Cash & Flow. Laut „Cash Barometer“ von Freshfields geht die Unternehmensliquidität in der Eurozone deutlich zurück: Sie sank innerhalb von 12 Monaten um knapp 100 Milliarden Euro.
Unternehmen in der Eurozone haben laut dem aktuellen „Corporate Cash Barometer 2023“ der Wirtschaftskanzlei Freshfields einen historischen Rückgang der Barreserven erlebt. Der Rückgang auf aktuell 3.307 Milliarden Euro gegenüber einem Höchststand von 3.402 Milliarden Euro im Dezember 2022 ist demnach der erste Rückgang dieser Größenordnung in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte. Der Report deckt sieben europäische Länder (Österreich, Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande und Spanien) sowie die Eurozone gesamt ab.
Schwächstes Jahr in Österreich seit 2014
Alle wichtigen Länder des Euroraums sehen demnach einen Rückgang der Barmittel von Unternehmen:
- Von minus 0,7 Mrd. Euro für Belgien bis hin zu Frankreich mit dem bei weitem höchsten Minus von 57 Mrd. Euro im Jahresvergleich.
- In Österreich sind es 2,6 Mrd. Euro und damit nach einem Höchststand 2020 mit 12 Mrd. Euro Wachstum, das schwächste Jahr seit 2014.
- Deutsche Unternehmen verzeichnen einen vergleichsweise moderaten Rückgang von 5,8 Mrd. Euro.
„Die steigenden Zinsen und die insgesamt niedrigeren Cash-Bestände schaffen ungleiche Voraussetzungen für Unternehmen: Gut aufgestellte Unternehmen haben weiterhin Zugang zu Krediten, sind refinanzierungsfähig und haben gerade jetzt Zugang zu Opportunitäten. In besonders fremdkapitalabhängigen Branchen und Unternehmen bei denen die Finanzierung bereits zuvor knapp war, sieht man steigenden Restrukturierungsbedarf“, so Florian Klimscha, Partner bei Freshfields in Wien.
Cash Reserven sind verschwunden
In der Eurozone sind die Barreserven der Unternehmen laut Freshfields zwar rückläufig, liegen aber immer noch bei 23,7 Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts (BIP).
- Die niederländischen Unternehmen stehen an der Spitze des Verhältnisses von Barmitteln zum BIP und halten 32,2 Prozent des nominalen BIP des Landes in Form von Barmitteln.
- Dicht dahinter folgen die französischen Unternehmen, die mit 29,8 Prozent des nominalen BIP ebenfalls über eine beträchtliche Menge an Barmitteln verfügen.
- Dagegen verfügen die österreichischen und deutschen Unternehmen nach diesem Maßstab über vergleichsweise bescheidene Barreserven, die jeweils etwa 19 Prozent des nominalen BIP ihres Landes ausmachen. Damit liegen sie am unteren Ende der Skala innerhalb der Eurozone.
Der Anteil der liquiden Mittel der Unternehmen am BIP wächst langfristig in einem relativ linearen Trend, nach dem übermäßigen Wachstum während Covid-19 liegen die meisten Länder des Euroraums jetzt aber unter dem Trend, heißt es dazu. Bei österreichischen Unternehmen sei der Rückgang sogar signifikant mit fast 10 Mrd. Euro. Einzig italienische Unternehmen haben immer noch einen Überschuss von 12 Mrd. Euro.
Zinssätze für Unternehmenseinlagen stark gestiegen
Die Zinsen für Unternehmenseinlagen sind nach einer Periode des stetigen Rückgangs von mehr als zehn Jahren stark angestiegen. Dadurch erwirtschaften Unternehmen im Euroraum laut den Angaben derzeit insgesamt 43,1 Mrd. Euro an Zinserträgen, nur geringfügig unter dem Rekordwert von 43,3 Mrd. aus dem Jahr 2008.
- Die Realzinsen in der Eurozone haben sich nach einem Rekordtief von minus 10,4 Prozent per anno im Oktober 2022 auf minus 3,0 Prozent verbessert.
- Reale Zinssätze für Unternehmenseinlagen in Österreich verbesserten sich auf minus 4,3 Prozent per anno im September 2023 (nach 11 Prozent im Jänner 2023).
Der berechnete „Verlust“ auf Einlagen in der Eurozone nach Inflation beläuft sich derzeit auf 94 Mrd. Euro jährlich, nach mehr als 300 Mrd. Euro im Jahr 2022, so die Studie.