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Diskussion: Unternehmensjurist – das Eldorado zum Berufseinstieg?

Bernhard Breunlich, Stefanie Thuiner, Christian Koller, Michaela Schneider, Elias Schmidt ©VUJ

Wien. Der Unternehmensjurist:innen-Verband VUJ begann sein Jubiläumsjahr mit Diskussion und Brunch am Juridicum: Bei den Studierenden ist das Arbeitsgebiet wenig bekannt, dabei werde es „allein durch die demographische Entwicklung zum Eldorado“.

Juridicum-Vizedekan Christian Koller, Michaela Schneider, Stefanie Thuiner und FV Jus-Vorsitzender Elias Schmidt diskutierten dabei mit VUJ-Vorstand Bernhard Breunlich (lawyers & more). Die Vereinigung Österreichischer Unternehmensjurist:innen (VUJ), die rund 400 Mitglieder hat, ist eine Interessenvertretung für Österreichs Unternehmensjurist:innen und vertritt diese auch auf internationaler Ebene durch ihre Mitgliedschaft in der European Company Lawyers Association (ECLA).

Selbstbild und Fremdbild

Unternehmensjurist:innen halten Österreichs Unternehmen und Organisationen am Laufen, heißt es in einer Aussendung des VUJ zum Event. Das frühere Image der „Verhinderer“ weisen die Rechtsprofis in der Wirtschaft schon lange zurück: Konstruktive Arbeit in der heutigen, von immer zahlreicheren Regulatorien geprägten Wirtschaft lautet die Aufgabe – um so ein möglichst reibungsloses Business überhaupt zu ermöglichen.

Bei Jus-Studierenden ist das Berufsbild dennoch aktuell nur in geringem Ausmaß präsent, heißt es: Nur knapp 7% gaben bei der Umfrage „Vienna Law Students Monitor“ im Herbst 2023 Unternehmensjurist:in als Berufswunsch an (nach einigen Jahren Berufserfahrung steigen dann aber doch viele in Rechtsabteilungen ein). Warum ist das so und welche Perspektiven gibt es am Arbeitsmarkt? Solche Fragen diskutierte am 11. Juni die Runde der Profis mit rund 30 Studierenden auf Einladung der Vereinigung Österreichischer Unternehmensjurist:innen (VUJ) in Wien. Die Moderation übernahm Bernhard Breunlich, Geschäftsführender Gesellschafter bei lawyers & more.

„Das Berufsbild stärken“

Breunlich, der sich auch als Vorstandsmitglied der VUJ engagiert, erklärte: „Ende September feiern wir unser 10jähriges Jubiläum. Wir möchten das Berufsbild der Unternehmensjurist:innen innerhalb des Rechtswesens kontinuierlich stärken und werden unser Jubiläumsjahr nutzen um neue Mitglieder für unsere Arbeit zu begeistern.“

Stefanie Thuiner sammelte erste Berufserfahrungen in einer Großkanzlei, interessierte sich aber für Vertragsberatung, was sie in Unternehmen führte. Seit dem Vorjahr ist sie bei myflexbox als General Counsel tätig. Ihre Aufgaben seien nun vielfältig: „Aktuell bin ich im rasch wachsenden Unternehmen gleichzeitig Rechtsberaterin, Legal Operations Managerin, Geschäfts-Ermöglicherin und Risk Managerin. Das geht von Standortpartner-Verträgen über die Mitgestaltung von Gremiensitzungen bis hin zu Baugenehmigungen im Ausland. Hier braucht es Flexibilität und Lösungsorientierung, damit das Unternehmen erfolgreich ist.“ Kürzlich hat Thuiner gemeinsam mit Anne Hauffe und Irene Waltersdorfer das „Praxishandbuch Rechtsabteilung“ (Linde Verlag) veröffentlicht.

Studium hat nur traditionelle Juristenberufe im Fokus

Für Univ.-Prof. Christian Koller, Vizedekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, begann der Berufsweg bei Siemens in der Rechtsabteilung, wo er auch sein Dissertationsthema und damit den Weg in die Wissenschaft fand. Er betonte: „Die Pflichtfächer im Studium haben meist klassische juristische Berufsbilder im Fokus. Die Tätigkeit im Unternehmen ist grundsätzlich vielseitiger und individuell sehr verschieden.“

Um als Unternehmensjurist:in erfolgreich zu sein, müsse man nicht unbedingt vorher in einer Rechtsanwaltskanzlei tätig gewesen sein. „Wichtig ist Kommunikationsfähigkeit – insbesondere in Konflikten“, so Koller. Zur Situation am Arbeitsmarkt für Junge meint er, an die Studierenden gewandt: „Durch die demographische Entwicklung wird das ein Eldorado für Sie alle.“ (Anm.d.Red.: Eldorado, „Der Goldene“, war ein sagenhaftes Land der Schätze in Südamerika zur Zeit der Konquistadoren. Der Legende nach lag das Gold dort sozusagen herum und musste nur noch aufgehoben werden.)

Michaela Schneider, heute Leiterin Beteiligungsmanagement JAF International Services GmbH, startete ihre Karriere in der Wissenschaft mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht und entwickelte sich nach dem Einstieg im Unternehmen zur Führungskraft. Sie gab konkrete Tipps zum Einstieg: „Die Basis bringt man aus dem Studium mit, ich empfehle Praktika und Mitarbeit in Unternehmen bereits während des Studiums. Danach beim Berufseinstieg lernt man oft in kleinen Kanzleien oder in Rechtsabteilungen von Unternehmen mehr als in Großkanzleien, da die Ausbildung dort viel breiter ist. Gerade in Unternehmen sind die Arbeitszeiten flexibler, was dem Familienleben entgegenkommt.“ Im Rahmen des Studiums empfiehlt Schneider besonders den Wahlfachkorb BWL.

Mehr Aufklärung an der Uni ist nötig

Fakultätsvertretung Jus-Vorsitzender Elias Schmidt meinte: „Viele Absolvent:innen denken als Alternative zur Arbeit in der Rechtsanwaltskanzlei an den öffentlichen Dienst oder die Justiz. Bei Recruiting-Events an den Unis sind sie einfach präsent. Es braucht mehr Information über den Arbeitsmarkt, mehr Angebote für Praktika von Unternehmen und ein Umdenken an den Hochschulen. Wir brauchen mehr Fokus auf Lösungsorientierung gerade bei Prüfungen, auch als Vorbereitung für das Berufsleben in Unternehmen.“

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