereits so verbindlich ausgestaltet ist, dass er in Wahrheit schon ein Vorvertrag ist – und dann haftet man für die dortigen Zusicherungen. Daher ist zu empfehlen, auch in diesem Stadium schon den Anwalt einen Blick darauf werfen zu lassen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Due Diligence (detaillierte Prüfung des Kaufobjekts, Anm.): Ohne Due Diligence zu kaufen, ist für den Geschäftsführer des Käufers fast schon grobe Fahrlässigkeit. Es gibt verschiedene Arten der Due Diligence, die sich verschiedenen Aspekten widmet, von der Legal Due Diligence über die Tax Due Diligence, usw. Manche Punkte, etwa arbeitsrechtliche und steuerliche Aspekte werden fast immer zu prüfen sein, andere nur bei bestimmten Unternehmen – etwa Immobilien oder geistiges Eigentum (IP). Was genau geprüft werden muss, hängt immer von der Zielgesellschaft ab. Die Due Diligence ist aufwändig und daher ein Kostenfaktor, aber sie ist es wert. Wenn man den Auftragsinhalt klar absteckt, lassen sich auch unnötige Kosten verhindern.

Insgesamt ist ein Unternehmenskauf ein Projekt, das für die Beteiligten nicht mehr Stress als nötig hervorrufen soll. Am Ende sollten beide Vertragspartner zufrieden sein und keine Diskussionen über mögliche Haftungen entstehen.

Im Interview

Georg Bruckmüller ist Gründungspartner und Rechtsanwalt der Bruckmüller RechtsanwaltsgmbH in Linz und Wien.

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