Rechtsportale. Prozessfinanzierer Mietheld ändert das Geschäftsmodell und hilft nun auch Vermietern vor Gericht und bei der Schlichtungsstelle. Grund sei ein neuer AK-Service.
Diese radikale Neupositionierung sei eine Reaktion auf die Arbeiterkammer (AK), heißt es in einer Aussendung von Mietheld. Man habe das Mietsenkungsverfahren vor 10 Jahren institutionalisiert, ändere nun aber das Geschäftsmodell und helfe Vermietern vor Gericht und vor der Schlichtungsstelle.
Der Stein des Anstoßes
Seit 23.2.2024 bietet auch die Arbeiterkammer Wien den sogenannten „Altbau-Mietencheck“ an und finanziert für Mitglieder Mietsenkungsverfahren auf Basis des österreichischen Richtwertmietzinses. Mietheld fühlt sich dadurch auf dem eigenen Terrain angegriffen: Einst habe man dieses Modell der risikolosen Rechtsdurchsetzung begründet. Nach eigener Einschätzung werde die neue Konkurrenz seitens der Institution AK Mietheld stark zusetzen – sodass ab sofort auch Vermietern in Verfahren zur Rückforderung und Senkung von Altbaumieten zur Seite gestanden werde. Damit eröffne sich für Mietheld ein neues Geschäftsfeld, das bisher von keiner Firma in dieser Form angeboten wurde.
Mietheld hat nach eigenen Angaben über 5.000 Verfahren vor der Wiener Schlichtungsstelle und vor Gericht erfolgreich finanziert. Gründer Richard Eibl: „Dadurch konnten wir immenses Partikularwissen in Bezug auf das Mietrecht und auf diverse Prozesstaktiken anhäufen. Kaum jemand in Österreich kann eine derart tiefgründige Expertise auf diesem Gebiet vorweisen wie wir. Beispielsweise liegen uns unzählige Sachverständigengutachten vor, die für unterschiedliche Gegenden Wiens gerichtlich festgestellte Lagezuschläge ausweisen, die in der pauschalen Lagezuschlagskarte der Schlichtungsstelle unberücksichtigt sind. Auch kennen wir Gegenden, in denen entgegen der Literatur lagezuschlagslose Gründerzeitviertel verneint wurden. In all den Jahren konnten wir oft beobachten, wie Vermieter oder deren Vertreter eklatante Fehler im Verfahren machten, zum Beispiel in Bezug auf Rügepflichten des Mieters oder Präklusivfristen. Diese Fehler können uns dank unserer exzeptionellen mietrechtlichen Fachkompetenz und Erfahrung nicht unterlaufen.“
„Ernstzunehmende Gegenkraft“
Insitutionen wie der Arbeiterkammer oder der Mietervereinigung werde mit Mietheld nun eine ernstzunehmende Gegenkraft gegenüberstehen. Dabei lässt Eibl auch Zweifel an der Nachhaltigkeit des neuen AK-Service anklingen. „Den gesetzlichen Richtwertmietzins gibt es seit 30 Jahren. Dass die Arbeiterkammer sich genau jetzt, wenige Wochen vor der Arbeiterkammer-Wahl zur Einführung ihres Services entschließt, ist kein Zufall“, so Eibl. Es würde ihn nicht wundern, wenn der neue Gratis-Service der Arbeiterkammer nach einigen Monaten wieder eingestellt würde, heißt es wörtlich in der Aussendung; das Ganze scheine jedenfalls „nicht sorgfältig durchdacht worden zu sein“.
30 Prozent der Vermieter gehen zum Bezirksgericht
Eibl erwartet, dass „auch Mieter mit geringen Erfolgsaussichten und geringen Mietzinsüberschreitungen zur Arbeiterkammer rennen werden. Bedenkt man erstens den Umstand, dass vor der Schlichtungsstelle von mietrechtlich versierten Vertretern Schriftsätze ausgetauscht und Verhandlungen verrichtet werden müssen, zweitens die Tatsache, dass ca. 30% der Vermieter das Verfahren vor das Bezirksgericht abziehen und drittens, dass im Falle einer gerichtlichen Niederlage mehrere Tausend Euro zu tragen sind, erscheint mir das Ganze auf Dauer nicht finanzierbar“, so der Mietheld-Gründer.