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Kearney ortet Zombie-Apokalypse bei Unternehmen

Studie Dawn of the Debt ©Kearney / Shutterstock

Globale Studie. Die Strategieberatung Kearney ortet eine weltweite Zunahme von „Zombieunternehmen“. In D/A/CH sind sie noch relativ rar.

Eine weltweite Studie mit 70.000 börsennotierten Unternehmen aus 180 Branchen der Strategieberatung Kearney hat sogenannte „Zombieunternehmen“ unter die Lupe genommen. Darunter versteht man Unternehmen, die drei Jahre in Folge nicht in der Lage sind, mit ihrem operativen Ergebnis die laufenden Zinsverbindlichkeiten zu decken.

Während in vielen Ländern die Anzahl der Zombieunternehmen zugenommen hat (USA +22%, UK +18%), konnten sich Österreichs börsennotierte Unternehmen diesem Trend bisher entziehen, heißt es. Die Studie analysiert börsennotierte Unternehmen aus 153 Ländern. Der Datensatz umfasst mehr als 5 Millionen einzelne Datenpunkte und deckt Informationen von 2000 bis heute ab, heißt es dazu.

Die Zuwächse

Die weltweite Anzahl der sogenannten „Zombieunternehmen“ ist im Jahr 2022 um fünf Prozent gestiegen, so die Studie „Dawn of the Debt: Will higher interest rates doom more zombie companies?“ von Kearney. Blickt man auf einzelne Länder und Regionen, bietet sich ein heterogenes Bild.

  • Während in vielen Ländern die Anzahl der Zombieunternehmen zugenommen hat (USA +22%, China +2%, Dänemark +104%, UK +18% und Frankreich +5%), sind die Zahlen in anderen Regionen (Spanien -60% und Italien -6%) zurückgegangen.
  • In Österreich ist die Anzahl der Zombie-Unternehmen unter allen börsennotierten Unternehmen seit mehreren Jahren konstant geblieben. Es gibt zwei Unternehmen, die nicht in der Lage sind, sich aus dem Zombie Status zu befreien, die aber auch nicht vom Markt verschwinden, so Kearney.
  • 4,2 Prozent der deutschen Unternehmen gelten als „Zombieunternehmen“. Damit ist die Zahl der Zombies in Deutschland zwar um insgesamt 2 Prozent gesunken, nichtsdestoweniger muss die Wirtschaft die steigenden Zinsen im Auge behalten. In Deutschland fällt auf, dass ein Viertel der deutschen Zombies aus dem Gesundheitswesen stammt, ein weiteres Fünftel aus dem Maschinenbau.

„Wir können davon ausgehen, dass die deutsche Wirtschaft im Vergleich zum weltweiten Durchschnitt und sogar zu ihren europäischen Pendants stärker von Zinserhöhungen betroffen sein wird. Unternehmen sollten daher frühzeitig gegensteuern, bevor sie der Zinshammer trifft“, so Nils Kuhlwein, Partner & Managing Director, Head of Service Line Restructuring bei Kearney, in einer Aussendung.

Schweizer Zombies kehren wieder

Im vergangenen Jahr erhöhte sich der Anteil an Zombie-Unternehmen in der Schweiz leicht von 4,7 Prozent im Jahr 2021 auf 5,0 Prozent im Jahr 2022, was einem Anstieg von 5,4 Prozent entspricht. Die Gesamtzahl der Zombies bleibt jedoch konstant. Trotz dieses Anstiegs liegt die Wachstumsrate deutlich unter der historischen, jährlichen Wachstumsrate von rund 20%, die in den letzten 12 Jahren seit 2010 beobachtet wurde. Der Anteil der Zombie-Unternehmen (an allen börsennotierten Unternehmen) liegt – wenn auch nur knapp – über dem globalen Durchschnitt von 4,8%.

Nils Kuhlwein ©Kearney / Sedat Mehder

Nils Kuhlwein: „In verschiedenen Branchen waren die Veränderungen minimal, wobei nur ein Drittel auf den Immobiliensektor zurückging und nur ein einziges Zombie-Unternehmen im Bereich der Kommunikationsdienste auftauchte. Insgesamt scheint es unter den Schweizer Unternehmen wenig Fluktuation zu geben und eine relativ stabile Basis von Zombie-Unternehmen, die Schwierigkeiten haben, aus diesem Zustand herauszukommen.“ Wenig überraschend reagiert die Immo-Branche empfindlich auf Zinserhöhungen. In den beiden Stress-Szenarien mit 1,5-fachen bzw. 2-fachen Zinsen würde sich die Anzahl der Zombies in diesem Sektor ebenfalls um 50% erhöhen bzw. verdoppeln.

Der Blick auf einzelne Branchen

Hier stellt die Studie heraus, dass die Zahl der Zombieunternehmen zwar von Jahr zu Jahr gestiegen ist, aber in einzelnen Branchen sehr unterschiedliche Entwicklungen zu beobachten sind. So wies die Luftfahrtindustrie 2021 weltweit einen Zombieanteil von 3,2% auf, der 2022 auf 26,1% anstieg. Umgekehrt führten hohe Gewinne aufgrund steigender Energiepreise zu einem Rückgang der Zombieunternehmen im Energiesektor um 13% im Jahr 2022.

Die Zombiefizierung

Kearney geht davon aus, dass die Rate der „Zombiefizierung“ und des Scheiterns von Zombieunternehmen in den kommenden 3-4 Jahren im Einklang mit den Zinssätzen zunehmen wird. Unternehmen, die in diesem Zeitraum festverzinsliche Darlehen refinanzieren müssen, werden mit teilweise deutlich höheren Zinssätzen konfrontiert werden, sofern die Zinssätze auf heutigem Niveau bleiben oder weiter steigen, was die Kosten in die Höhe treibt und die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie sich zu Zombies entwickeln.

Gleichzeitig steige das Risiko, dass der Kapitalmarkt das Vertrauen in die Solvenz dieser Unternehmen verlieren könnte, was dann unmittelbar zu einer Insolvenz führen würde. „Angesichts der turbulenten, globalen Wirtschaftslage ist es nicht überraschend, dass die Zahl der Zombieunternehmen weltweit gestiegen ist. Die Entwicklung ist entsprechend besorgniserregend. Unternehmen, die nicht in der Lage sind, ihre Zinsverpflichtungen aus den laufenden Gewinnen zu begleichen, befinden sich in einer prekären Lage − und es reicht nicht aus, darauf zu warten, dass sich die Märkte ändern“, so Kuhlwein: Die betroffenen Unternehmen sollten jetzt handeln und ihre Geschäftsmodelle anpassen, rät er.

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