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Umweltverträglichkeitsprüfungen: Rund 200 Verfahren in den letzten 10 Jahren

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Wien. Umweltministerin Leonore Gewessler hat den jüngsten Bericht über Umweltverträglichkeitsprüfungen vorgelegt. Dieser zeigt auch erste Erfahrungen aus der Vollzugspraxis seit der letzten gesetzlichen Änderung im Jahr 2023.

Der neunte UVP-Bericht, vorgelegt von Umweltministerin Leonore Gewessler, gibt einen Überblick über die Vollziehung von Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP). Seit dem Jahr 2014 wurden demnach 198 Genehmigungsverfahren durchgeführt, berichtet die Parlamentskorrespondenz.

Die mittlere Verfahrensdauer lag vom Einbringen des Antrages bis zur Entscheidung im Schnitt bei 22,6 Monaten, heißt es. UVP-Vorhaben betreffen laut Bericht vorwiegend die Sektoren Energiewirtschaft (43 %) und Infrastruktur (14 %). Der Bericht zeigt laut Aussendung auch erste Erfahrungen aus der Vollzugspraxis seit der letzten gesetzlichen Änderung im Jahr 2023.

864 Feststellungsbescheide seit 2014

In Feststellungsverfahren wird geprüft, ob Projekte ein UVP-Verfahren durchführen müssen. Von 1.1.2014 bis 1.3.2024 wurden demnach im Schnitt rund 85 Verfahren pro Jahr durchgeführt und dabei 864 Feststellungsbescheide erfasst.

  • Knapp drei Viertel der Verfahren wurden zu Infrastruktur-, Land- und Forstwirtschafts- sowie Bergbauprojekten durchgeführt.
  • Im Durchschnitt wurde laut den Angaben in 95 % der Entscheidungen festgestellt, dass keine UVP-Pflicht vorliegt.
  • Im Berichtszeitraum von 1.3.2021 bis 1.3.2024 wurden 255 Feststellungsbescheide beim Umweltbundesamt erfasst.
  • 42 % aller Verfahren sind dabei Infrastrukturprojekte, gefolgt von der Abfallwirtschaft und dem Bergbau zu je 16 % sowie der Land- und Forstwirtschaft mit 14 %, heißt es.

198 UVP-Genehmigungsverfahren in den letzten 10 Jahren

Die Anzahl der Genehmigungsverfahren belief sich im Zeitraum 2014 bis zum Stichtag 1.3.2024 laut Bericht auf 198 Vorhaben. Im Mittel wurden 17 UVP-Genehmigungsanträge pro Jahr gestellt.

Die beantragten UVP-Vorhaben betreffen vorwiegend die Energiewirtschaft (42,9 %) sowie Infrastruktur (14,1 %) und dabei insbesondere Windenergieanlagen, Vorhaben der Verkehrsinfrastruktur sowie des Städtebaus und Starkstromfreileitungen.

  • 61,6 % der Anträge wurden bewilligt und 0,5 % abgelehnt.
  • Bei 32,8 % läuft das Verfahren noch.
  • 38 % der Verfahren wurden als UVP-Verfahren und 62 % als vereinfachte Verfahren durchgeführt.

Von 2014 bis 2023 führte die Niederösterreichische Landesregierung laut Bericht mit 85 UVP-Verfahren die meisten durch – gefolgt von Oberösterreich mit 22 und je 16 bei der Steirischen Landesregierung und beim Umweltministerium.

Verfahrensdauer: 22,6 Monate im Schnitt

Die Verfahrensdauer von UVP-Verfahren sei vom „konkreten Vorhaben und dessen Komplexität abhängig“, so die Autoren des Berichts.

  • Die mittlere Verfahrensdauer, mit Hilfe des Medians von 2014 bis 2023 berechnet, liegt vom Einbringen des Genehmigungsantrages bis zur Entscheidung bei 22,6 Monaten.
  • Von Beginn der öffentlichen Auflage (Vollständigkeit der Unterlagen) bis zur Entscheidung lag die mittlere Verfahrensdauer für UVP-Verfahren bei 10,6 Monaten.
  • In vereinfachten Verfahren konnte im Mittel innerhalb von 17,6 Monaten entschieden werden, heißt es.

