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Es gibt immer weniger Geld für Austro-Startups – außer für KI

Florian Haas ©EY / Robert Herbst

Marktbericht. Heuer gibt es um ein Fünftel weniger Geld für Startups als im Jahr 2023. Am ehesten punkten Firmen mit dem Wort „KI“ im Business Model, so eine EY-Studie: Sie lukrieren 39 % des Gesamtvolumens.

Nach den zwei Rekordjahren 2021 und 2022 und der deutlichen Reduktion der Start-up-Investments in 2023 hat sich im ersten Halbjahr 2024 der Rückgang auf das Vor-Boom-Niveau fortgesetzt: Wurden im Vergleichszeitraum 2023 noch 365 Millionen Euro investiert, waren es im ersten Halbjahr 2024 mit 298 Millionen Euro ganze 18 Prozent weniger. Die Anzahl der Finanzierungsrunden sank sogar um 26 Prozent und reduzierte sich aktuell auf 70 (H1 2023: 95 Runden).

Das sind die aktuellen Ergebnisse des „Start-up Investment Barometers“ von EY in Zusammenarbeit mit invest.austria. Berücksichtigt wurden laut den Angaben veröffentlichte Finanzierungsrunden in Unternehmen mit Hauptsitz in Österreich, deren Gründung höchstens zehn Jahre zurückliegt.

Für die Großen gibt es weiterhin Geld

Zurückzuführen sei der Rückgang des Finanzierungsvolumens vor allem auf die deutlich geringere Anzahl kleinerer Deals:

  • Konkret wurden im bisherigen Jahresverlauf 38 Deals im Umfang von bis zu einer Million Euro gezählt, in der Vergleichsperiode hingegen 57.
  • In den oberen Größenkategorien blieb die Anzahl der Abschlüsse exakt identisch, so EY: Im ersten Halbjahr 2024 wurden sechs Abschlüsse mit einem Volumen von jeweils mehr als 10 Millionen Euro gezählt. Auch in der Größenkategorie von 1,1 bis 10 Millionen Euro wurden in den ersten sechs Monaten 2024 – genau wie in der Vorperiode –19 Abschlüsse gezählt.
  • Wie schon 2023 gab es heuer bisher keinen Mega-Deal mit einem Volumen von mehr als 100 Millionen Euro.

„Die Zeiten für heimische Start-ups bleiben herausfordernd: Das wirtschaftliche und politische Schlechtwetter in Kombination mit einer gewissen Ernüchterung nach dem Goldrausch in den Hype-Jahren 2021 und 2022 ist nach wie vor eine erhebliche Bremse für private und institutionelle Investor:innen“, so Florian Haas, Head of Start-up bei EY Österreich.

Gerade bei kleineren Deals in frühen Phasen war es für Startups offensichtlich so schwierig wie noch nie, an Kapitalspritzen heranzukommen. Ein positiver Aspekt sei, dass der österreichische Anteil sowohl beim Volumen als auch bei der Anzahl der Runden gestiegen ist – traditionell aber weiterhin mit einem Fokus auf eher kleinere Deals und frühere Stadien, so Haas.

Startups mit KI-Bezug im Aufwärtstrend

Einzig der KI-Boom wirke momentan beschleunigend auf die Investment-Aktivitäten: 116 Millionen Euro bzw. 39 Prozent des gesamten Finanzierungsvolumens flossen in den ersten sechs Monaten 2024 an Startups mit KI-Bezug – das ist mehr als doppelt so viel wie in der Vorjahresperiode. Da waren es lediglich 45 Millionen Euro bzw. 12 Prozent der Gesamtfinanzierungssumme.

20 der insgesamt im ersten Halbjahr 2024 gezählten 70 Finanzierungsrunden (29%) betrafen Startups mit einem KI-Schwerpunkt. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres wurden 18 solcher Deals gezählt. Haas: „Wir sehen in den Zahlen des ersten Halbjahrs einen absolut positiven Trend – das steigende Interesse und die offenen Geldbörsen für Startups, die künstliche Intelligenz in ihrem Business Modell integriert haben, und zwar quer durch die Branchen. Bereits drei von zehn Runden gingen im ersten Halbjahr auf das Konto der KI-Startups, und damit schon fast 40 Prozent des gesamten in Österreich investierten Start-up-Kapitals“, so Haas.

Zwar wird der KI-Boom inzwischen gerne schon als „Hype“ bezeichnet, was einen möglichen Abschwung impliziert, doch EY ist zumindest auf kurze Sicht optimistisch: „Wir gehen davon aus, dass diese Erfolgsgeschichte in den nächsten Monaten weitergeschrieben wird“, so Haas.

