Deal-Volumen. Eigentlich sollte die Ära hoher Zinsen und volatiler Rohstoffpreise heuer zu Ende gehen. Doch vorläufig bremsen unsichere Aussichten die M&A-Aktivitäten, so EY.
2023 sorgten hohe Zinsen, volatile Rohstoffpreise und ein unsicheres Investitionsumfeld für Zurückhaltung auf dem globalen M&A-Markt. Trotz der positiven Aussichten, die Analyst:innen für 2024 haben, bleibt die geopolitische Lage eine Herausforderung, die die M&A-Aktivitäten weiterhin beeinflussen könnte, heißt es.
Die Vollbremsung geht weiter
In Österreich wirkte sich die aktuelle makroökonomische Landschaft ebenfalls auf die Deal-Aktivitäten aus:
- Im ersten Halbjahr 2024 gab es 124 Unternehmenskäufe mit österreichischer Beteiligung und damit um acht weniger als im Vergleichszeitraum des ersten Halbjahres 2023 (132) – das entspricht einem Rückgang von rund sechs Prozent. Damit entwickelt sich der österreichische M&A-Markt bereits in sechs aufeinander folgenden Quartalen rückläufig.
- Das Transaktionsvolumen ging ebenfalls von vier Mrd. Euro auf 2,7 Mrd. Euro (ein Minus von 32,5%) zurück, was insbesondere durch das Ausbleiben von Megadeals begründet ist.
Das Volumen wurde dabei im Wesentlichen von den Top-Deals getrieben: die Übernahme der Knab Bank durch die BAWAG um 510 Mio. Euro, die Übernahme von Resco Products durch RHI Magnesita um 400 Mio. Euro, der anteilige Kauf von 15 Prozent an Lenzing durch Suzano um 230 Mio. Euro sowie der Kauf eines Immobilien-Portfolios in Tschechien durch S IMMO um 176 Mio. Euro. Weiters spielte das Übernahmeangebot der Nova Ljubljanska Banka für die Addiko Bank um 390 Mio. Euro sowie der mehrheitliche Kauf der Schweizer Aluflexpack durch die Constantia Flexibles von Michael Tojner’s Montana Tech in das Deal-Volumen hinein.
Das sind die Ergebnisse des österreichischen M&A-Index der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY. Für die Analyse untersucht EY halbjährlich alle veröffentlichten Transaktionen mit österreichischer Mehrheits- und Minderheitsbeteiligung.
Die Aussichten
„2024 wird zeigen, dass Agilität, vorausschauende Planung und die Fähigkeit, sich an ein sich schnell veränderndes Umfeld anzupassen, entscheidend sind, um in einem volatilen Marktumfeld erfolgreich zu sein. Nach einem schwierigen Jahr 2023, geprägt von wirtschaftlichen Unsicherheiten und hohen Zinssätzen, deuten eine Stabilisierung der Zinssätze und eine erhöhte Zuversicht unter Unternehmensleiter:innen auf eine Erholung des M&A-Markts hin. Besondere Wachstumschancen bieten sich in den Technologie-, Energie- und Pharmabranchen, wo strategische Übernahmen eine Schlüsselrolle spielen werden“, so Eva-Maria Berchtold, Partnerin und Leiterin der Strategie- und Transaktionsberatung (Strategy and Transactions) bei EY Österreich.
„Gemessen sowohl an der Anzahl als auch am Volumen der Transaktionen zeigt der monatliche Trend in Österreich eine allmähliche Stabilisierung auf niedrigem Niveau. Damit pendelt sich der anhaltende Abwärtstrend langsam ein. Unternehmen ziehen wieder vermehrt strategische Übernahmen als Mittel zur Sicherung ihres Wachstums und zur Diversifizierung ihrer Geschäftsmodelle in Betracht“, meint Robert Hufnagel, Partner und Leiter M&A Advisory bei EY Österreich.
Strategische Investor:innen geben unverändert den Ton an
Die überwiegende Mehrheit der Transaktionen entfiel im ersten Halbjahr 2024 mit 113 Deals auf strategische Transaktionen – das entspricht einem Minus von sieben Deals und somit 5,8 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2023. Demgegenüber gab es elf Transaktionen durch Finanzinvestor:innen (Private Equity, „PE“ bzw. Venture Capital, „VC“) mit österreichischer Beteiligung. Der Anteil der Finanzinvestor-Deals blieb damit stabil bei rund neun Prozent (8,9% aller Deals vs. 9,1% im 1. Halbjahr 2023).
Im Gegensatz zum weltweiten Transaktionsmarkt spielt in Österreich privates Risikokapital damit weiterhin eine untergeordnete Rolle. Global wird gerade die Rückkehr vermehrter PE-Involvierung in sowohl Käufe als auch Verkäufe zur Erholung des M&A-Marktes beitragen – ein Effekt, von dem Österreich unter den bestehenden Gegebenheiten weniger profitieren können wird, heißt es.
Die Trends
Der generelle rückläufige Trend wurde durch die geringe Anzahl an Akquisitionen von österreichischen Zielunternehmen getrieben – sei es durch in- („Domestic“) oder ausländische („Inbound“) Käufer:innen. Nur in der Deal-Kategorie „Outbound“ (Übernahmen ausländischer Unternehmen durch österreichische Käufer:innen) konnte ein geringes Wachstum verzeichnet werden.
18 Prozent aller Käufe von österreichischen Unternehmen durch ausländische Investor:innen gingen im ersten Halbjahr 2024 auf das Konto von deutschen Gruppen – ein Anteil, der jedoch weiter sinkt. Weitere 54 Prozent der Übernahmen wurden von Investor:innen aus anderen europäischen Ländern getätigt, wie Frankreich, Belgien oder Schweden. Insgesamt hatten damit 72 Prozent aller ausländischen Kapitalgeber:innen in Österreich ihren Sitz in Europa. 16 Prozent entfielen auf Nordamerika. Beim Volumen entfielen 43,5 Prozent des gesamten Inbound-Volumens auf Slowenien, 26,0 Prozent auf Brasilien, und 16,9 Prozent auf Luxemburg.