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Business, Recht, Steuer

Aus für Amtsgeheimnis: Neuer Stand beim Gesetzesentwurf

©Parlamentsdirektion / Hertha Hurnaus

Wien. Das Informationsfreiheitsgesetz samt begleitender Verfassungsänderungen hat die erste parlamentarische Hürde genommen.

Der Verfassungsausschuss des Nationalrats schickt den abgeänderten Gesetzentwurf mit Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen ins Plenum. Zuvor waren auf Drängen der SPÖ noch einige Änderungen vorgenommen worden, berichtet die Parlamentskorrespondenz. So haben die Sozialdemokraten etwa eine „Erweiterung des parlamentarischen Interpellationsrechts“ sowie „Verbesserungen für Medien und andere public watchdogs“ erwirkt.

Zudem haben die Abgeordneten in Reaktion auf das Ausschusshearing vergangene Woche einzelne Bestimmungen noch nachgeschärft und Erläuterungen präzisiert. Das Plenum des Nationalrats wird sich laut den Angaben voraussichtlich am 31. Jänner mit dem Gesetzentwurf befassen, in Kraft treten sollen die neuen Bestimmungen am 1. September 2025.

Aus für Amtsverschwiegenheit

Mit dem Gesetzespaket wird die Amtsverschwiegenheit endgültig aus der Verfassung gestrichen und Bürgern ein Informationsrecht gegenüber dem Staat eingeräumt. Außerdem müssen öffentliche Stellen künftig Informationen von allgemeinem Interesse wie in Auftrag gegebene Gutachten, Studien und Verträge von sich aus veröffentlichen.

Ausgenommen von dieser proaktiven Informationspflicht sind nur Gemeinden unter 5.000 Einwohnern. Auch staatsnahe Unternehmen, Stiftungen und Fonds sowie gesetzliche Interessenvertretungen werden zu mehr Transparenz verpflichtet. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler sprach von einer „Jahrhundertgesetzgebung“.

Auskünfte werden unter anderem dann verweigert werden können, wenn die öffentliche Sicherheit durch die Informationserteilung in Gefahr geraten könnte, ein erheblicher finanzieller Schaden droht, eine Entscheidung erst in Vorbereitung ist oder Interessen Dritter schwerer wiegen als das öffentliche Informationsinteresse. Auch extrem zeitraubende und offensichtlich mutwillige Anfragen müssen nicht beantwortet werden, heißt es.

Kritik von FPÖ und NEOS

Kritik am Gesetz kam von FPÖ und NEOS. Zwar begrüßten sie die Abschaffung des Amtsgeheimnisses, sehen aber „einige Mängel“. So bedauerten sowohl FPÖ-Abgeordneter Harald Stefan als auch NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak, dass Gemeinden unter 5.000 Einwohnern von der proaktiven Veröffentlichungspflicht ausgenommen werden.

Damit würden Bürger zweiter Klasse geschaffen, monierten sie. Laut Scherak lauern im Paket außerdem noch andere „Fallstricke“, die dazu führen könnten, dass es Jahre dauern werde, bis das Recht auf Information „tatsächlich in der Realität ankommt“.

Mit dem Beschluss im Verfassungsausschuss gelten zwei bereits im November 2019 eingebrachte Gesetzesanträge der SPÖ als miterledigt. Ein weitergehender Entwurf der NEOS fand demgegenüber keine Mehrheit. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger und ihre Fraktionskollegen hatten unter anderem die Einrichtung eines unabhängigen Informationsbeauftragten als Anlaufstelle für Bürger und eine Verkürzung der Frist für die Beantwortung von Auskunftsbegehren auf zwei Wochen – mit Verlängerungsmöglichkeit um weitere zwei Wochen – gefordert.

Evaluierung der Folgekosten

Schwer abschätzen lassen sich laut Regierung die Folgekosten der neuen Bestimmungen. Sie geht aber davon aus, dass es unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes zu einem Anstieg von Auskunftsbegehren und damit zu höheren Personalaufwendungen kommen wird.

