Wasserversorger. Das neue Tool „EWA“ der TU Graz soll zeigen, wo Klimawandel und Bevölkerungszunahme die Wasserversorgungssysteme Österreichs überlasten könnten. Der Prognose-Zeitraum reicht bis 2055.
Wenn es für Wasserversorger um die Frage geht, wie gut ihre Systeme für zukünftige Entwicklungen wie Klimawandel und Bevölkerungszunahme vorbereitet sind, finden sie jetzt eine Antwort, verspricht die TU Graz in einer Aussendung. Angesichts demografischer Veränderungen und des fortschreitenden Klimawandels komme es in Österreich bei der Wasserversorgung bereits jetzt immer öfter zu angespannten Versorgungslagen, die in Zukunft noch zunehmen werden.
Bislang konnten gängige Planungssysteme keine Schritt-für-Schritt-Prognose der Leistungsfähigkeit von Wasserversorgungssystemen bereitstellen. Ein Team um Daniela Fuchs-Hanusch vom Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Landschaftswasserbau der TU Graz habe hierfür eine Lösung entwickelt: Mit dem kostenlosen Web-Tool „EWA“ (Entscheidungshilfe in der Wasserversorgung unter Einbeziehung von Wandelfaktoren) können Versorger in gamifizierter Form Planungsalternativen für verschiedenste Klima-, Ressourcen- und Verbrauchsszenarien durchspielen.
EWA ist laut den Angaben allen interessierten Nutzer:innen zugänglich, aus Sicherheits- und Datenschutzgründen müsse dafür allerdings ein TU Graz-Account angelegt werden (für den recht strenge Anforderungen gelten: u.a. wird der Scan eines amtlichen Lichtbildausweises verlangt).
Die Vorschau reicht bis 2055
Mit EWA sei es etwa kleineren Wasserversorgern möglich, die Tauglichkeit des eigenen Netzes in Zehnjahresschritten bis 2055 für unterschiedliche Entwicklungen zu bewerten. Sie können den Aus- oder Umbau ihres Netzes innerhalb des Tools planen und prüfen, ob die vorgesehenen Maßnahmen ausreichen oder weitere Schritte gesetzt werden müssten.
Zur Einarbeitung in das System stehen Tutorial-Aufgaben zur Verfügung – beispielsweise der Bau neuer Brunnen und Leitungen für eine Gemeinde, um dort im Jahr 2055 noch für alle Bewohner:innen Wasser zu haben, schildert die TU Graz.
Ziele setzen als Wasser-Game
Zusätzlich können sich die Nutzer:innen selbst Herausforderungen zusammenstellen, um verschiedene Szenarien oder Störfälle durchzuspielen. Für diese selbstkreierten Aufgaben lässt sich auch eine Budget-Grenze erstellen, um die Problemlösung auf Basis eigener Kostenansätze zu erarbeiten. Insbesondere Wasserversorger können dadurch sehr individuell auf ihre Systeme und die eigenen Notwendigkeiten eingehen. Eine Herausforderung könne etwa daraus bestehen, dass in zwei Gemeinden aufgrund des Einwohner- und Besucherzuwachses im Jahr 2055 die Wasserversorgung nicht mehr funktioniert und es im Brand- oder Störfall zu gröberen Engpässen kommt. Dafür gilt es eine realistische Lösung zu finden.
In die Entwicklung des Tools floss unter anderem die 2021 veröffentlichte Studie „Wasserschatz Österreichs“ ein, die den damals aktuellen Wasserbedarf und die Entwicklungen der nächsten 30 Jahre im Hinblick auf den Klimawandel untersucht hat, heißt es weiter. Hinzu kamen u..a von den Forscher:innen anhand punktueller Wasserversorgungsdaten abgeleitete Wasserbedarfsprognosen und Abstimmungen mit den Projektpartnern Land Steiermark, Kärnten, Oberösterreich und Salzburg, dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft sowie drei Wasserversorgungsunternehmen. Für die Umsetzung der gamifizierten Aspekte des Tools waren Johanna Pirker, Valentin Adler und Georg Arbesser-Rastburg am Institute of Interactive Systems and Data Science der TU Graz zuständig.
Das Wasserland Österreich muss vorplanen
Daniela Fuchs-Hanusch: „Der Einfluss des Klimawandels auf die Nutzung und Verfügbarkeit von Wasser im ‚Wasserland‘ Österreich wird immer größer. Daher war es uns im Projekt wichtig, Ingenieur:innenwissen so mit Gamification-Elementen zu verbinden, dass Optimierungen für die Wasserversorgung ähnlich gut, oder vielleicht sogar besser, gelöst werden können, als dies mathematische Optimierungsalgorithmen ermöglichen. Mit dem EWA-Tool können Wasserversorgungsunternehmen wirklich ermessen und selbst in Varianten spielerisch probieren, wie ihr System in Extremsituationen und in der prognostizierten Zukunft reagiert.“