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Rechnungshof kritisiert Austrian Business Agency und Rot-Weiß-Rot-Karte

Pallas Athene ©Parlamentsdirektion / Hertha Hurnaus

Standort & Service. Der Rechnungshof (RH) fordert mehr Budgetplanung bei der Austrian Business Agency (ABA). Die denkt jetzt über einen Compliance Officer nach. Die Rot-Weiß-Rot-Karte wiederum ist zu kompliziert, so der RH.

Anlässlich einer Rechnungshofprüfung setzten sich die Abgeordneten im Rechnungshofausschuss des Nationalrats jetzt mit der österreichischen Standortagentur Austrian Business Agency (ABA) auseinander, berichtet die Parlamentskorrespondenz.

Die ABA steht im Eigentum des Bundes und ist unter anderem für die Vermarktung des Wirtschaftsstandorts Österreich und für die Beratung von ausländischen Unternehmen bzw. Investoren zuständig, die an einer Betriebsansiedlung in Österreich interessiert sind.

Die Kritik des Rechnungshofs an der Austrian Business Agency

Der Rechnungshof kritisierte etwa, dass im überprüften Zeitraum von 2018 bis 2022 über die Qualität und den Umfang der Beratungsprojekte der ABA keine gesamthaften Beurteilungen vorliegen. Auch über die tatsächliche Niederlassung von ausländischen Fachkräften in Österreich habe die ABA keine Aussagen treffen können.

Der Geschäftsführer der Austrian Business Agency seit 2021, René Tritscher, wies im Ausschuss zu letzterem Punkt etwa auf Fragen von Ruth Becher (SPÖ) und Kurt Egger (ÖVP) darauf hin, dass per Aufgabendefinition die ABA keine Personalvermittlung durchführe, sondern Fachkräfte nur beratend begleite. Daher habe man aus Rückmeldungen ungefähre, aber keine abschließenden Aufzeichnungen dazu, wer dann tatsächlich in Österreich zu arbeiten beginne.

Zudem sei das Budget der ABA in den Jahren 2018 bis 2023 um etwa 80 Prozent auf rund 9 Mio. € angestiegen, wie Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker unter anderem ausführte. Der tatsächliche Aufwand der ABA sei jedoch zumeist unter dem genehmigten Budget gelegen. Aufgrund dieser Überbudgetierungen durch das Wirtschaftsministerium wird seitens des Rechnungshofs Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit eingemahnt. Der RH legt nahe, die in der Finanzierungsvereinbarung genannten Aufgaben der ABA in quantitativ messbare Leistungsindikatoren für die drei Geschäftsbereiche „Invest in Austria“, „Work in Austria“ sowie „Film in Austria“ überzuleiten.

20 Messwerte, aber keine Kostenträgerrechnung

Tritscher zufolge gibt es dazu klar nachvollziehbare Zielvereinbarungen mit 20 konkreten Messwerten, etwa betreffend die Zahl realisierter Projekte oder der Beratungen zur Rot-Weiß-Rot-Karte, wie er gegenüber Eva Blimlinger (Grüne) ausführte. Entsprechend den RH-Empfehlungen werde außerdem der Compliance-Kodex überarbeitet sowie die Einrichtung eines Compliance-Officer geprüft. Eine vom Rechnungshof eingemahnte Kostenträgerrechnung werde nicht durchgeführt, weil die ABA keine Leistungsverrechnung an Dritte durchführe, so Tritscher. Jede Maßnahme werde aber nach Durchführung evaluiert.

Was das nicht ausgeschöpfte ABA-Budget betrifft, wies Tritscher auf die Ausnahmesituation mit Reisebeschränkungen in den Pandemiejahren hin. Sämtliche Rückzahlungen seien nach Punkt und Beistrich ins Budget zurückgeführt worden. Aus Sicht des Rechnungshofs brauche es allerdings insgesamt eine „punktgenauere“ Budgetplanung, so Kraker. Eingemahnt werde außerdem ein gesamtheitliches Marketingkonzept.