Mittelfristig sollte es ihr zufolge aber – nicht zuletzt wegen der proaktiven Veröffentlichungspflicht – zu einer Stabilisierung der Anfragen kommen. Um allfällige Mehrkosten im Budget berücksichtigen zu können, ist eine Evaluierung der finanziellen Auswirkungen des Gesetzesvollzugs zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes geplant, und zwar gemeinsam mit Ländern, Gemeinden und Vertretern staatsnaher Unternehmen: Ein entsprechender Entschließungsantrag wurde vom Ausschuss mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen angenommen.

Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf

Basis für die Beschlüsse des Verfassungsausschusses bildete ein von der Regierung vorgelegter Gesetzentwurf, der durch einen von ÖVP, SPÖ und Grünen eingebrachten gesamtändernden Abänderungsantrag adaptiert wurde. Unter anderem reklamierte die SPÖ Verbesserungen für Medien und andere „public watchdogs“ in die Vorlage: Diese sollen demnach in Ruhe recherchieren können, ohne dass betroffene Personen frühzeitig davon erfahren und alarmiert werden könnten. Außerdem wird es den Mitgliedern der Bundesregierung durch eine Beschränkung der zulässigen Verweigerungsgründe künftig erschwert, Antworten auf parlamentarische Anfragen zu verweigern.

Darüber hinaus stellen ÖVP, SPÖ und Grüne mit dem Abänderungsantrag klar, dass staatsnahe Unternehmen, Stiftungen und Fonds, die von der öffentlichen Hand beherrscht werden, auch dann unter die Bestimmungen des Gesetzes fallen, wenn die staatliche Beteiligung unter 50 % liegt. Ebenso wurden sämtliche Gemeindeverbände in die proaktive Informationspflicht einbezogen und eine rechtliche Grundlage für eine Erweiterung des Rechtsinformationssystem des Bundes geschaffen.

In Reaktion auf das Ausschusshearing legten die Abgeordneten mit dem 1. September 2025 ein fixes Inkrafttretensdatum fest und besserten einzelne Bestimmungen im Entwurf nach, insbesondere was die Form der Informationserteilung – etwa per E-Mail, mündlich oder in anderer Form – und die Einbeziehung natürlicher Personen in den Anwendungsbereich des Gesetzes betrifft.

Überdies wird nun in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass Behörden den Verwaltungsgerichten im Beschwerdefall Einsicht in jene Unterlagen und Akten gewähren müssen, deren Herausgabe sie gegenüber einer Auskunft begehrenden Person verweigert haben, sofern das Verwaltungsgericht die betreffenden Informationen für seine Entscheidung benötigt.

Ebenso wurde klargestellt, dass der Ausnahmetatbestand „Vorbereitung einer Entscheidung“ auch laufende Steuerverfahren schützt sowie der Inhalt von Syndikatsverträgen und konkrete unternehmerische Veranlagungsstrategien in der Regel unter den Tatbestand des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses fallen.

An der mehrfach kritisierten Klausel, wonach Spezialgesetze – etwa Archivregelungen oder besondere Verschwiegenheitspflichten im Kinder- und Jugendhilferecht – Vorrang vor dem Informationsfreiheitsgesetz haben, wurde hingegen nicht gerüttelt.

Proaktive Veröffentlichung von Informationen von allgemeinem Interesse

Generell werden mit dem Gesetzespaket Ministerien, Landesverwaltungen, Parlament, Gerichte und weitere staatliche Organe verpflichtet, Informationen von allgemeinem Interesse von sich aus zu veröffentlichen. Dazu zählen etwa in Auftrag gegebene Gutachten, Studien, Tätigkeitsberichte, Umfragen und Verträge, wobei bei Verträgen mit einem Wert von mindestens 100.000 € jedenfalls davon auszugehen ist, dass ein öffentliches Interesse daran besteht.

Über ein regelmäßig zu aktualisierendes zentrales Informationsregister sollen diese Informationen für die Öffentlichkeit leicht zugänglich sein. Gleichzeitig wird ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht der Bürger:innen auf Zugang zu Informationen geschaffen.

