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Genossenschaftsrecht wird umgebaut für „Sharing Economy“

Erwin Schrödinger Lokal 1 ©Parlamentsdirektion / Thomas Topf

Modernisierung. Eine Reform bringt zahlreiche Neuerungen: Vereine können Genossenschaften werden, die Haftung wird geändert und mehr. Für Justizausschuss-Obfrau Michaela Steinacker war es die letzte Sitzung.

Die Reform des Genossenschaftsrechts, die jetzt den Justizausschuss des Nationalrats einstimmig passiert hat, soll kooperatives Wirtschaften und die „Sharing Economy“ fördern, berichtet die Parlamentskorrespondenz.

Viel Tempo für die neue Ära der Genossenschaften

Die Parteien stimmten einhellig für eine entsprechende Gesetzesnovelle, die von den Koalitionsparteien erst vergangene Woche im Parlament eingebracht wurde. Ziel des Pakets ist es, die Rechtsform der Genossenschaft für das Wirtschaftsleben attraktiver zu gestalten und damit nicht zuletzt lokale und nationale Initiativen im Bereich des kooperativen Wirtschaftens und der Sharing Economy zu fördern. Damit werde auch ein Vorhaben aus dem Regierungsprogramm umgesetzt, betonte Justizministerin Alma Zadić.

Großes Lob von allen Fraktionen gab es in der betreffenden Sitzung übrigens für Ausschussobfrau Michaela Steinacker (ÖVP), die voraussichtlich das letzte Mal einen Justizausschuss leitete, nachdem sie bei den kommenden Nationalratswahlen nicht mehr kandidieren wird. Steinacker habe den Vorsitz unparteiisch und sehr umsichtig geführt, waren sich unter anderem die Abgeordneten Harald Stefan (FPÖ), Selma Yildirim (SPÖ), Johannes Margreiter (NEOS), Georg Bürstmayr (Grüne) und Johanna Jachs (ÖVP) einig.

Auch Steinacker bedankte sich für elf Jahre gute Zusammenarbeit. Sie habe die Justizpolitik in verschiedensten Konstellationen mitgestalten können, hielt sie mit Verweis auf drei verschiedene Koalitionen seit ihrer Übernahme des Vorsitzes im Justizausschuss im Jahr 2013 fest.

Möglichkeit der Umwandlung von Vereinen in Genossenschaften

Mit dem Genossenschaftsrechts-Änderungsgesetz 2024 wird unter anderem die Möglichkeit geschaffen, Vereine in Genossenschaften umzuwandeln. In Österreich seien viele Vereine auch unternehmerisch tätig – wächst ihre unternehmerische Tätigkeit, entspreche die Rechtsform des Vereins oft nicht mehr den Anforderungen, wird das Vorhaben von den Antragsteller:innen Peter Haubner (ÖVP) und Elisabeth Götze (Grüne) begründet.

Außerdem soll das Genossenschaftsrecht mit dem Gesetzentwurf insgesamt modernisiert und die Rechtsform der Genossenschaft für das Wirtschaftsleben attraktiver gestaltet werden. Dazu wird etwa die sogenannte Nachschusspflicht der Mitglieder einer Genossenschaft mit beschränkter Haftung – also die Pflicht, Verluste durch zusätzliche Zahlungen auszugleichen – flexibler gestaltet.

Weniger Haftung, mehr Action

Künftig wird es möglich sein, die Nachschusspflicht im Genossenschaftsvertrag nicht nur mit einem höheren Betrag festzulegen, sondern auch einzuschränken oder ganz auszuschließen. Gleichzeitig werden Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nur mehr mit beschränkter Haftung errichtet werden können. Klargestellt wird auch, dass Verschmelzungen und Spaltungen unter Genossenschaften mit beschränkter Haftung möglich sind.

Die neuen Bestimmungen würden es erleichtern, lokale und nationale Initiativen im Bereich des kooperativen Wirtschaftens und der Sharing Economy als Alternative zu den Angeboten internationaler Konzerne zu gründen und zu etablieren, halten ÖVP und Grüne in den Erläuterungen fest.

So werden Grün-Abgeordneter Götze zufolge gemeinschaftliche Initiativen zur Energie- oder zur Lebensmittelversorgung am Land ursprünglich oft als Vereine gegründet. Nun habe man eine Lösung gefunden, die eine identitätswahrende Umwandlung eines Vereins in eine Genossenschaft ermöglicht, zeigte sie sich im Ausschuss erfreut. Damit könnten insbesondere auch bestehende Verträge weiterlaufen. Gleichzeitig habe man Vorsorge getroffen, um keine Möglichkeiten der „Steueroptimierung“ zu schaffen.

„Mehr machen“ bei der Publizität

Zustimmung zur Gesetzesnovelle äußerten auch Philipp Schrangl (FPÖ), Harald Troch (SPÖ) und Johannes Margreiter (NEOS). Durch die Umwandlungsmöglichkeit werde verhindert, dass Vereine „in eine Grauzone wirtschaftlicher Aktivitäten hineinschlittern“, sagte Troch. Margreiter hob die Notwendigkeit hervor, dass Genossenschaftsrecht „zu entstauben“, und sprach von einem Schritt in die richtige Richtung. Seiner Meinung nach wird es interessant zu beobachten sein, inwieweit die Novelle sich auf andere Gesellschafterformen auswirkt. Ein wenig fehlt der FPÖ laut Schrangl die Publizität, hier hätte man seiner Einschätzung nach im Interesse von Gläubigern „ein bisschen mehr machen können“.

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