Ebbe bei Fonds im DACH-Raum

Der Großteil des im ersten Halbjahr 2024 in österreichische Startups investierten Kapitals, mindestens 201 Millionen Euro bzw. 67 Prozent, stammt gemeinschaftlich von international und österreichisch besetzten Investorengruppen. Im ersten Halbjahr 2023 waren es genau 50 Prozent. Mindestens jeder sechste Euro bzw. mindestens 51 Millionen Euro wurden von rein heimisch besetzten Investorengruppen bereitgestellt. Dies entspricht 17 Prozent des Gesamtvolumens (H1 2023: 10%).

Gleichzeitig stammen nur mehr (mindestens) elf Prozent der Gesamtfinanzierungssumme bzw. (mindestens) 34 Millionen Euro Kapital von Investorengruppen, die ausschließlich mit internationalen Investor:innen besetzt sind. 2023 kamen noch ganze 38 Prozent des Gesamtfinanzierungsvolumens von rein ausländisch besetzten Investorengruppen.

Immerhin 112 der namentlich bekannten Investor:innen (57%) haben ihren Firmenhauptsitz in Österreich. Am zweithäufigsten waren Gruppen mit Hauptsitz in Deutschland vertreten (23). Es folgen Investor:innen aus den USA (17), Großbritannien (10) und der Schweiz (8).

Gerade in der DACH-Region, aus der die überwiegende Mehrheit der Kapitalspritzen für österreichische Startups kommt, ist das Fundraising laut EY momentan auf einem Tiefstand innerhalb der letzten zehn Jahre. So konnten 2023 nur 24 Fonds aufgelegt werden, während es 2022 noch 67 und 2021 noch 64 waren. Niedriger war die Zahl zuletzt im Jahr 2003 (19).

„Für Fonds ist es momentan sehr schwierig, Geld von Limited Partners einzusammeln. Wir sehen hier einen klaren Konsolidierungseffekt: Große etablierte Fonds kommen immer noch an ausreichend Kapital, für kleinere, weniger etablierte Fonds bleibt dabei kaum etwas übrig. Diese Konzentration ist gerade auch im österreichischen Start-up Ökosystem stark spürbar“, so Haas.

Je größer, desto internationaler

Auch in diesem Jahr gilt: Je größer das Dealvolumen, desto kleiner der Investment-Anteil der österreichischen Kapitalgeber:innen: Sind es bei Deals unter 1 Million Euro noch mehr als drei Viertel (76%) der Gesamtfinanzierung, so macht der österreichische Anteil bei Deals zwischen 1,1 und 10 Millionen Euro nur mehr die Hälfte aus (49%). Bei 10,1 bis 50 Millionen steuern einheimische Gruppen noch 31 Prozent bei, bei den Top-Deals über 50 Millionen Euro stellen sie nur mehr 17 Prozent des gesamten Kapitals zur Verfügung.

„Wir brauchen steuerliche Anreizsysteme für privates Risikokapital nach internationalem Vorbild – denn das in Österreich vorhandene private Kapital muss mobilisiert werden. Sonst verlieren wir den Anschluss“, erneuert Daniela Haunstein, Managing Director von invest.austria, bei der Gelegenheit eine schon länger erhobene Forderung.

Haas sieht vor allem „stark wachsende Startups und Scale-ups“ in der Zwickmühle. Ein Dachfonds, der „Investmentkapital österreichischer institutioneller Investor:innen bündelt und als Ankerinvestor für österreichische Investmentfonds fungiert“, könnte helfen, so Haunstein.

Österreichische Investments setzen auf Mobility

Am höchsten war im 1. Halbjahr 2024 der Anteil an Inlandsinvestor:innen im Bereich Mobility mit ganzen 100 Prozent, gefolgt von Health mit 71 Prozent. 2023 standen noch die Sektoren AgTech, Hardware, PropTech und FinTech im Mittelpunkt. Nun erreicht „Software und Analytics“ zusammengefasst nur mehr den dritten Rang mit 59 Prozent österreichischer Investmentbeteiligung.

Auf demselben Niveau blieben die Investmentziele mit geringster österreichischer Beteiligung: Wie auch schon im Gesamtjahr 2023 war auch in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres der Anteil der Inlandsinvestor:innen im Bereich Energy mit nur einem Drittel (33%) der niedrigste.

Top-10-Deals: 8 mit österreichischem Investment

Bei mindestens acht der zehn Top Deals gemessen an der Höhe des Volumens war Kapital aus Österreich beteiligt. Nur zwei der Top-10-Abschlüsse fanden ohne Beteiligung österreichischer Kapitalgeber:innen statt. Unter den mindestens 40 Investor:innen der zehn größten Finanzierungsrunden im ersten Halbjahr 2024 befinden sich neben 13 inländischen Kapitalgeber:innen (33%) elf aus dem europäischen Ausland (ohne Großbritannien), ebenso elf aus dem angelsächsischen Raum (Großbritannien, USA) sowie fünf Investor:innen aus weiteren Regionen.

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