Allerdings gelten einige Einschränkungen. So wird etwa weiterhin Geheimhaltungspflicht bestehen, wenn die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch Veröffentlichungen oder Auskunftserteilungen gefährdet wäre, wenn dies zur Abwehr eines erheblich wirtschaftlichen oder finanziellen Schadens geboten ist oder wenn zwingende integrations- oder außenpolitische Gründe dies erfordern.

Ebenso soll der Öffentlichkeit der Zugang zu Dokumenten verwehrt bleiben, die der Vorbereitung einer Entscheidung dienen. Auch Rechte Dritter sind zu berücksichtigen, wobei im Gesetz zum Beispiel Betriebsgeheimnisse, Urheberrechte, die Wahrung des Redaktionsgeheimnisses und das Recht auf Datenschutz angeführt werden.

Von der proaktiven Veröffentlichungspflicht ausgenommen sind Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern, dabei ist laut Erläuterungen das Ergebnis der letzten Volkszählung maßgeblich. Zwar werden auch sie im Falle von Anfragen Auskünfte erteilen müssen, für Vorabveröffentlichungen gilt aber das Prinzip der Freiwilligkeit.

Begründet wird das damit, dass man die Leistungsfähigkeit der Gemeinden – auch in technischer Hinsicht – nicht überfordern wolle. Gesetzliche Interessenvertretungen werden nur gegenüber ihren eigenen Mitgliedern zu Transparenz verpflichtet sein.

Auskünfte innerhalb von vier Wochen

Die vom Gesetz erfassten Stellen sollen Auskunftsbegehren von Bürgern und Journalisten grundsätzlich innerhalb von vier Wochen beantworten müssen. In Ausnahmefällen kann diese Frist um weitere vier Wochen verlängert werden.

Sind andere Personen betroffen, müssen sie nach Möglichkeit angehört werden, wobei die Entscheidung über die Informationserteilung im Sinne einer Abwägung verschiedener Interessen letztlich bei der Behörde bzw. der betroffenen Stelle liegt.

Ausnahmen von der Verständigung bzw. Anhörung Dritter gelten laut Abänderungsantrag etwa bei investigativen Recherchen von Journalisten, wobei auf diesen Umstand schon beim Antrag auf Auskunftserteilung hinzuweisen ist.

Nicht beantwortet werden müssen „extrem zeitraubende“ oder „offensichtlich mutwillige“ Anfragen, heißt es. Landet eine Anfrage bei einer falschen Stelle, ist sie so rasch wie möglich an die zuständige Stelle weiterzuleiten.

Wird die erbetene Auskunft verweigert, etwa mit Berufung auf einen Ausnahmetatbestand, wird sich der bzw. die Betroffene an das zuständige Verwaltungsgericht wenden können. Davor hat die Stelle – innerhalb von zwei Monaten nach Einlangen eines schriftlichen Antrags – gebührenfrei einen entsprechenden Bescheid zu erlassen.

Für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist ebenfalls eine Frist von zwei Monaten vorgesehen. In letzter Konsequenz könnte laut Erläuterungen eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Zugang zu Information erhoben werden.

Besondere Bestimmungen für staatsnahe Unternehmen

Besondere Bestimmungen sind für staatsnahe Unternehmen, Stiftungen und Fonds vorgesehen, die der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen. Zwar sollen grundsätzlich auch sie der Auskunftspflicht unterliegen, eine Pflicht zur Vorabveröffentlichung von Informationen wird es für sie aber nicht geben.

Außerdem sollen keine Auskünfte erteilt werden müssen, wenn das die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens oder seine geschäftlichen Interessen beeinträchtigen würde.

Gänzlich ausgenommen sind börsennotierte Gesellschaften bzw. Unternehmen, die unter dem beherrschenden Einfluss börsennotierter Gesellschaften stehen. Anders als bei Anfragen an staatliche Stellen sind weiters gewisse Formerfordernisse für Informationsbegehren einzuhalten. Bei unzulässigen Auskunftsverweigerungen sollen sich Betroffene gleichfalls an das zuständige Verwaltungsgericht wenden können.

