Wien. Verfassungsrichter dürfen künftig in den letzten fünf Jahren vor ihrer Ernennung keine Regierungsmitglieder oder Funktionäre von Parteien gewesen sein.
Für die Spitze des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), also Präsident:in und Vizepräsident:in, gibt es schon jetzt eine fünfjährige Cooling-off-Phase. Sie dürfen in den letzten fünf Jahren vor ihrer Ernennung nicht der Regierung, einer Landesregierung, dem Nationalrat, dem Bundesrat, einem Landtag oder dem Europäischen Parlament angehört haben und auch nicht Angestellte bzw. Funktionäre einer politischen Partei gewesen sein. Für einfache VfGH-Mitglieder wird nun eine analoge Bestimmung, diesfalls beschränkt auf drei Jahre, geschaffen. Fälle wie jener des früheren Justizministers und Vizekanzlers Wolfgang Brandstetter, der wenige Wochen nach seinem Ausscheiden aus der Regierung zum Mitglied des VfGH ernannt wurde, sind damit in Zukunft nicht mehr möglich, wie die Parlamentskorrespondenz berichtet.
Außerdem sieht der im Nationalrat einstimmig angenommene Gesetzentwurf verschiedene Detailänderungen im Bundesgesetzblattgesetz, im Verwaltungsgerichtshofgesetz und im Verfassungsgerichtshofgesetz vor – etwa in Bezug auf die Verlautbarung von Rechtsvorschriften, die Mitwirkung des VfGH-Präsidenten bzw. der VfGH-Präsidentin an der Bestellung anderer Organe und die Übertragung von Papierakten in elektronische Dokumente im VfGH und im VwGH.
„Anschein politischer Einflussnahme vermeiden“
Wie ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl betonte, geht es bei der Gesetzesnovelle darum, jeden Anschein einer politischen Einflussnahme auf den Verfassungsgerichtshof zu vermeiden. Neben Grün-Abgeordneter Agnes Sirkka Prammer zeigten sich auch Jörg Leichtfried (SPÖ), Nikolaus Scherak (NEOS) und Harald Stefan (FPÖ) über die Reform erfreut.
Mit der Einführung der Cooling-Off-Phase für VfGH-Richter:innen werde eine langjährige Forderung ihrer Fraktion umgesetzt, hoben sowohl Stefan als auch Scherak hervor. Prammer sieht die Novelle als weiteren Baustein, um das Vertrauen in die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichtshofs zu stärken.
SPÖ-Verfassungssprecher Leichtfried bedauerte allerdings, dass nicht auch andere Institutionen „von der Politik weggerückt werden“. So zeigte er etwa kein Verständnis dafür, dass Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher direkt von der Regierungsbank an die Spitze der Nationalbank wechseln soll. Auch FPÖ-Abgeordneter Stefan sieht das kritisch. Zudem sprachen sich er und NEOS-Abgeordneter Scherak dafür aus, auch Staatssekretär:innen, die formal nicht der Regierung angehören, in die für VfGH-Richter:innen geltenden Unvereinbarkeitsbestimmungen aufzunehmen.