Rechnungshof-Kritik zu Einhaltung des Vergaberechts

In seiner Kritik führt der RH weiters an, dass die Leistungen der externen Vertragspartner zur operativen Marktbearbeitung nicht transparent nachvollziehbar gewesen seien. Zudem habe die ABA im überprüften Zeitraum Leistungen an Dritte ohne Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen beauftragt. Der ABA-Geschäftsführer wies demgegenüber darauf hin, dass er seit seiner Übernahme der Geschäftsleitung im Jahr 2021 entsprechend der RH-Empfehlung alle Altverträge hinsichtlich der Einhaltung des Vergaberechts habe prüfen lassen. Zudem seien interne Vorgaben an die Mitarbeiter:innen vorgenommen worden.

Bei den Konsulent:innen sei im Prüfzeitraum die Vertragsgestaltung der ABA uneinheitlich gewesen, führte Rechnungshofpräsidentin Kraker außerdem aus. Zum Teil seien Erfolgshonorare ausbezahlt worden, die vertraglich nicht zu honorieren gewesen wären. Seitdem er 2021 die Geschäftsführung übernommen habe, seien die Konsulentenverträge mehrfach überarbeitet und ein einheitliches System abgestimmt worden, meinte Tritscher etwa auf Nachfrage von Gerald Loacker (NEOS). In der Zeit seiner Geschäftsführung sei keine einzige Rechnung freigegeben worden, die nicht durch einen Vertrag gedeckt gewesen sei, so Tritscher. Zudem habe er veranlasst, dass alle Konsulentenverträge überprüft werden.

Wirtschaftsminister Martin Kocher wies darauf hin, dass die ABA grundsätzlich eine „schlanke“ Organisation sei, die neben den Beratungsleistungen etwa auch die Filmförderung FISAplus abwickle. Viele der Defizite, die der Rechnungshof festgestellt habe, seien mittlerweile behoben, wie etwa beim Thema Vergaberecht.

Das schwierige Thema Bundesländer

Eine weitere Kritik des Rechnungshofs betraf die Kooperationen mit Bundesländern insofern, dass nicht beziffert werden konnte, bei welchen Standortprojekten die Bundesländer mitbeteiligt gewesen seien. Einheitliche Kooperationsvereinbarungen mit den Bundesländern, wie sie der RH empfohlen habe, seien insofern schwierig, weil Ressourcen und Zielsetzungen in den Bundesländern sehr voneinander abweichen, so Tritscher. Man gehe den Weg der individuellen Vereinbarungen, habe aber die Anregung aufgenommen, künftig zu dokumentieren, in welchen Fällen eine Landesagentur eingebunden sei.

Die Rot-Weiß-Rot-Karte ist zu kompliziert

Thema von aktuellen RH-Berichten war auch der Fachkräftemangel sowie die Rot-Weiß-Rot-Karte als – oft kritisiertes – Hilfsmittel dagegen. Der Fachkräftemangel limitiere nicht nur betroffene Unternehmen in ihren wirtschaftlichen Aktivitäten, sondern beeinträchtige auch die gesamtökonomische Leistung einer Gesellschaft, diagnostiziert der Rechnungshof in seinem Bericht „Bestandsaufnahme Fachkräftemangel“, der ebenfalls in der gestrigen Sitzung des Rechnungshofausschusses debattiert wurde. Darin zeigt das Prüforgan vor dem Hintergrund einer sich verschärfenden Problematik Ansatzpunkte in mehreren Handlungsfeldern auf, um diesem entgegenzuwirken und empfiehlt die Ausarbeitung einer Gesamtstrategie auf Basis einer soliden Datenbasis.

Die Rot-Weiß-Rot-Karte (RWR-Karte) soll die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittstaaten ermöglichen und so den Fachkräftemangel mindern. Das System dahinter sei jedoch mit fünf verschiedenen Kartenvarianten und der Blauen Karte EU zu komplex und für Antragstellende schwer verständlich, wie der Rechnungshof feststellt. Er regt daher Maßnahmen zur Vereinfachung sowie Flexibilisierung des Systems an.

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