Beraten und unterstützt werden sollen die vom Informationsfreiheitsgesetz betroffenen Stellen und Unternehmen durch die Datenschutzbehörde. Diese soll laut Gesetzentwurf Leitfäden und Fortbildungsangebote bereitstellen. Zudem soll sie das Gesetz begleitend evaluieren.

Erweiterung des parlamentarischen Interpellationsrechts

Anders als ursprünglich vorgesehen, wird begleitend zum neuen Informationsrecht für Bürger auch das parlamentarische Interpellationsrecht erweitert.

Künftig werden Regierungsmitglieder nur noch in vier Fällen eine konkrete Antwort auf schriftliche Anfragen verweigern können: wenn die Auskünfte Quellen betreffen, deren Bekanntwerden die nationale Sicherheit oder die Sicherheit von Menschen gefährden würden, wenn Entscheidungen der Bundesregierung oder einzelner Regierungsmitglieder beeinträchtigt wären, wenn die Geheimhaltung zur Wahrung überwiegender Interessen Dritter erforderlich ist und wenn nachrichtendienstliche Bereiche betroffen sind.

Damit wird gemäß den Erläuterungen ein „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ weiterhin nicht zu beauskunften sein und so die Funktionsfähigkeit und die unabhängige und unbeeinflusste Entscheidung der Regierung bzw. einzelner Regierungsmitglieder gesichert.

Umstrittene Öffnungsklausel

Nicht notwendig wird es sein, Informationen die bereits in anderen gesetzlich vorgesehenen Datenbanken aufscheinen, nochmals zu veröffentlichen. Laut Erläuterungen betrifft das etwa das Rechtsinformationssystem des Bundes, die Transparenzdatenbank, vergaberechtliche Veröffentlichungsverpflichtungen oder das Firmenbuch.

Außerdem bleiben bereichsspezifische gesetzliche Informationszugangsregeln unberührt. Als Beispiele werden in den Erläuterungen etwa der Zugang zu Umweltinformationen und Geodaten, der Zugang zu Archivbeständen, verfahrensrechtliche Geheimhaltungspflichten im Steuerrecht und Verschwiegenheitsbestimmungen im Kinder- und Jugendhilferecht genannt.

Experten sehen laut Parlamentskorrespondenz die Gefahr, dass diese „sehr allgemein formulierte“ Öffnungsklausel missbräuchlich verwendet werden könnte, um das Informationsfreiheitsgesetz in weiten Bereichen auszuhebeln.

So würde es diese in §16 des Informationsfreiheitsgesetzes verankerte Bestimmung ihnen zufolge beispielsweise ermöglichen, in Bauordnungen längere Auskunftsfristen oder eine Gebührenpflicht für Auskünfte zu verankern, wie ein Vertreter vom Forum Informationsfreiheit beim Hearing im Verfassungsausschuss vergangene Woche monierte.

Ebenso werden demnach von Seiten der NGOs langwierige Verfahren beim Verfassungsgerichtshof befürchtet, wenn spezifische Materiengesetze der Länder oder des Bundes Auskunftsrechte durch verfassungswidrige Bestimmungen einschränken.

Proaktive Veröffentlichungspflicht nur für neue Informationen

Dass zwischen dem Zeitpunkt der Kundmachung des Gesetzes und dessen Inkrafttreten voraussichtlich rund 18 Monate liegen werden, wird mit den notwendigen Vorbereitungsarbeiten begründet. So müssen etwa einige Gesetze adaptiert, Leitfäden erstellt, Mitarbeiter geschult und technische Vorkehrungen für die Einrichtung des Informationsregisters getroffen werden.

Umfasst von der proaktiven Veröffentlichungspflicht werden nur neue Informationen sein, ältere Dokumente müssen nicht bereitgestellt werden, heißt es.

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