Erste Bilanz zu den Auswirkungen der UVP-Novelle 2023

2023 wurde das UVP-Gesetz novelliert. Ziel dabei war, UVP-Genehmigungen für Vorhaben der Energiewende rascher zu erteilen. Dafür wurden laut Bericht Maßnahmen für „effizientere Verfahren“, „mehr Flexibilität für technologische Änderungen“ und dem „Einräumen eines hohen öffentlichen Interesses für solche Vorhaben verankert“.

Aufgrund der kurzen Zeitspanne seit dem Inkrafttreten können laut den Berichtsautoren „nur bedingt Rückschlüsse gezogen werden“, eine Umfrage unter UVP-Behörden zeige aber „erste Erfahrungen aus der Vollzugspraxis“, wird im Bericht angeführt.

Fristen für Vorbringen und Stellungnahmen würden demnach die Verfahren erleichtern. Bei anderen Bestimmungen wie etwa jenen zum beschleunigten Ausbau von Windkraftanlagen, zur vereinfachten Vorhabensänderung oder zum Bodenschutz bleibe noch abzuwarten, wie sich diese in der Praxis und der Judikatur entwickelten.

Um die Verfahren entsprechend zu beschleunigen, sei „jedenfalls ausreichend Personal bei den UVP-Behörden und Sachverständigendiensten notwendig“, wird im Bericht betont.

Beteiligung durch Umweltorganisationen

Umweltorganisationen können seit 2004 die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften als Partei in UVP-Verfahren geltend machen.

  • Mit Stand 1.3.2024 waren 60 Organisationen dafür anerkannt.
  • Im Berichtszeitraum wurden 10 neue anerkannt und in drei Fällen wurden Aberkennungen vorgenommen.

Die Organisationen können gegen negative Feststellungsbescheide Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erheben. Im Berichtszeitraum konnte in einem von 12 Fällen die UVP-Pflicht erwirkt werden, heißt es.

Berufungsinstanz Bundesverwaltungsgericht

Seit 2014 ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) Rechtsmittelgericht über Beschwerden in UVP-Angelegenheiten.

  • Von 1.1.2014 bis 1.3.2024 wurden laut Bericht zu 310 Verfahren beim BVwG Beschwerden eingebracht sowie 302 Entscheidungen getroffen.
  • Die mittlere Verfahrensdauer bei Rechtsmittelverfahren im Zeitraum zwischen 2014 und 2023 lag demnach für Feststellungsverfahren bei 3,7 und für Genehmigungsverfahren bei 10 Monaten.

Längere Verfahrensdauern gab es bei „sehr komplexen Vorhaben sowie durch pandemiebedingte Verzögerungen“, wird im Bericht angeführt.

Grenzüberschreitende UVP-Verfahren nach der Espoo-Konvention

Das Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Espoo) ermöglicht den Unterzeichnerstaaten, sich an UVP-Verfahren in anderen Ländern zu beteiligen, wenn „erhebliche Nachteile im eigenen Staatsgebiet“ befürchtet werden.

  • Österreich führte laut Bericht mit allen Nachbarstaaten Espoo-Verfahren, vor allem zu Kernkraftwerksprojekten.
  • Ende März 2024 gab es demnach insgesamt 21 laufende Verfahren, wobei 13 laut den Angaben einen Nuklearbezug hatten.
  • Zwischen 2021 und 2024 wurden unter Beteiligung Österreichs acht Verfahren abgeschlossen, wovon sieben Nuklearbezug hatten.
  • Selbst Ursprungspartei war Österreich im Berichtszeitraum in vier Verfahren, wovon eines abgeschlossen wurde.
  • Im Berichtszeitraum wurden im Zusammenhang mit der UVP-Richtlinie zwei Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich fortgeführt und von der Europäischen Kommission 2023 eingestellt, heißt es.

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